BHW wirft Altkunden mit hochverzinsten Bausparverträgen raus
Die BHW Bausparkasse hat Kündigungen an 25.000 Sparer mit hochverzinsten Altverträgen geschickt. Oft bleibt den Kunden nur die Option, sich die angesparte Summe auszahlen zu lassen oder die aktuellen Minizinsen zu akzeptieren. Ob die Kündigungen der BHW rechtmäßig sind, ist umstritten - es fehlt ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofes.
Es ist keine schöne Weihnachtspost, die tausende Kunden der BHW Bausparkasse vor wenigen Tagen in ihrem Briefkasten fanden. Denn die Bausparkasse hat rund 25.000 Altverträge mit hoher Verzinsung gekündigt, wie der Nachrichtensender n-tv berichtet. Der Grund für die Kündigungen: Auch den Bausparkassen machen die Niedrigzinsen am Kapitalmarkt zu schaffen, so dass sie Probleme haben, Zusagen aus besseren Zeiten zu bedienen. Deshalb versucht man nun, Sparer mit gut verzinsten Verträgen loszuwerden.
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Gut verzinste Bausparverträge aus den 90ern betroffen
Laut dem Bericht sind vor allem Bausparverträge betroffen, die in den neunziger Jahren abgeschlossen worden sind. Wer diese Policen als Geldanlage nutzt, konnte in den letzten Jahren von einer überdurchschnittlichen Verzinsung profitieren. Durch Basis- und Zinszahlungen war leicht eine Rendite von vier bis fünf Prozent pro Jahr zu erzielen. Gesellen sich noch Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage hinzu, waren sogar über sechs Prozent drin.
Aber die Bausparkassen haben zunehmend kein Interesse daran, derartige Spitzenzinsen zu bedienen, haben sie doch selbst Probleme das Geld am Kapitalmarkt gewinnbringend anzulegen. Also setzen sie ihren Kunden die Pistole auf die Brust. Vor der BHW Bausparkasse mussten bereits zehntausende Sparer der Wüstenrot und der LBS Bayern Kündigungen akzeptieren.
Die Verbraucher haben zwei Optionen: Entweder sie lassen sich das angesparte Guthaben auszahlen oder können den Bausparvertrag mit den aktuell gültigen Konditionen weiterführen. Das aber wäre ein Minusgeschäft. Die Bausparkassen zahlen nur noch einen Minizins von 0,25 Prozent, womit die Geldentwertung infolge der Inflation nicht aufgefangen werden kann. Beide Varianten bedeuten, dass Bausparen als Renditebringer unattraktiv wird.
Gekündigt werden Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Das heißt, die Kunden haben eine Mindestlaufzeit erfüllt und eine vorher vereinbarte Summe (meist 40 bis 50 Prozent des Zielguthabens) angespart, aber kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen. Doch dürfen Bausparkassen überhaupt einseitige Kündigungen aussprechen?
Rechtliche Bewertung nicht eindeutig
Über die rechtliche Bewertung des Vorgangs gibt es unterschiedliche Meinungen. Gängige Rechtspraxis ist es, dass sogenannte übersparte Bausparverträge gekündigt werden – Verträge also, bei denen die Summe von angespartem Guthaben und Zinsbonus die Bausparsumme übersteigt. Damit ist der eigentliche Zweck des Bausparens, ein Darlehensanspruch, in diesen Vertragsfällen nicht mehr möglich. Die rechtliche Kündigungssperre entfällt und die Sparer müssen einseitige Aufkündigungen des Vertrages akzeptieren.
Wie aber verhält es sich mit zuteilungsreifen Verträgen, bei denen nur ein bestimmter Prozentsatz der vereinbarten Bausparsumme angespart wurde? Die Bausparkassen sehen sich im Recht. Auch bei zuteilungsreifen Verträgen werde der originäre Zweck eines Bausparguthabens -die Aufnahme eines Darlehens- nicht erfüllt. Verzichte der Kunde mehr als zehn Jahre lang auf seinen Darlehensanspruch, könne die Bausparkasse zum Schutz der Bausparergemeinschaft das Vertragsverhältnis kündigen, so ein Urteil des Landgerichtes Mainz (AZ.: 5 O 1/14).
Anders beurteilt Susanne Götz von der Verbraucherzentrale Bayern den Fall. „Rechtlich ist das ein schwieriges Thema, weil es bislang kein Urteil des Bundesgerichtshofes gibt“, sagte Götz dem Münchener Merkur. So würden sich die Bausparkassen auf Darlehensvorschriften und insbesondere § 489 Abs.1 Nr.2 BGB berufen, die eigentlich für ganz andere Vertragskonstellationen gedacht seien. Sie rät Betroffenen dazu, den Kündigungen schriftlich zu widersprechen und den Ombudsmann fürs Bausparen einzuschalten (www.schlichtungsstelle-bausparen.de). Auch die Verbraucherzentralen sind mögliche Ansprechpartner für enttäuschte Kunden.
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Hohe Verzinsung in Verkaufsprospekten beworben
Bei der BHW gesellt sich der Umstand hinzu, dass die Bausparkasse die gekündigten Verträge mit ihrer hohen Verzinsung beworben hat - sogar als Alternative zum Bauspardarlehen. In Verkaufsprospekten war von einem "Rendite-Renner" die Rede, wie n-tv berichtet. Nun sollen die Policen aus genau jenem Grund gekündigt werden, der früher als Argument für den Vertragsabschluss gepriesen wurde? Dies könnte das Vertrauen der Kunden langfristig erschüttern. Dabei machen die hochverzinsten Verträge nicht einmal ein Prozent des Gesamtbestandes aus: Derzeit verfügt die BHW über einen Bestand von 3,6 Millionen Bausparverträgen mit einer Bausparsumme von 109,8 Milliarden Euro, so n-tv.