„Wir wissen nicht, wie die Beiträge aussehen werden“
Mitglieder des „Bundesverbandes der Assekuranzführungskräfte e.V.“ (VGA) trafen am Montag im Hause der „Gothaer Versicherung“ in Köln zu einem Symposium zusammen. Thema: Die Zukunft der PKV. Situation, Fragen, Lösungsansätze - Versicherungsbote.de war vor Ort, um die Branchenstimmung einzufangen.
Über den Dächern Kölns hatte man nicht nur einen herrlichen Blick auf die Spitzen des Kölner Doms, sondern auch auf die Zukunft der privaten Krankenversicherer. Die Vogelperspektive bietet im letzten Fall jedoch wenig, die rund sechzig Besucher waren vielmehr an einer umfassenden Innensicht interessiert.
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Durch drei Themenkomplexe führte Ulrich Neumann, Leiter des Maklervertriebs der Gothaer Versicherung: Einblick sollte gewährt werden in den politisch-gesetzlichen Rahmen, in Lage und Leistung der „Konkurrenz“ - der gesetzlichen Krankenversicherung sowie in den konkreten Umgang mit den Entwicklungstendenzen am Beispiel der Gothaer.
Der Direktor des PKV-Verbandes Dr. Volker Leienbach äußerte sich umfassend zum Gesetzesrahmen der aktuellen schwarz-gelben Regierung. Er plädierte insbesondere für die Rückkehr zum fairen Systemwettbewerb von GKV und PKV. Im Hinblick auf das Versorgungsstrukturgesetz übte er scharfe Kritik am Gesetzgeber: Abgesehen davon, dass die gesetzlichen Versicherer ohnehin einer verlässlichen Beitragsgrundlage entbehren würden, seien derzeit Wahl-, Zusatz- und Sachleistungen nicht getrennt, obwohl dies im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Das „Versorgungsgesetz“ soll die Satzungsleistungen nun noch ausweiten. Der PKV-Verband fordert im Zuge dessen vor allem eine „saubere Abgrenzung“ zwischen den einzelnen Leistungsbereichen.
Weitere Reibungspunkte mit dem Gesetzgeber betrafen die bevorstehenden Änderungen in der Gebührenverordnung für Ärzte bzw. Zahnärzte (GOÄ bzw. GOZ): Leienbach fordert einen fairen Interessenausgleich statt „Preis- bzw. Qualitätsdumping“. Ziel sei es, die PKV für die Ärzteschaft attraktiv zu halten. Auf dem Gebiet der Pflege sei die staatliche Umlagefinanzierung zur Deckung der Pflegekosten nach wie vor nicht ausreichend. Den Vorschlägen der CDU/CSU, einen „Zukunftsfünfer“ als Rücklage in der gesetzlichen Pflegeversicherung einzuführen, tritt der PKV-Verband entgegen: Die Abdeckung der Pflegekosten gehöre in die private Hand.
Um den Wettlauf zugunsten der privaten Versicherer zu entscheiden, müsse man seinen „Feind kennen“ - unter diesem Motto könnte man das Referat Thomas Adolphs auffassen: Detailliert zeigte der Fachautor und Geschäftsführer der Kassensuche GmbH Chancen für den Vertrieb der Privaten auf. Oft besäße die GKV einen so umfangreichen Leistungskatalog, dass sie selbst kaum noch wissen dürfte, ob eine Leistung abgedeckt wird oder nicht. Der Blick in die eigene Satzung, so Adolph, würde da auch nicht helfen. Böte die PKV hier eindeutige und sichere Leistungskonzepte, wäre sie der GKV einen Schritt voraus.
Schließlich gab der Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung AG Michael Kurtenbach Einsicht in die Praxis: Die Vollversicherungen seien nur eine, und vor allem rückläufige, Säule der PKV. Zusatzversicherungen sowie Kooperationen sowohl mit den gesetzlichen Kassen als auch mit „starken Marken“ seien gefragt und würden umgesetzt. Den Fokus setzte die Gothaer auf Kollektiv-Versicherungsmodelle: Konzepte zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge seien angedacht, bei dem auch Familienangehörige mitversichert werden könnten.
Vermissen musste man konkrete Standpunkte zu den aktuellen Entwicklungstendenzen, die vor allem Makler und Kunden betreffen: Äußerungen zum Umgang mit Altersrückstellungen sowie zu Umstellungen und deren Konsequenzen im Vertragsbereich im Zuge des Unisex-Urteils blieben schwammig. Zur Provisionsdeckelungs- und Stornohaftungszeitdebatte bemerkte Dr. Leienbach scherzhaft „Der Makler muss dem Kunden die Versicherungen eben für fünf Jahre schmackhaft machen.“
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Im Zugzwang befände sich vor allem die Bundesregierung, denn die PKV müsse auf die GKV-Beiträge stets reagieren - das habe sie ja immer getan, so Dr. Leienbach. Der gesellschaftliche Trend lässt weiterhin Entfaltungsmöglichkeiten der PKV zu. Die linke Mehrheit sei in Deutschland zwar tief verankert, was das Festhalten an der Idee „Bürgerversicherung“ zeige, doch daneben stehe der Wunsch nach Differenzierung.
Das Gesundheitssystem erscheint wie der Kölner Dom als ewige Baustelle. Dort wird gerade nur an einer der beiden Spitzen gebaut.