Anti-Korruptionsgesetz: Daniel Bahr kämpft gegen korrupte Ärzte
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will juristisch gegen Betrugsfälle im Gesundheitswesen vorgehen. Dazu sollen gesetzliche Grundlagen für juristische Schritte gegen korrupte Ärzte geschaffen werden. In den vergangenen zwei Jahren hatten die Krankenkassen zehntausende Fälle von Betrug verfolgt.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will gegen korrupte Ärzte vorgehen und juristische Schritte ermöglichen. Korruption und Bestechung im Gesundheitswesen sind ihm seit langem ein Dorn im Auge. Eine Prüfung etwaiger neuer Regelungen benötige derweil noch Zeit. Das sagte Bahr am Donnerstagabend im Rahmen des Neujahrsempfangs der deutschen Ärzteschaft in Berlin.
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Aktuell können schuldhafte Falschabrechnung nur über die Kassenärztliche Vereinigung bekämpft werden. Dies kann bis zur Entziehung der Zulassung führen. Oft liegt nur eine grobe Pflichtverletzung vor. Dazu hatte der Bundesgerichtshof vor einem halben Jahr entschieden, dass Korruption niedergelassener Ärzte nach geltendem Recht nicht strafbar ist. Lediglich vorsätzliche Falschabrechnung ist als Betrug strafbar.
Gernot Kiefer Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes fordert eine Neuregelung des Strafrechts bei Ärzten: „Es geht um die Versorgung von 70 Millionen Versicherten, da kann doch niemand ernsthaft so zentrale Fragen allein im Standesrecht einer einzelnen Berufsgruppe regeln wollen.“. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), schlägt in die geliche Kerbe. "Noch in diesem Monat muss etwas passieren, sonst wird es schwierig, strengere Gesetze noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen", forderte Zöller gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitungen.
In den Jahren 2010 und 2011 haben die gesetzlichen Krankenkassen rund 53.000 Fälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen verfolgt. In 2.600 Fällen war das Vergehen so schwerwiegend, dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde. Das sind Zahlen aus einem Bericht des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser wird seit Herbst vom Bundesgesundheitsministerium unter Verschluss gehalten. Mittlerweile haben die gesetzlichen Krankenkassen bereits 41 Millionen Euro Schadensersatzforderungen gegen Ärzte durchsetzen können. Anstoss dieser Schadensersatzforderungen war die Berichterstattung seitens der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über jenes Dokument.
In dem Bericht werden Angaben über Meldungen der „Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ von 110 der 134 Krankenkassen zusammengefasst. Dabei geht es primär Abrechnungsbetrug.
Wie verbreitet Abrechnungsbetrug mittlerweile in der Ärzteschaft ist, zeigt das selbst das Bundeskriminalamt (BKA) seit 2009 eine gesonderte Statistik für das Delikt „Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen“ führt. Diese bezieht sich auf das gesamte Gesundheitssystem, inklusive Geschäftsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Lieferanten. So wurden 2009 statistisch 4.760 Betrugsfälle erfasst. 2010 waren es 3.790 Fälle und 2011 erfasste das BKA 2.876 Fälle. Die Tendenz der gemeldeten Betrugsfälle ist rückläufig. Dementsprechend sanken auch die Schadenssummen. Von 46 Millionen Euro im Jahr 2009 auf mittlerweile nur noch 31,4 Millionen Euro im Jahr 2011.
Im Kassenreport des Gesundheitsministeriums aufgelistete Fälle betreffen Leistungen die mit den Krankenkassen abgerechnet wurden. Erschreckender Weise sind darin alle Bereiche aus dem Gesundheitswesen betroffen. So waren sowohl Ärzte, Apotheker, Therapeuten, Sanitätshäuser, Hebammen, Krankengymnasten, als auch Pflegedienste und Krankenhäuser in entsprechende Fälle verwickelt. Wie sich die 52.927 Fälle auf die einzelnen Berufsgruppen verteilen, ist jedoch aus dem Bericht des Spitzenverbands der Krankenkassen nicht erkennbar.
Kiefer sagte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Das Fehlverhalten von niedergelassenen Ärzten ist kein Massenphänomen, aber leider sind das auch keine zu vernachlässigenden Einzelfälle“ und begründete entsprechende Maßnahmen: „Da, wo ungerechtfertigt Vorteile gewährt oder verlangt werden, dürfen und können wir nicht einfach wegschauen, das sind wir unseren Versicherten schuldig“.
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Auch die Krankenkassen wehren sich aktiv gegen die Betrüger. Denn die wirtschaftlichen Folgen von Abrechnungsbetrug reißen mittlerweile große Löcher in die Kassen. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Krankenkassen in den letzten Jahren eigene Ermittlungsteams zur Bekämpfung von Abrechnungsbetrug einrichteten und das mit Erfolg. Die DAK-Gesundheit vermeldete im Jahr 2011 insgesamt 1.562 neue Hinweise auf gefälschte Rezepte, Schein-Behandlungen oder manipulierte Rechnungen. Durch aufgedeckte Fälle konnte die Krankenkasse Gelder in Höhe von 1,7 Millionen Euro zurückholen. Bei der kleineren KKH-Allianz konnte das neunköpfige Ermittlerteam 589 neue Fälle und somit einen Schaden von 934.000 Euro im Zusammenhang mit Abrechnungsbetrug aufdecken.