2015 hat die Europäische Union ein neues Investment-Produkt ermöglicht: European Long-Term Investment Fund (ELTIF), was so viel wie „Europäischer langfristiger Investmentfonds“ bedeutet. Mit diesem Instrument will die EU es ermöglichen, dass Investoren und Privatanleger in langfristige Projekte investieren - mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren bei geschlossenem Investmentvermögen und sogar ohne Obergrenze bei offenen. Projekte, von denen sich die EU einen positiven Beitrag verspricht: etwa für den ökologischen Umbau der Wirtschaft oder für dringend notwendige Infrastruktur-Projekte.

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Auch Privatanleger sollen bei diesen Produkten mit reduziertem Risiko in Private Markets, Infrastruktur, Immobilienprojekte und Private Debt investieren können - stark vereinfacht in Beteiligungen, die nicht bzw. die nur eingeschränkt an geregelten Märkten bzw. Börsen gehandelt werden. Entsprechend gibt es hierfür strengere Vorschriften. Die Kosten müssen vergleichsweise transparent sein; der Einsatz von Fremdkapital ist nur beschränkt möglich. Und die Anlagen müssen ausreichend diversifiziert sein, um das Risiko zu minimieren.

Dennoch unterlagen die Finanzprodukte zunächst strengen Bestimmungen, die es verhinderten, dass private Investoren zahlreich investieren konnten. So musste unter anderem sichergestellt sein, dass Anleger mindestens 10.000 Euro investieren und dass sie nicht mehr als zehn Prozent ihres Gesamtvermögens in diese Finanzprodukte stecken. Erst für Anleger mit einem Portfolio ab mindestens 500.000 Euro gab es gelockerte Regeln.

Mit einer reformierten Verordnung, die im Februar 2023 in Kraft trat, wurden jedoch viele dieser Beschränkungen aufgeweicht – von da ab wurde es auch Privatanlegern einfacher gemacht, in diese Werte zu investieren. Dennoch ließ die Reform die Frage offen, ob es auch Finanzanlagevermittlern nach §34f erlaubt ist, ELTIFs an Kleinanleger zu vermitteln. Im Februar 2024 hat schließlich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen „Frequently Asked Questions“-Katalog veröffentlicht, der auch Fragen zum Vertrieb von diesen Finanzprodukten beantwortet. Auf diesen Katalog machte zuerst das Fachmagazin fondsprofessionell.de aufmerksam.

Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Fonds

Das Ergebnis: Laut BaFin dürfen auch Finanzanlagenvermittler ETIFs an ihre Kundinnen und Kunden vertreiben. "Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO dürfen auch ELTIF an Kleinanleger vertreiben. Dies ergibt sich bereits aus § 34f, Absatz 1, Nummer 1 und 2 GewO“, heißt es im Text der Behörde. Demnach dürfen 34f-Vermittler, die über eine Erlaubnis gemäß Absatz 1, Nummer 1 des Paragrafen verfügen, Anteile an inländischen offenen Publikumsfonds oder offenen EU-Investmentvermögen vertreiben.

Allerdings gibt es Besonderheiten, die sich daran orientieren, ob es sich um offene oder geschlossene Fondsanteile handelt. Alternative Investmentfonds (AIF) gelten demnach dann als offene Fonds, wenn Anleger ihre Anteile vor Beginn der Liquidations- oder Auslaufphase zurückgeben können. Ist das nicht der Fall und eine feste Laufzeit vereinbart, die eine vorläufige Rückgabe der Anteile ausschließt, handelt es sich um einen geschlossenen Fonds.

Wer welchen Fonds vertreiben darf, ergibt sich logischerweise aus Paragraf 34f Gewerbeordnung. Für den Vertrieb von offenen Fonds ist eine Lizenz nach Paragraf 34f, Absatz 1, Nummer 1 ausreichend, für den Vertrieb geschlossener Fonds hingegen eine Lizenz nach Paragraf 34f Absatz 1, Nummer 2 erforderlich. "Umfasst die Zulassung als Finanzanlagenvermittler Nummer 1 und 2, so können sie entsprechend offene und geschlossene ELTIF vertreiben“, schreibt die BaFin auf Anfrage von fondsprofessionell.de.

Geeignetheitsprüfung ist Pflicht!

Klar ist auch: eine Geeignetheitsprüfung ist Pflicht. Die Vermittlerinnen und Vermittler müssen folglich prüfen, ob die Geldanlage zu den Anlagezielen und dem gewünschten Risiko des Kunden bzw. der Kundin passt, ansonsten machen sie sich haftbar.

Hierzu schreibt die BaFin: „Gemäß Art. 30 Absatz 1 ist bei einem Vertrieb von Anteilen eines ELTIF an Kleinanleger zuvor eine Geeignetheitsprüfung vorzunehmen und dem Anleger eine Erklärung zur Geeignetheit zu übermitteln. Hinsichtlich der Anforderungen an die Geeignetheitsprüfung verweist die Vorschrift auf die Richtlinie 2014//65/EU. Die Pflicht, eine solche Geeignetheitsprüfung vorzunehmen, ist immer vor jedem Vertrieb an Kleinanleger gegeben; dies gilt sowohl bei einem Direktvertrieb durch den AIFM als auch bei einem Vertrieb über Finanzintermediäre“.

Die Pflicht zur Vornahme einer Geeignetheitsprüfung bedeute jedoch nicht, dass damit „zwingend eine Anlageberatung verbunden sein muss“, schränkt die Aufsichtsbehörde ein. "Im Falle eines Vertriebs durch einen Finanzintermediär ist beispielsweise auch eine bloße Anlagevermittlung möglich“, schreibt die BaFin.

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Hinweis: Dieser Beitrag erschien zuerst im kostenlosen Versicherungsbote Fachmagazin 01/2024.