Versicherungsbote: Wie kann die Branche die Beratungsqualität im Bereich der Arbeitskraftabsicherung weiter erhöhen?

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Frank Kettnaker: In der Tat ist immer noch ein Großteil der Berufstätigen in Deutschland nicht privat gegen einen Verlust ihrer Arbeitskraft abgesichert. Eine Ursache dafür ist sicherlich, dass immer noch viele Menschen ihr Risiko unterschätzen, berufsunfähig zu werden. Laut Statistik wird jeder Vierte im Laufe seines Arbeitslebens berufsunfähig. Gleichzeitig unterschätzen viele das finanzielle Risiko, das ein längerfristiger Verlust der Arbeitskraft mit sich bringen kann. Wer berufsunfähig ist, kann seinen Lebensunterhalt – und gegebenenfalls den seiner Familie – nicht mehr selbst erwirtschaften. Trotzdem halten sich in der breiten Öffentlichkeit immer noch Vorbehalte gegenüber der Absicherung der Arbeitskraft. Zum Beispiel, dass Versicherer eine Berufsunfähigkeit nur selten anerkennen, oder dass Antrags- und Leistungsprozesse aufwändig und langwierig seien. Hier müssen Versicherer und Vermittler weiterhin aufklären und auf die Fakten hinweisen.

Deshalb zeichnet sich eine gute Beratung meiner Meinung nach erstens durch eine umfassende Aufklärung der Kunden aus. Nicht nur darüber, weshalb die Arbeitskraftabsicherung sinnvoll ist, sondern auch, wie das jeweilige Produkt funktioniert. Kunden sollten verstehen, wie sich die Prämie zusammensetzt, wie eine Risiko- und Leistungsprüfung vorgeht und wann bzw. in welchem Umfang die Leistung erfolgt. Beispielsweise werden in der Branche durchschnittlich 80 Prozent der BU-Rentenanträge bewilligt.

Darüber hinaus sollte der Kunde seine Möglichkeiten im Rahmen des Vertrags kennen, von Erhöhungsmöglichkeiten bei Ereignissen wie Heirat oder Hauskauf bis hin zur flexiblen Zahlungsgestaltung durch z.B. Beitragspausen bei Elternzeit oder Sabbatical. Indem wir von Beginn an so transparent wie möglich sind und viel erklären, schaffen wir Klarheit und beugen Missverständnissen vor.

Ein zweiter und aus meiner Sicht entscheidender Faktor für hohe Beratungsqualität ist die kontinuierliche und enge Begleitung der Kunden. Schließlich laufen Verträge der BU- oder Grundfähigkeitsversicherung (GF) meist über viele Jahrzehnte. Während dieser Zeit können sich die eigenen Lebensumstände verändern. Wird z. B. eine Familie gegründet, sollte ein Berater die Möglichkeit aufzeigen, den Versicherungsschutz mit Hilfe der entsprechenden Nachversicherungsoption zu erweitern. Auch im Leistungsfall zeichnet sich eine gute Beratung dadurch aus, dass der Kunde eng betreut wird. Unter anderem bieten wir eine persönliche Unterstützung durch erfahrene Leistungsprüfer im Telefoninterview oder vor Ort an.

Drittens sollte eine gute Beratung vor Augen führen, wie wichtig eine frühzeitige Absicherung der Arbeitskraft ist. Je früher BU- oder GF-Versicherungen abgeschlossen werden, desto günstiger sind die Beiträge; in jungen Jahren liegen zudem meist weniger Vorerkrankungen vor. Die Kunden sichern sich diese niedrigen Beiträge für die gesamte Vertragslaufzeit, auch wenn sie in einen Beruf mit höherem Risiko wechseln. Bei der Alte Leipziger bieten wir echten BU-Schutz schon für Kinder ab zehn Jahren an, eine GF-Versicherung bereits ab sechs Monaten. Anschließend kann mit dem Eintritt in die weiterführende Schule der Wechsel von der GF in eine BU-Versicherung ohne erneute Risikoprüfung erfolgen.

Welche Technologien könnten helfen, um den Biometrie-Vertrieb in Zukunft zu optimieren?

Insgesamt sollte das Ziel sein, Beratungs-, Antrags- und Verwaltungsprozesse mit Hilfe digitaler Technologien zu verschlanken und zu beschleunigen. Dafür bieten wir bei der Alte Leipziger u. a. eine Online-Beratungsplattform an, über die der gesamte Prozess von der Terminvereinbarung bis zur Unterschrift online und ohne Medienbruch abgewickelt werden kann. Berater können in einem geschützten Raum mit ihren Kunden kommunizieren und Daten mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung austauschen, während alle relevanten datenschutzrechtlichen Auflagen eingehalten werden.

Speziell im Bereich Biometrie ist es von großem Vorteil, wenn die Risikoprüfung möglichst einfach und digital durchgeführt werden kann. Dafür haben wir mit e-Votum ein Tool, mit dem sich Vorerkrankungen schon vor Antragsstellung einfach überprüfen lassen. Das so erzielte Votum ist einen Monat lang verbindlich und der Neuantrag kann schneller policiert werden. Letztendlich dürfen wir bei allen technologischen Vorteilen aber nicht aus den Augen verlieren, dass die meisten Kunden immer noch großen Wert auf persönliche Betreuung legen – gerade beim komplexen Thema Arbeitskraftabsicherung. Schließlich sprechen wir hier von mehreren Jahrzehnten Vertragslaufzeit. Eine Kombination aus digitaler und persönlicher Beratung halte ich demnach für besonders erfolgsversprechend.

Wie gehen Sie mit den haftungsrechtlichen Risiken in der Beratung um Biometrie-Produkte um?

Wir halten unsere Geschäftspartner dazu an, sicherzustellen, dass sie jeden Beratungsprozess dokumentieren und diese Dokumentation den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die Beratungssituation sollte umfassend und nachvollziehbar abgebildet werden.

Diese Dokumentation schützt zwar nicht vor der Haftung, aber kann im Streitfall belegen, dass man entsprechend der Interessen des Kunden beraten hat. Zudem können Berater die Dokumentation dem Kunden zur Durchsicht geben und so gegebenenfalls direkt Missverständnisse vermeiden.

Um Haftungsrisiken zu minimieren, geben wir unseren Vermittlern mit unserer Online-Beratungssoftware E@SY WEB Leben eine strukturierte Checkliste für ihre Beratung an die Hand.

Welche Rolle spielt die digitale Transformation in Ihrer Strategie für Biometrie-Produkte?

Wir wollen in der ALH-Gruppe weiter wachsen, auch speziell im Bereich Biometrie. Dafür müssen wir in der Lage sein, das wachsende Geschäft zu verarbeiten. Das ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels eine große Herausforderung. Hier können uns digitale Tools und der Einsatz künstlicher Intelligenz helfen: Indem wir unsere Mitarbeiter bei standardisierten Abläufen entlasten, können sie sich intensiver mit ihren Kernaufgaben beschäftigen, z.B. mit der persönlichen Kundenbetreuung. Die ist in der Biometrie besonders wichtig, da es häufig um komplexe Fälle geht.

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Durch Digitalisierung und KI können wir das Kundenerlebnis insgesamt verbessern, indem wir beispielsweise schneller kommunizieren und die richtigen Ansprechpartner vermitteln. Letztendlich geht es darum, das Leben für unsere Kunden und Geschäftspartner so einfach wie möglich zu machen.