Fachkräftemangel zeigt sich auch in der Versicherungs- und Finanzbranche. Dennoch ist die Ausbildungsquote bei Vermittlern gering. Woran das liegt und wie sich das ändern könnte, erklärt Ronald Perschke, Vorstand des Bildungsdienstleisters Going Public!, im Gastbeitrag.
Die Ausbildungsquote bei Versicherungen und Banken liegt seit einigen Jahren bei (niedrigen) 4% bis 7%. Nur weniger als ein Fünftel davon wird in Maklerbetrieben oder Agenturen ausgebildet. Schon heute ist der Mangel an motivierten jungen Nachwuchskräften alarmierend; doch der Engpass wird in den nächsten Jahren noch größer werden. Wie kann ich als Vermittler gegensteuern?
Die geringe Ausbildungsquote bei Vermittlern ist darin begründet, dass bisher stark auf die Gewinnung von Mitarbeitern „aus dem Markt“ - insbesondere von Banken und Versicherern - gesetzt wurde. Wir erwarten, dass der Nachwuchsmangel in den nächsten Jahren noch deutlich gravierender wird. Denn die zukünftigen Trends sind klar: Der hohe Altersdurchschnitt in der Branche führt zu einem starken Rückgang der vorhandenen Vermittler, gleichzeitig wurde die Gewinnung von Nachwuchs seit langem immer mehr zurückgefahren. Ein allgemein entspannter Arbeitsmarkt, das relative schlechte Bild der Branche und eher überzogene Erwartungen an Vertriebserfolge durch „Technisierung“ der Beratung führen dazu, dass es nicht leichter wird, qualifizierte junge Menschen für unsere wichtige Branche zu gewinnen.
Wie begeistert man die fähigsten Beratungs- und Verkaufstalente für die Branche?
Das ramponierte Image der Branche hat dazu geführt, dass junge Menschen mit Entwicklungspotential nicht mehr von einer Tätigkeit in der Finanzbranche „träumen“. Dies lässt sich am besten dadurch überbrücken, dass man bei der Werbung um Nachwuchs auf persönliche Ansprache setzt und dabei deutlich macht, welche verantwortliche Tätigkeit der Finanzberater im Rahmen der Lebensplanung von Menschen wahrnimmt und es dafür eine hohe Fachkompetenz braucht. Gerade motivierte junge Leute suchen persönliche Entwicklungsperspektiven. Das schließt Verantwortung, Erfolgsaussichten und Weiterbildungsmöglichkeiten im Betrieb ein. Über verschiedene Qualifikationsstufen kann man junge Leute über viele Jahre erfolgreich an das eigene Unternehmen binden und gleichzeitig die Erwartungen an persönlicher Entwicklung junger Menschen erfüllen.
Der favorisierte Weg zur Gewinnung solch motivierter junger Leute sollte daher zunächst das eigene Netzwerk sein: Mitarbeiter, Kunden, Umfeld. Sinn macht es auch, regionale Einrichtung wie Schulen, Arbeitsagenturen usw. anzusprechen und Praktika oder andere Kennenlernmöglichkeiten zu bieten. Bei streuenden Suchwegen wie Anzeigen, Messen und dergleichen ist der Vermittler meist so stark im Wettbewerb zu größeren Unternehmen, dass sich das nicht lohnt, weil man finanziell und in der Professionalität dort meist nicht mithalten kann.
Social Media ist grundsätzlich ein exzellenter Weg, eine erhöhte Aufmerksamkeit für das eigene Unternehmen zu generieren. Da man in diesen Medien mit großen Arbeitgebern und deren Marketing-Ressourcen konkurriert, kann man Auftritte dort nicht „nebenbei“ steuern. Es braucht ein klares Konzept, um die eigene Zielstellung des Auftritts auch gut umsetzen zu können.
Im Finanzvertrieb werden vor allem junge Leute benötigt, die Spaß am Umgang mit anderen Menschen haben und ihren Fokus in der Berufstätigkeit vor allem im persönlichen Kontakt und Austausch mit Kunden sehen. Gerade wenn – wie empfohlen – aus dem persönlichen Umfeld rekrutiert, sollte man zu sich und dem Bewerber ehrlich sein: Ist derjenige wirklich für die beruflichen Anforderungen des sehr kommunikativen und vertriebsorienterten Vermittlerberufes geeignet. Wir haben schon oft erlebt, dass aus einem Gefallen heraus Azubis eingestellt wurden und daraus eine allgemeine Enttäuschung „Ausbildung funktioniert nicht“ entstanden ist.
Über welche Wege kann ich als Vermittler ausbilden?
Junge Menschen, die (zunächst) keine akademischen Ambitionen haben, können eine Berufsausbildung absolvieren. Im Gegensatz zum klassischen Ausbildungsweg besuchen sie in unserem Modell nicht die staatlichen Berufsschulen, sondern den praxisnahen Schulanteil an unserer Akademie. Sie beenden die Ausbildung mit dem gleichen Abschluss bei der IHK. Dadurch, dass wir Träger der Ausbildung sind, können wir diese stärker an den Anforderungen des Vermittlerbetriebs ausrichten und allgemeine Schulfächer entfallen lassen. Dadurch sind die Azubis über drei Jahre Berufsausbildung ca. 100 Tage mehr im Betrieb, wodurch sich das Schulgeld schnell refinanziert.
GOING PUBLIC! bietet außerdem in Kooperation mit der Hochschule Kaiserslautern bundesweit den berufsintegrierten Fernstudiengang „Bachelor of Arts – Fachrichtung Finanzberatung für Unternehmen und Privatkunden“ für Nachwuchskräfte mit Abitur. Dieser lässt sich auch flexibel mit der Berufsausbildung verzahnen, entweder gleich mit Beginn der Ausbildung oder zeitversetzt.