Versicherungsbote: Welche methodischen Ansätze gibt es zur Berechnung der Versicherungssumme, und wie kann ein Unternehmen sicherstellen, dass die Deckungssumme den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Schlüsselperson widerspiegelt?
Lara Zacher: Zur Bestimmung der Deckungssumme gibt es mehrere methodische Ansätze. Es gibt verschiedene Wege, um die passende Versicherungssumme zu bestimmen. Eine Möglichkeit ist die gewinnbasierte Berechnung – dabei wird der Jahresgewinn mit einem Faktor multipliziert, zum Beispiel drei bis fünf Jahre. Eine andere Methode berücksichtigt die tatsächlichen Kosten für Rekrutierung, Einarbeitung und mögliche Umsatzeinbußen. Ein dritter Ansatz basiert auf dem Cashflow: Hier wird analysiert, wie stark das Unternehmen finanziell von der Schlüsselperson abhängig ist und welcher Ausfall gesichert werden muss. In der Praxis sehen wir am häufigsten, dass Unternehmen das Bruttojahreseinkommen der versicherten Person mit einem Faktor von 1,5 bis drei multiplizieren. Wichtig ist, dass die Summe regelmäßig überprüft wird – gerade wenn das Unternehmen wächst oder sich die Geschäftsrisiken ändern.
Welche steuerlichen und rechtlichen Besonderheiten müssen Unternehmen beim Abschluss einer Keyman-Versicherung beachten, insbesondere in Bezug auf die steuerliche Absetzbarkeit und die Behandlung im Leistungsfall?
Dennis Sturm: Unternehmen sollten unbedingt die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen beachten. Grundsätzlich sind die Beiträge als Betriebsausgaben absetzbar, sofern das Unternehmen selbst die Versicherung abschließt und als Begünstigter eingetragen ist. Allerdings gibt es hier eine wichtige Besonderheit: Bei Kapitalgesellschaften kann das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung unterstellen, wenn nicht klar nachgewiesen wird, dass die Versicherung betrieblich veranlasst ist – deshalb sollte im Vorfeld unbedingt eine steuerliche Beratung erfolgen.
Ein weiterer Punkt ist die Versicherungssteuer: Obwohl es sich um eine Lebensversicherung handelt, sind Beiträge bei Neuabschlüssen versicherungssteuerpflichtig. Das hatte erhebliche Folgen für den Markt, denn einige Anbieter haben sich daraufhin zurückgezogen. Besonders betroffen sind Policen, die schwere Krankheiten absichern – sie werden heute oft nur noch auf privater Ebene angeboten, da dort keine Versicherungssteuer anfällt.
Auch die Besteuerung der Versicherungsleistung kann je nach Bilanzierung und Zweckbindung eine Rolle spielen. In manchen Fällen ist die Auszahlung steuerpflichtig, was die finanzielle Planung eines Unternehmens beeinflussen kann. Deshalb sollte die Police immer im Gesamtzusammenhang mit der Unternehmensstruktur geprüft werden, um unerwartete Belastungen zu vermeiden. Eine steuerliche Beratung ist im Vorfeld immer empfehlenswert.
Welche typischen Ausschlussgründe und Vertragsbedingungen sollten Unternehmen vor dem Abschluss einer Keyman-Versicherung besonders genau prüfen, um spätere Überraschungen zu vermeiden?
Lara Zacher: Vor Vertragsabschluss sollten Unternehmen besonders auf mehrere Ausschlussgründe achten. Ein häufiger Stolperstein sind Vorerkrankungen der versicherten Person – sie können zu Leistungsausschlüssen führen. Auch risikoreiche Hobbys – wie Extremsport oder Reisen in Krisengebiete – können problematisch sein. Und dann gibt es noch das Thema Gesundheitsprüfung: Falschangaben können im Ernstfall dazu führen, dass die Versicherung nicht zahlt.
Eine transparente und vollständige Gesundheitsprüfung ist deswegen essenziell, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Es könnte sich zum Beispiel eine ärztliche Prüfung empfehlen, die Versicherungsunternehmen ab einer bestimmtem Versicherungssumme (300.000 Euro) auch einfordern. Hierzu bieten Versicherer auch Hilfestellungen mit entsprechenden Netzwerken an, um eine Prüfung bequem von zuhause aus zu veranlassen.
Welche wesentlichen Aspekte sollten Vermittler beachten, wenn sie KMU zur Keyman-Versicherung beraten, und welche häufigen Fehler können vermieden werden?
Dennis Sturm: Versicherungsmakler sollten zunächst darauf achten, welche Personen im Unternehmen wirklich unternehmenskritisch sind – es geht nicht nur um Geschäftsführer, sondern oft auch um hoch spezialisierte Fachkräfte. Auf die Flexibilität der Police sollte geachtet werden – auf Anpassungsoptionen an Unternehmenswachstum und Veränderungen. Man sollte also auch einen Blick auf Nachversicherungsgarantien haben und sollte diese natürlich auch nutzen, sobald eine Anpassung sinnvoll ist.
Steuerliche Aspekte sind natürlich, wie schon erwähnt, wichtig: man sollte sich frühzeitig mit Steuerberatern abstimmen. Denn ein häufiger Fehler ist die falsche steuerliche Behandlung. Auch sollte man eine Über- oder Unterversicherung vermeiden, wobei eine zu geringe Versicherungssumme das Hauptproblem darstellt. Und natürlich sollten Vermittler verschiedene Anbieter vergleichen. Denn Leistungsunterschiede sind oft erheblich; und die Anbieter unterscheiden sich auch in der Prämiengestaltung.
Wie hat sich der Markt für Keyman-Versicherungen in den letzten Jahren entwickelt, und welche Trends und Veränderungen sind insbesondere für KMU relevant?
Lara Zacher: Der Markt für Keyman-Versicherungen hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt, wie auch wir bei STC Versicherungsmakler immer wieder feststellen. Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist der zunehmende Fachkräftemangel. Unternehmen sichern sich verstärkt gegen den Verlust von Know-how ab, da der plötzliche Ausfall einer Schlüsselperson schwerwiegende Folgen haben kann.
Dennis Sturm: Parallel dazu sind die Policen flexibler geworden – viele Anbieter haben Modelle entwickelt, die sich an das Wachstum eines Unternehmens anpassen lassen und somit besonders für KMU interessant sind. Ein weiterer Trend ist die verstärkte Integration der Keyman-Versicherung in betriebliche Vorsorgekonzepte. Immer häufiger wird sie mit Lösungen zur betrieblichen Altersvorsorge oder Pensionsmodellen kombiniert. Auch Finanzinstitute haben das Thema für sich entdeckt: Bei Finanzierungen spielt die Frage nach bestehenden Absicherungen zunehmend eine Rolle, da Investoren und Banken eine stabile Unternehmensstruktur erwarten. Zudem hat die Digitalisierung den Abschlussprozess erheblich beschleunigt. Policen lassen sich heute schneller erstellen, und automatisierte Risikoanalysen ermöglichen eine effizientere Vertragsgestaltung.
Lara Zacher: Allerdings hat die Einführung der Versicherungssteuerpflicht bei Neuabschlüssen den Markt verändert: Einige Anbieter haben sich zurückgezogen, sodass das Angebot insgesamt kleiner geworden ist. Besonders betroffen sind Absicherungen für schwere Krankheiten – diese werden inzwischen häufig nur noch auf privater Ebene angeboten. Das ist bedauerlich, denn gerade für KMU bleibt die Keyman-Versicherung – unabhängig davon, ob sie für den Krankheits- oder Todesfall abgeschlossen wird – ein essenzielles Instrument der betrieblichen Absicherung, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.