Wie soll in Zukunft die Vermittlung von Versicherungen und Finanzprodukten bezahlt werden - ausschließlich über Honorare, über Provisionen oder beides? Welche Modelle die jeweiligen Parteien vertreten, erfragte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK).
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente (Honoraranlageberatungsgesetz) wurden neue Regelungen zur Honorarberatung im Bereich der Finanzanlagen vorgesehen.
Der Status Quo im Bereich der Versicherungsvermittlung wurde beibehalten - das bestehende System von Versicherungsberatung und Versicherungsvermittlung bleibt bestehen.
Der BVK stellte den im Bundestag vertretenen Parteien dazu folgende Fragen:
- Gibt es in Ihrer Partei ein bevorzugtes Vergütungsmodell für die Versicherungsvermittlung?
- Strebt Ihre Partei eine Stärkung der Honorarberatung auch im Versicherungsvermittlerbereich an?
- Falls Ihre Partei die Stärkung der Honorarberatung anstrebt, welche weiteren Änderungen müssten bei der Versicherungsvermittlung vorgenommen werden, um eine Etablierung des „nicht gesetzlich definierten Berufsbildes Honorarberater“ zu erreichen?
CDU/CSU:
Wir halten nichts davon, den Anlegern vorzuschreiben, welchen Weg der Anlageberatung sie wählen sollten. Beide Anlageberatungsformen haben ihre Vor- und Nachteile und bergen ihre entsprechenden Risiken und Chancen. Jeder Anleger muss letztendlich für sich entscheiden können, welche Form der Anlageberatung er bzw. sie für die geeignetste hält, seinen bzw. ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Mit der Etablierung des Berufsbildes durch das Honoraranlageberatungsgesetz wollen wir die Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Honorarberatung und eine stärkere Wahrnehmung und Akzeptanz bei den Anlegern schaffen. Das Produkt bzw. die Form der Anlageberatung muss sich dann aber letztendlich aus eigener Kraft am Markt durchsetzen. CDU und CSU wollen die Honorarberatung stärken, indem wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Angebotsbedingungen vergleichbar sind. Es liegt dann letztendlich an den Honorarberatern selbst, ihre Dienstleistung am Markt entsprechend zu positionieren.
SPD:
Vermögens- und Vorsorgeentscheidungen binden die Verbraucherinnen und Verbraucher oft langfristig und mit hohen Beträgen. Entsprechend umsichtig sollte die Auswahl des Finanz- bzw. Versicherungsprodukts erfolgen. Leider weisen die Anlageberatung und -vermittlung in Deutschland noch immer Schwächen und Fehlanreize auf, wie sich im Zuge der Finanzkrise erneut bestätigte. Deshalb will die SPD auch hierzulande die unabhängige Honorarberatung in Finanzangelegenheiten etablieren. Was für vermögende Kunden eine Selbstverständlichkeit ist, soll für den durchschnittlichen privaten Anleger zu einer gleichwertigen Option zur provisionsbasierten Beratung werden. Im Dezember 2011 legte die SPD-Bundestagsfraktion ein eigenes Konzept zur Stärkung der Honorarberatung in Deutschland vor (BT-Drs. 17/8182). Dessen Kernpunkte sind die Schaffung eines Berufsbildes, einer Vergütungsregelung und die Verpflichtung der Emittenten, Finanzprodukte auch zu Nettotarifen anzubieten. Erforderlich sind klare Begrifflichkeiten, ein Bezeichnungsschutz sowie eine deutliche Abgrenzung zwischen Finanzberatung und -vermittlung. Selbstverständlich muss eine umfassende individuelle Verbraucherberatung das gesamte Angebot an Finanzprodukten berücksichtigen, also Vermögensanlagen ebenso wie Versicherungen und Darlehen. Flankierend soll die Öffentlichkeit gezielt über die Unterschiede zwischen dem Honorar- und dem provisionsgestützten Vertrieb aufgeklärt werden.
FDP:
Die FDP bleibt ein Verfechter der Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger. Die künftige Koexistenz beider Vergütungsformen gewährleistet, dass der Verbraucher sich, je nach Interesse und finanzieller Situation, für die Natur des Produktes entscheiden kann. Eine professionelle Investorengruppe unterscheidet sich deutlich vom Kleinanleger. Mit dem Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente wird die Honorar-Anlageberatung als Option für den Verbraucher gesetzlich verankert.
Diese Beratungsform differenziert zwischen dem klassischen Geschäftsmodell des provisionsbasierten Anlageberaters und dem des Honoraranlageberaters, der sich ausschließlich vom Kunden vergüten lassen darf. Der Verbraucher erhält ein Wahlrecht, welche Vergütungsform er wünscht. Der mündige Verbraucher wird nicht bevormundet, sondern erhält ein Zusatzangebot für effektive und verantwortungsbewusste Anlageberatung. Die Anforderungen an die Qualifikation und Zulassung der Berater sind gleich. Allerdings muss der mit unabhängiger Beratung werbende Honoraranlageberater einen hinreichenden Marktüberblick haben. Mit der Honorarberatung wird Wettbewerb zwischen den Beratungsangeboten und damit das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft gefördert.
Aus der Sicht der FDP besteht zunächst kein gesetzlicher Regelungsbedarf für die Versicherungsvermittlung und -beratung.
Im Bereich der Versicherungsberatung unterscheiden sich die Vertriebswege dagegen erheblich. Der provisionsunabhängige Versicherungsberater ist bereits heute in der Gewerbeordnung verankert. Die künftigen EU-Vorgaben bleiben jedoch abzuwarten. Bei der Anlageberatung im Wertpapierbereich existieren schon heute Vorgaben für die Offenlegung von Kosten und Provisionen, teilweise gibt es provisionsfreie Angebote der Wertpapier-Emittenten. Deshalb ist eine verbindliche Regelung der Honorarberatung auch hier sinnvoll.
Grüne:
Zu 1.: Im Mittelpunkt steht für uns, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bedarfsgerechte Produkte erhalten. Die aus Kundensicht besseren Produkte sollen systematisch eine größere Verkaufschance haben als schlechtere. Es braucht daher gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für die provisionsbasierte Vermittlung und die unabhängige Beratung auch im Versicherungsbereich.
Zu 2.: Insgesamt fordern wir im Finanzbereich die Schaffung eines einheitlichen Berufsbildes der Honorarberatung. Im Versicherungsbereich ist zwar bereits der Versicherungsberater geregelt. Allerdings beobachten wir im Bereich der Versicherungsberatung, dass deren flächendeckenden Ausbreitung u.a. der derzeitige Mangel an Nettopolicen im Wege steht. Das muss sich ändern. Versicherungsberater sollen künftig, nachdem sie eine Empfehlung für ein bestimmtes Produkt abgegeben haben, dieses Produkt auch vermitteln dürfen. Außerdem müssen strukturelle Nachteile für die Versicherungsberatung hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht und der steuerlichen Absetzbarkeit abgebaut werden.
Zu 3.: Um Versicherungsvermittlern den Übergang zur Honorarberatung zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, sollten bestehende Verträge auf Provisionsbasis für einen Übergangszeitraum weiterlaufen können.
Linke:
DIE LINKE präferiert die qualifizierte Honorarberatung. Solange es erlaubt bleibt, Versicherungen und Finanzinstrumente gegen Provision zu vermitteln, ist die Gefahr der Falschberatung hoch. Wer auf Provisionsbasis arbeitet, unterliegt stets dem Druck, die Versicherung und/oder das Finanzprodukt mit der höchsten Provision anzubieten und zu verkaufen. Nicht umsonst wurde in Großbritannien zur Stärkung der Unabhängigkeit, zu Gunsten von mehr Klarheit und Transparenz bei der Beratung die Zahlung von Provisionen inzwischen verboten. Ein Provisionsverbot besteht seit Anfang 2013 beispielsweise auch in den Niederlanden. Die Honorarberatung sollte unbedingt auch Versicherungen mit einschließen. Unabdingbar sind für DIE LINKE einheitliche und klare Berufsbezeichnungen. Alle, die auf Honorarbasis arbeiten, dürfen und müssen den Begriff „Berater / Beraterin“ in der Berufsbezeichnung deutlich anführen. Diejenigen, die auf Provisionsbasis „beraten“, vermitteln und verkaufen, müssen den Begriff „Provision“ in ihrer Berufsbezeichnung tragen. Der Begriff „Berater / Beraterin“ ist deshalb unter Bezeichnungsschutz zu stellen. Die Berufsbilder sind gesetzlich klar zu definieren und die Art der Geschäftsbeziehungen ist klar voneinander zu trennen. Ziel ist es, die provisionsgestützte Beratung und Vermittlung schrittweise durch ein Berufsbild „zertifizierter unabhängiger Berater“ zu ersetzen.
Für DIE LINKE muss ein Honorarberater beziehungsweise eine Honorarberaterin aus dem gesamten Spektrum von Finanz- und Versicherungsinstrumenten individuelle Lösungen bereitstellen können, und sie müssen einheitlich durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt werden und nicht durch die Gewerbeämter. „Mischmodelle“ sollten nicht möglich sein. Versicherungsunternehmen sollen nicht die Beratung / Vermittlung auf Provisionsbasis und zugleich Honorarberatung erbringen dürfen.