Aktien- und Anleiheexperten der Fondsgesellschaft Fidelity Worldwide Investment erläutern, welche Auswirkungen der Wahlausgang auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Märkte in Deutschland und Europa haben wird.
Christian von Engelbrechten, Manager des Fidelity Germany Fund:
Sollte die Opposition die Wahl gewinnen, erwarte ich kurzfristig eine negative Reaktion der Märkte, da deren Pläne zu umfangreichen Steuererhöhungen eine Belastung des Konsums, der Sparer und der Wirtschaft mit sich bringen würden.
Jede Marktreaktion sollte allerdings nur kurz andauern: Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind die Unternehmen flexibel genug, sich an verschiedene Rahmenbedingungen erfolgreich anzupassen und tätigen inzwischen ohnehin einen Großteil des Geschäfts außerhalb Deutschlands. Ein Investment in deutsche Unternehmen bleibt unabhängig von den Nuancen der deutschen Politik interessant. Schließlich verfügen die Unternehmen "Made in Germany" im globalen Vergleich über eine ausgezeichnete Wettbewerbsfähigkeit. Zudem haben sie sich einen hohen Schwellenländeranteil erarbeitet und können solide, stark entschuldete Bilanzen vorweisen."
Matt Siddle, Manager des Fidelity European Growth Fund:
Die global leicht verbesserten Wirtschaftsdaten bedeuten in Kombination mit den ersten Anzeichen für das Ausklingen des Anleiheankaufprogramms in den USA, dass die langfristigen Zinsen langsam wieder anfangen dürften, sich von ihren Rekordtiefständen zu entfernen. Das gilt für Deutschland, aber auch für die USA sowie Großbritannien und übt Druck auf die langfristigen Anleihepreise aus. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich für Investoren, in Qualitätsaktien zu investieren, deren Dividenden eine höhere Rendite als Anleihen versprechen. So können Anleger von den sich aufhellenden wirtschaftlichen Aussichten profitieren und langfristig attraktive Erträge erwirtschaften."
Tristan Cooper, Analyst für Staatsanleihen bei Fidelity Worldwide Investment:
Ich gehe davon aus, dass Deutschland - wenn auch widerwillig - weiter eine zuverlässige Stütze der Krisenländer sein wird. Deutschland hat wenig Interesse daran, die Eurokrise noch mal eskalieren zu lassen. Nichtsdestotrotz dürfte der private Sektor im Fall von Schwierigkeiten bei Banken durchaus zur Kasse gebeten werden. In Bezug auf die Verschuldung einzelner Staaten dürfte das Thema allerdings vom Tisch sein.
Generell dürften die Wahlen kaum zu einer signifikanten Änderung der deutschen Politik gegenüber dem restlichen Europa führen. Denn das wahrscheinlichste Szenario ist: Angela Merkel bleibt Kanzlerin. Eine rot-grüne Koalition wäre ein überraschendes Ergebnis der Wahl, würde aber wohl kaum zu einer deutlichen Kursänderung der Europapolitik führen. Zwar ist davon auszugehen, dass eine SPD-geführte Regierung etwas mehr Empathie für die in Schwierigkeiten geratenen Nachbarn aus der europäischen Peripherie haben wird, aber das wird nicht viel ändern, da die deutsche Öffentlichkeit darauf drängt, dass die finanziellen Lasten aus der Eurokrise so gering wie möglich gehalten werden."