Die Situation der Lebensversicherer im aktuellen Niedrigzinsniveau solle nicht auch noch zusätzlich schlechtgeredet werden - in einer Notlage befänden sich die Unternehmen bisher nicht. Das erklärte gestern ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion in der Sitzung des Finanzausschusses zur Situation der Lebensversicherung in Deutschland.
„Von einer Notlage der Lebensversicherer zu reden, sei zum einen abwegig, zum anderen verantwortungslos“ erklärt der Vertreter der Bundesregierung vor dem Finanzausschuss. Die Abgeordneten hatten sich gestern Abend versammelt, um sich über die aktuelle Situation der Lebensversicherer zu informieren. Anlass waren diverse Medienberichte: Unter anderem hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet, mehrere Lebensversicherer wollten die Gewinnrückstellungen aussetzen und bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aussetzung der Mindestzuführungsverordnung beantragen.
Die Darstellungen in der Presse, in welchen von zehn Unternehmen mit entsprechenden Anträgen an die BaFin die Rede war, seien „schlichtweg falsch“. Es habe sich um einen Einzelfall gehandelt. Das entsprechende Unternehmen betreibe zudem kein Neugeschäft, sondern verwaltet bestehende Verträge. Auf Anfrage der Fraktion Bundes 90/die Grünen teilte der Sprecher mit, es habe seit Beginn der Finanzkrise nur vier solcher Anträge an die BaFin gegeben, alle betrafen das Jahr 2008. Sie wurden damals mit der Auflage genehmigt, die reduzierte Beteiligung der Versicherten später nachzuholen.
Ausgleich der Gewinn- und Risikoquellen zeugt von Stärke der Lebensversicherer
Die Bundesregierung folgt damit der Position des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV). Dieser hatte festgestellt, dass kein am deutschen Markt tätiger Lebensversicherer die Möglichkeit zur Aussetzung der Mindestzuführungsverordnung in Anspruch nimmt und GDV-Präsident Alexander Erdland betonte: „Diese Verunsicherung von Millionen Altersvorsorgesparern verurteilen wir auf das Schärfste.“
Die 2008 in Kraft getretene Mindestzuführungsverordnung regelt, dass für jede Gewinnquelle getrennt ermittelt werden muss, wie die Versicherten an den Überschüssen des Lebensversicherer zu beteiligen sind. Aus den Kapitalerträgen sind jeweils mindestens 90 Prozent, aus den Risikogewinnen 75 Prozent, aus den Kostengewinnen 50 Prozent an die Kunden weiterzugeben. Bei negativem Gewinn in einer der Quellen kann es zu einer fehlerhaften Berechnung der Überschussbeteiligung insgesamt kommen. Die Unternehmen können daher bei der BaFin beantragen, zunächst ihre Gewinne und Verluste zu verrechnen, bevor die Gewinnausschüttung erfolgt. So können die Kunden am tatsächlichen Gewinn beteiligt werden. "Die Möglichkeit, im Ausnahmefall die verschiedenen Gewinn- und Risikoquellen gegeneinander auszugleichen, begründet die besondere Stärke der Versicherungsunternehmen", heißt es in der Mitteilung des GDV.
Versicherer kommen klar, Rendite aber gering
Nach Angaben des CDU/CSU-Sprechers gibt es derzeit 100 Millionen Lebensversicherungsverträge in Deutschland. Er gestand aber auch ein: Die Rendite für Lebensversicherer bleibt trotz allem auf geringem Niveau. Laut einer aktuellen Studie erwirtschafteten 79 von 83 untersuchten Policen bis zu 3,68 Prozent jährlich weniger Zinsen als ein Sparplan mit Bundesanleihen. Unternehmen würden ihre stillen Reserven mobilisieren. Dazu verkauften sie Wertpapiere, deren Kurse aufgrund der niedrigen Zinsen stark gestiegen seien, um damit die Kursgewinne zu realisieren. „Die Lebensversicherungswirtschaft sei aber insgesamt so aufgestellt, dass sie auch über einen längeren Zeitraum mit dem niedrigen Zinsumfeld klarkommen könne“ heißt es seitens der Bundesregierung.
Aussagen des Allianz-Vorstandes Markus Faulhaber stehen dazu beinahe im Widerspruch: Er forderte in einem Interview eine Erhöhung der staatlichen Förderung für die Lebensversicherer.