Lebensversicherer sollten endlich auch Nettotarife anbieten. Das fordert Erwin Bengler, Lebensversicherungs-Experte bei der quirin bank AG. Einhergehend damit kritisiert Bengler die Debatte um Deckelung der Provisionen im LV-Geschäft. Versicherer sollten viel mehr bei den Kosten für den Vertrieb sparen statt nach staatlicher Hilfe zu rufen.
Am 2. September 2013 befasste sich der Finanzausschuss des Bundestages mit der Situation der Lebensversicherungen. Weil die Zinsen so niedrig sind, haben die Lebensversicherer Schwierigkeiten, ihren Kunden die prognostizierten Überschussbeteiligungen auszuzahlen.
"Hier ruft eine Branche nach staatlicher Unterstützung, die ihre eigenen Hausaufgaben noch nicht erledigt hat", sagt Honorarberater Erwin Bengler. Allein für den Vertrieb der Lebensversicherungen würden in der Regel zwischen drei und fünf Prozent der Sparbeiträge aufgewendet. "Diese Kosten lassen sich deutlich reduzieren, wenn die Versicherungen auf Nettotarife umstellen, also keine Vertriebsprovisionen einrechnen", so Bengler. "Das vergrößert den Spielraum, auch mit niedrigen Zinsen klarzukommen." Auf diese Weise müssten Ausschüttungen aus Bewertungsreserven nicht verzögert oder verringert werden und kämen dem Verbraucher zugute.
Versicherungen sind dem Provisionsvertrieb verhaftet
Wie stark die Versicherungen dem Provisionsvertrieb verhaftet sind, zeigt auch ein weiterer Hilferuf, die Abschlussprovisionen gesetzlich auf 2 Prozent zu deckeln. "Offensichtlich befürchten die in hartem Wettbewerb stehenden Versicherungsunternehmen, dass bei einer spürbaren Senkung der Abschlussprovisionen große Vertriebsorganisationen höher provisionierte Produkte des Wettbewerbers verkaufen. Anscheinend traut sich kein Versicherungsunternehmen, diesen ersten, riskanten Schritt zu machen und ruft deshalb nach dem Gesetzgeber", mutmaßt Bengler.
Hier zeige sich der Vorteil der Honorarberatung, denn bei dieser vom Produktverkauf und von Vertriebsprovisionen unabhängigen Beratung werde nur einmal ein transparentes Honorar fällig. "Honorarberater nutzen Nettotarife, die dem Kunden zugute kommen. Versicherer könnten dadurch ihre Kosten senken und trotz der niedrigen Marktzinsen ihre Versprechen auch ohne Tricks mit den Bewertungsreserven halten", sagt Bengler.
Versicherer könnten mit Nettotarifen auch ohne Tricks ihre Versprechen halten
„Während bei den herkömmlichen Tarifen von der Sparleistung des Kunden die Vertriebsvergütung abgezogen werden muss, fließen bei Nettotarifen die Einzahlungen in vollem Umfang in die Versicherung des Kunden", erklärt Erwin Bengler.
Für Kunden kostenmäßig transparente Nettotarife werden von einigen Versicherungen für Honorarberater angeboten, haben sich aber in der Breite noch nicht durchgesetzt. "Natürlich ist es für einen Vertrieb interessanter, eine hohe einmalige Abschlussprovision zu verdienen, wenn er dem Kunden eine Lebensversicherung verkauft", so Bengler. Bei einer monatlichen Sparrate des Kunden von 100 Euro kommen über 20 Jahre 24.000 Euro an Sparbeitrag zusammen. Fünf Prozent davon, also 1.200 Euro, fließen bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit an den Vertrieb. Würde dieses Geld als Sparbeitrag in die Versicherung fließen, ließe sich ein deutlich besseres Ergebnis erzielen."