Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied gestern in zwei Urteilen über die Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln beim Rückkaufswert für vorzeitig gekündigte Lebensversicherungen. Danach beträgt ein Mindestrückkaufswert 50 Prozent des ungezillmerten Deckungskapitals. Die Regelung findet Andwendung für Verträge, die in den Jahren 2001 bis zum Jahr 2007 geschlossen wurden.
Im vorliegenden Fall hatten Kläger eine höheren Rückkaufswert für ihre vorzeitig gekündigte Lebensversicherung verlangt, als die beklagten Versicherer auf Grundlage ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen ermittelt haben. Die Verträge waren 2004 geschlossen und im Jahr 2009 gekündigt worden. Eine höhere Rückzahlungssumme begründeten die Kläger mit dem BGH-Urteil vom 25. Juli 2012 (IV ZR 201/10).
Der BGH stellte in dem Urteil von Juli 2012 heraus, dass es für den Versicherungsnehmer stets nachvollziehbar sein müsse, wie hoch die Verwaltungskosten zum Zeitpunkt einer Vertragskündigung seien. Klauseln, welche die Vertriebsprovisionen auf den Rückkaufswert der Versicherung anrechnen, seien unwirksam. Mit der aktuellen Entscheidung schloss der BGH die Vertragslücke, die sich aus der Unwirksamkeit solcher Klauseln ergeben hatte.
BGH bestimmt Mindestbetragregelung für Rückkaufswert
Bei vorzeitigem Vertragsende steht dem Versicherungsnehmer zunächst die versprochene Leistung zu, urteilte der zuständige IV. Zivilsenat des BGH. Doch müsste ein Mindestbetrag gewährt werden: Dieser Mindestrückkrausfwert solle 50 Prozent des ungezillmerten Deckungskapitals, also ohne Berücksichtigung der Abschlusskosten, betragen.
Die Versicherer hatten gegenüber ihren Klägern diese Regelung bei der Berechnung des Rückkaufwertes bereits angewandt. Entsprechend blieben die ehemaligen Versicherungsnehmer erfolglos. Der Versicherer behält also in diesem Fall bis zur Hälfte der eingezahlten Beiträge inkl. Zinsen.
Regelung gilt für alle bis 2007 geschlossene Verträge
Die Regelung gilt für alle bis 2007 geschlossenen Verträge. Das gilt nicht nur für die vom Urteil im Juli 2012 betroffenen Verträge mit Klauseln, die beim Rückkaufswert den Versicherungsnehmer benachteiligen. Für die Verträge aus der Tarifgeneration 1994-2001 mit intransparenten Klauseln zum Rückkaufswert war bereits eine solche Regelung angewandt (Urteil vom 12. Oktober 2005, IV ZR 162/03 ) worden.
Für Verträge, die ab 2008 geschlossen wurden, gilt für die Berechnung des Rückkaufswertes die Regelung des § 169 Abs 3 Satz 1 VVG. Danach ist der Rückkaufswert bei vorzeitigem Ende des Versicherungsverhältnisses mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt.
Erste Reaktionen auf das Urteil
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) reagierte in einer ersten Stellungnahme auf das abschließende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe erleichtert: “Das Gericht hat damit Lücken geschlossen, die nach Urteilen des Bundesgerichtshofs vom vergangenen Jahr entstanden waren”, erklärte der GDV-Sprecher Hasso Suliak.
Erwin Bengler, Experte für Lebensversicherungen bei der Honorarberaterbank quirin bank AG, empfindet lediglich einen kompletten Verzicht auf Provisionen als gute Lösung für die stetigen Rechtsstreitigkeiten um die Anrechnung von Abschlusskosten. „Lebensversicherer sollten Nettotarife ohne Vertriebsprovision anbieten und sich damit langwierige juristische Gefechte ersparen. So müsste die Berechnung der Rückkaufswerte nicht immer wieder deutsche Gerichte beschäftigen und Anleger um ihr Geld bringen“, so Bengler.