Die Union Krankenversicherung hat einem Kunden den ihm gesetzlich zustehenden Tarifwechsel verweigert. Als Begründung wird angeführt, dass der Tarif, in den der Kunde wechseln wollte, nicht für das Neugeschäft geöffnet sei. Doch dies widerspricht der Rechtsauffassung der Versicherungsaufsicht BaFin.
Privat Krankenversicherte haben das Recht, bei ihrem Anbieter in einen anderen Tarif mit gleichartigem Versicherungsschutz zu wechseln und die angesparten Alterungsrückstellungen mitzunehmen. Doch einige Unternehmen versuchen die gesetzlichen Regelungen zu umgehen. Dabei soll es dem Kunden so schwer wie möglich gemacht werden den Tarif zu Wechseln.
BdV: Es gibt große Probleme beim Tarifwechsel in der PKV
Zwar habe die Bafin keine Anhaltspunkte, dass sich PKV-Unternehmen flächendeckend und systematisch nicht an das Tarifwechselrecht hielten. Das sehen Verbraucherschützer anders. "Es gibt große Probleme beim Tarifwechsel", berichtet Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Doch viele Versicherte ließen sich durch die Tricks der Versicherer abschrecken.
So berichtete der Spiegel im Juni von einem internen Papier der Gothaer. Darin heißt es: "Vor dem Hintergrund steigender PKV-Beiträge haben Versicherungsnehmer zunehmend Interesse an einer Umstellung in Tarife mit einem niedrigeren Beitrag.". Zwar seien Kunden laut Paragraf 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) dazu berechtigt. Jedoch solle eine besondere Möglichkeit, die das Gesetz beim Tarifwechsel vorsieht, bitte vermieden werden.
Nun sorgt ein Fall der Verweigerung eines Tarifwechsels bei der Union Krankenversicherung für Aufregung. Nach mehreren Beitragsanpassungen strebte ein UKV-Kunde im Sommer 2012 einen Tarifwechselrecht über das Beratungsunternehmen Delegare AG an. "Seit April 2011 hatte ich 400 Euro im Monat gezahlt, im Mai 2012 sollten es plötzlich 640 Euro sein", berichtet der Versicherte.
Jedoch verweigerte der Versicherer den Wechsel in den günstigeren Alternativtarif und verwies darauf, dass es sich beim Zieltarif um einen bereits geschlossenen Tarif handele. Dieser würde Neukunden nicht mehr offen stehen. Der Süddeutschen Zeitung erklärte Delegare-Vorstand Harald Leissl, dass diese Tarife zwar oft als unattraktiv gelten, da dort starke Prämienerhöhungen drohen. Aber: "Eine Menge geschlossener Tarife sind richtige Schnäppchen.", sagte Leissl. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich beim Zieltarif um einen geschlossenen Tarif handelt. Denn im Gesetz gibt es keinen Ausschluss des Wechselrechts hinsichtlich geschlossener Tarife.
Union Krankenversicherung verweigert Wechsel in geschlossenen PKV-Tarif
Dies wollte die Union Krankenversicherung AG jedoch nicht wahrhaben. In einem Schreiben an die Delegare AG heißt es: "Natürlich lassen wir auch die Tarifwechsel in alle bestehenden Tarife zu, allerdings nur solange diese verkaufsoffen sind. [...] Wir sind der Ansicht, dass ein Tarifwechsel nur in geöffnete Tarife möglich ist." Erst als Delegare mit einem Prozess drohte, lenkte die Union Krankenversicherung ein. Mitte Mai 2013 hielt der Kunde schließlich seine neue Police in Händen.
Leissl dazu: "Die meisten unserer Kunden haben einen erfolglosen Versuch hinter sich, den Tarifwechsel in Eigenregie vorzunehmen, bevor sie sich an uns wenden. Sie sind bei ihrem Do-It-Yourself-Versuch an den Abwehrstrategien der Versicherung gescheitert. Eine so abwegige juristische Minderheitsmeinung als Begründung für die Ablehnung erleben wir allerdings sonst nicht. Pikanterweise ist der zuständige Vorstand der UKV, Wolfgang Reif, in Personalunion auch Vorstand beim Schwesterunternehmen Bayerischen Beamtenkrankenkasse BBKK. Diese Versicherung wiederum lehnt keinen Tarifwechsel mit der Begründung ab, dass der angestrebte neue Tarif bereits geschlossen sei."
Die Union Krankenversicherung scheint sich jedoch noch nicht eindeutig entschieden zu haben, ob sie auf die Begründung "kein Tarifwechsel in geschlossene Tarife" in Zukunft wirklich verzichten will. Auf ihrer Website heißt es aktuell noch für zahlreiche der Tarife: "Der Tarif ist für Neugeschäft und Tarifwechsel geschlossen." Harald Leissl schmunzelt: "Dann müssen wir eben das nächste Mal wieder mit einem Prozess drohen. Manche nehmen ja Gesetzestexte erst dann ernst, wenn sie ihnen vor Gericht vorgelesen werden."