Erneut Razzia bei Unister - 70 Mitarbeiter wegen Betrug mit Flugtickets unter Verdacht

Quelle: Foto: Jens-Ulrich Koch , Pressebild: Staatskanzlei Thüringen

Seit Dezember letzten Jahres ist die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES), die zur Korruptionsbekämpfung einst ins Leben gerufen wurde, dem Leipziger Internet-Unternehmen Unister auf den Fersen. Mehr als 70 Ermittler des Landeskriminalamtes durchsuchten am Dienstag erneut die Räume von Unister. Im Mittelpunkt der gestrigen Untersuchung steht der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, wonach Unister 60.000 Lufthansa-Tickets auf einem Weg gekauft habe, welcher nicht den Regularien zwischen Lufthansa und Unister entspreche. Die Preisvorteile wurden laut Staatsanwaltschaft bei der Vermittlung der Flüge nicht an die Kunden weitergeben.

Das rasche Wachstum des Internet-Riesen aus Leipzig scheint vielen in der Branche unheimlich, um so mehr schaukeln sich Gerüchte um einen möglichen Betrug bei Unister rasch nach oben. Angefeuert wird dies durch die regelmässigen Untersuchungen der Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES) zusammen mit der Generalstaatsanwaltschaft aus Dresden.

Letztes Jahr im Dezember überraschte Unister mit Negativ-Schlagzeilen, als drei Manager des Unternehmens festgenommen wurden. Es wurde dem Unternehmen vorgeworfen, Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben. Tatsächlich war der Fall aber wesentlich komplizierter, denn der Streit um die Steuern ist Auslegungssache bezüglich eines Stornoservice, der entweder als Versicherung oder als Dienstleistung gelten kann. Siehe dazu auch Versicherungsbote "Verhaftungen bei Unister - Wo beginnt Steuerhinterziehung?".

Die aktuellen Vorwürfe betreffen ebenfalls den Reiseservice von Unister. Das Unternehmen soll sich bei der Lufthansa durch Falschangaben günstigere Preise erschlichen haben, die es aber nicht an die Kunden weitergegeben hat. Unister hat dabei die Tickets als Reiseveranstalter gebucht und dadurch Einkaufspreise erzielt, die es sonst nur im Zusammenhang einer Buchung mit einem Hotel bei der Lufthansa gibt. Laut Staatsanwaltschaft sei dies im Zeitraum von 2008 bis 2012 praktiziert worden. Den 60.000 vorgeworfenen Fällen in fünf Jahren stehen ca. 1 Millionen Reisen entgegen, die pro Jahr bei Unister durchschnittlich verkauft werden. Heikel ist jedoch, dass Unister hier als Vermittler aggiert hat, dafür wird in der Regel eine Provision pro Vermittlung bezahlt. Als Vermittler ist es nicht statthaft, Preisvorteile nicht an den Kunden weiterzugeben.

Die Staatsanwaltschaft betonte, nicht gegen das Unternehmen Unister, sondern direkt gegen die Mitarbeiter zu ermitteln. An dem System mit den Ticketverkäufen sollen über 70 Mitarbeiter beteiligt gewesen sein. Das Vorgehen von INES gegen das Unternehmen erlangt hiermit eine neue Qualität. Unter den über 70 Mitarbeitern sind auch auch Call-Center-Agenten angeschuldigt, diesen Betrug begangen zu haben. Der Anstoß der Ermittlungen ist auf die Beschlagnahmung der Computer und Unterlagen im letzten Jahr zurückzuführen, das gab der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Wolfgang Klein, bekannt.

Für das Management und die Mitarbeiter werden die Feiertage wiederholt unruhig. Im letzten Jahr wurden Manager des Unternehmens unter fragwürdigen Bedingungen sogar über die Weihnachtsfeiertage in Untersuchungshaft gehalten. Seit den Untersuchungen wurde das Management von Unister auf eine breitere Basis gestellt. Sicher auch ein notwendiger Schritt, um der rasanten Entwicklung der letzten Jahre gerecht zu werden, aber auch, um zukünftige Probleme mit der Staatsanwaltschaft zu vermeiden.

Mit der Berufung von Peter Zimmermann zum Unister CEO brachte sich Unister auch ganz unfreiwillig dieses Jahr wieder in schlechte Schlagzeilen, weil dieser auf seine Pensionsbezüge aus seiner Tätigkeit als Regierungssprecher in Thüringen nicht verzichten wollte. Dies belastet aktuell auch massiv die thüringische Landesregierung um die Ministerpräsidentin und Landesvorsitzende der CDU, Christine Liebknecht.

Auf der schon lang geplanten Mitarbeiterversammlung wollte Peter Zimmermann eigentlich am Mittwoch über die Ziele des Unternehmens reden. Der Einladung waren über 1000 Mitarbeiter in das Haus Auensee in Leipzig gefolgt. Stattdessen musste Zimmermann sich anlässlich der neuen Vorwürfe rechtfertigen. Unter den Angestellten herrscht große Verunsicherung.

Unternehmenssprecher Dr. Konstantin Korosides wies die Vorwürfe zurück und kündigte an, dass man die Ermittlungen konstrukiv unterstützen werde. Bei den Flugbuchung werde mit einem externen Dienstleister zusammengearbeitet, an der Praxis habe sich seit Jahren nichts geändert.