Eine Versicherungsvertreterin hatte einer Kundin eine fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung vermittelt. Dabei handelte es sich um eine Nettopolice, d.h. die zu zahlenden Beiträge enthalten keine zusätzliche Vermittlerprovision. Beide Parteien schlossen daher eine gesonderte Vergütungsvereinbarung. Diese enthielt u.a. Informationen über den Status der Vermittlerin als eine Vertreterin für eine bestimmte Versicherungsgesellschaft. Die Kundin wurde informiert, dass auch bei vorzeitiger Kündigung eine vollständige Vergütung zu zahlen sei. Die Kundin stellte die nach 13 Monatsraten weitere Zahlungen ein, woraufhin die Vertreterin klagte.
Dokumentations- und Beratungspflichten haben Vertreter wie Makler
Der BGH hatte schon 2005 in mehreren Urteilen entschieden, dass Versicherungsmakler eine gesonderte Vergütungsvereinbarung bei der Vermittlung von Nettopolicen schließen dürfen. Duch seine gesetzliche Definition als „Sachverwalter des Kunden“ ist er gesetzlich lediglich zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Mandanten sowie zu einer umfassenden Beratung während oder nach Vermittlung eines Vertrags verpflichtet. Damit kann er eine gesonderte Vergütungsvereinbarung nutzen.
Vertreter stehen „im Lager des Versicherers“. Mit Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahr 2008 wurde aber auch ihnen eine umfangreiche Beratungs-, Hinweis sowie Dokumentationspflicht auferlegt. Das unterscheidet sich nicht, so der BGH, nicht von den Maklerpflichten, wenn die Aufzeichnung der Frage dient, ob das Produkt für den Bedarf des Kunden in Frage kommt oder nicht. Eine Vergütungsvereinbarung sei kein Konflikt mit den schutzwürdigen Interessen der Kunden, heißt es im Urteil der Bundesrichter, selbst wenn der Kunde bei vorzeitiger Kündigung durch die Vergütungsvereinbarung schlechter gestellt werde, als bei einer Nettopolice. Es genügt, den Kunden auf die Pflicht zur Zahlung der vollen Vergütung hinzuweisen.
Weitere Liberalisierung der Vergütungsmodelle
Ob die Regelungen des Handelsgesetzbuches zur Vertreterprovision überhaupt Vereinbarungen zulassen, wonach der Vertreter vom Versicherer keinerlei Vergütung erhält, dafür aber selbständige Vergütungsvereinbarungen mit seinen Kunden schließen darf, ließ das Gericht offen. In dem Fall ginge es lediglich um das Verhältnis von Kunde und Vermittler.
Rechtsanwalt Normen Wirth weist daraufhin, dass der BGH am Ende des Urteils dann doch einen äußerst relevanten Unterschied der der Vermittlertypen klar heraus kristallisiert: Der Wert der Leistung eines Versicherungsvertreters liegt nach der Auffassung des BGH deutlich unter dem Wert der Leistung eines Versicherungsmaklers. Denn, so der BGH, eine der wesentlichen Pflichten des Versicherungsmaklers, seiner Beratung eine größere Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grund zu legen, kann der Versicherungsvertreter nicht oder nur unzureichend erfüllen. Insofern ist sei auch bei einem eventuellen Streit über die angemessene Vergütung zu berücksichtigen.
„Das Urteil kann in seiner Relevanz nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ob es nun um die Frage des erheblichen Wertes der Maklertätigkeit oder aber um die Frage der weiteren Liberalisierung der Vergütungsmodelle im Versicherungsbereich geht. In beiden Punkten haben wir jetzt höchstrichterlich weitere äußerst spannende Aussagen erhalten, die in der Versicherungsbranche für Bewegung sorgen werden.“ kommentierte Wirth das Urteil. Mit Bezug auf eine aktuelle Diskussion innerhalb der Versicherungsbranche hofft der Rechtsanwalt, dass der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GdV) das Urteil berücksichtigt: „Hoffentlich wird auch der GdV bei seinen Betrachtungen über einen gesetzgeberischen Eingriff in die Provisionshöhe die Aussagen des BGH zu der Wertigkeit der Maklerleistung zur Kenntnis nehmen.“