Bildungspunkte für Versicherungsmakler - neuer Köder zum produktgesteuertem Verkauf?

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Derzeit werben viele Produktanbieter, aber auch Bildungseinrichtungen und leider gelegentlich auch einige Maklerpools mit Schulungen, auf welchen sogenannte „Bildungspunkte“ an Versicherungsmakler vergeben werden. Viele Makler sind daher verunsichert und glauben, diese Schulungen wären gesetzlich vorgeschriebene Pflichtveranstaltungen. Ein Kommentar von Udo Rummelt.

Schulungen sind wichtig, doch in meinen Augen versuchen Gesellschaften derzeit ganz klar unter Vorspielen nicht feststehender Tatsachen (Bildungspunkte) Makler auf Schulungen zu "ködern", um insbesondere Werbeveranstaltungen zu eigenen Produkten oder zu bestimmten Sparten (z.B. bAV) zu forcieren und nicht etwa, um für Makler tatsächlich produktunabhängige Schulungen durchzuführen. Diese durch Produktgeber gesteuerten Schulungen laufen oft genug nach dem Motto "Darstellen von Vorteilen des Produktes unter Weglassen von Zwängen und Nachteilen des Produktes" - insbesondere zu beobachten in den Bereichen gezillmerte, kapitalisierende LV jeder Art (bAV, Riester, Rürup etc.). Schulungen dieser Art können für Makler kontraproduktiv sein. Mithin sind derartige Schulungen geeignet Makler ggf. auf direktem Wege in die Haftung führen.

Keine geltende gesetzliche Regelung zu Bildungspunkten

Eine geltende gesetzliche Regelung zu „Bildungspunkten“ ist mir nicht bekannt. Zu den „Bildungspunkten“ aus meiner Sicht daher wie folgt:

  • Die IMD II (auf die von Panikmachern vermutlich Bezug genommen wird) ist noch im Entwurfsstatus und keineswegs verabschiedet (ich rechne damit in 2015/2016).
  • Kein Mensch weiß, wie eine solche Ausbildung aussehen soll, da ein entsprechend verabschiedetes Gesetz nicht vorliegt.
  • Kein Mensch weiß, auf welcher gesetzlichen Grundlage sogenannte "Bildungspunkte" vergeben werden sollen, da ein entsprechend verabschiedetes Gesetz nicht vorliegt.
  • Kein Mensch weiß, ob es überhaupt "Bildungspunkte" geben wird oder ob letztlich ein anderes System den Vorzug erhält, da ein entsprechend verabschiedetes Gesetz nicht vorliegt.
  • Kein Mensch weiß, ob es einen „Bildungsplan“ geben wird und wie ein solcher „Bildungsplan“ aussehen soll, da ein entsprechend verabschiedetes Gesetz nicht vorliegt.
  • Kein Mensch weiß, wer überhaupt "Bildungspunkte" vergeben darf, da ein entsprechend verabschiedetes Gesetz nicht vorliegt.

Daher ist sehr wichtig: Makler, die sich hier von Werbeschreiben und/oder Pressemeldungen "getrieben" fühlen, sollten sich von den entsprechenden Anbietern SCHRIFTLICH bestätigen lassen, dass die dort vergebenen "Bildungspunkte" nach Inkrafttreten eines eventuellen Gesetzes tatsächlich anerkannt werden und wer die Haftung für Entschädigung des zeitlichen und finanziellen Aufwandes trägt, wenn dem letztlich doch nicht so ist. Im Weiteren sollten stets alle Schulungsunterlagen aufbewahrt werden.

Initiative „gut beraten“

Die derzeitige Initiative gut beraten, auf die oft genug Bezug genommen wird, ist aus meiner Sicht vom Produktgeber gesteuert und verdient den Namen "gut beraten" in Bezug auf Makler nicht. Sie ist für Makler m. E. also völlig ungeeignet. Dies ergibt sich schon aus der Gremienbesetzung:

  • 23 Versicherer
  • 5 m. E. eher dem Versichererlager zuzurechnende Organisationen
  • 1 Vertrieb
  • 1 Verband, in dem sich vornehmlich wiederum Versicherer versammeln, sowie Strukturvertriebe und Anbieter des grauen Kapitalmarktes
  • 1 Maklerverband, der wohl aber als „Verbund von Großmaklern" einzustufen ist (Mitglieder sind z. B. AON, Funk-Gruppe, M.A.R.K., Martens & Prahl etc.)

Nachzulesen ist dies in den Anrechnungsregeln der Initiative (PDF) nach Seite 40. Wenn das für Makler geeignet sein soll, dann weiß ich es auch nicht mehr ...!

Wohin die Reise gehen soll

Die Interessen der vorgenannten Gremienmitglieder von „gut beraten“ werden in der Broschüre Regeln zur Anrechnung von Bildungsmaßnahmen überdeutlich. Als Beispiel in der Broschüre dient selbstverständlich die bAV – ein Schelm, der Böses dabei denkt. Auf den Seiten 15 – 18 sind für diese Schulung 3 Präsenztage zuzüglich 9 Stunden Selbstlernzeit aufgeführt. Mal sehen, wie viel Zeit für die Absicherung der Arbeitskraft einzuplanen wäre – ein Beispiel dazu fehlt leider. Ebenfalls auffällig: Die ganze Broschüre strotzt nur so von Begriffen, die der Ausschließlichkeit und deren Arbeitsweise entstammen. Was also sollen Makler dort?

Hat da jemand eine Einnahmequelle entdeckt?

Natürlich ist die Initiative „gut beraten“ für Makler auch nicht kostenfrei. Selbst das Eintragen der „Bildungspunkte“ kostet Geld. Wofür? Für „Bildungspunkte“ aus Schulungen, die von Produktanbietern gesteuert werden? Sollte eine gesetzliche Regelung kommen, dann würden seriöse Maklerpools diesen Service für ihre Partner vermutlich kostenfrei anbieten, insofern sie als Bildungsdienstleister tätig werden dürfen.

Mein Fazit:

Üblicherweise gibt es sehr stringente Anforderungen im Gesetz oder in den entsprechenden Verordnungen über die Gegebenheiten, wie Bildungsmaßnahmen nachzuweisen und durchzuführen sind (siehe Anwaltsweiterbildung, Arztfortbildung etc.). Seriöse Maklerpools werden "zu bewertende" Schulungen also dann anbieten, wenn ein solches Gesetz in Endfassung tatsächlich vorliegt, Geltung hat und wenn Maklerpools eine solche "Ausbildung" anbieten dürfen.

Selbstverständlich sollten sich Makler auch bis dahin (wie schon bisher) weiterbilden. Allerdings sollten sich die Makler (bis zum Inkrafttreten eventueller Gesetzesbestimmungen) zur eigenen Sicherheit nur notieren müssen, dass sie überhaupt an Schulungen teilgenommen haben und entsprechende Unterlagen aufbewahren.

Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Fortbildungen sind natürlich auch für Makler wichtig, aber nur dann, wenn es sich NICHT um von Produktgebern gesteuerte Produktschulungen handelt, sondern vielmehr um Wissensschulungen, die nicht nur Vorteile, sondern eben auch Nachteile und Zwänge eines Produktes vermitteln. Der Makler muss dies wissen, das ergibt sich schon aus seiner Rechtsstellung als Interessenvertreter seiner Mandanten.

Von Produktanbietern gesteuerte Schulungen, die allein dem Produktabsatz dienen, sind daher sogar KONTRAPRODUKTIV und können Makler, die derartigen Schulungen Glauben schenken, direkt in die Haftung führen.

Was für die Umsetzung eventueller, gesetzlich festgelegter "Bildungspunkte" unbedingt erforderlich ist, wäre die Genehmigung des Gesetzgebers an Maklerpools direkt oder auch an von Maklerpools ausgegliederten Bildungseinrichtungen, von Produktgebern unabhängige Schulungen anbieten zu dürfen und dafür "Bildungspunkte" zu vergeben. Mithin dürfen Makler nicht gesetzlich verpflichtet werden an Produktgeberschulungen bzw. produktgebernahen Schulungen teilzunehmen.

Udo Rummelt