Die Skandale bei Infinus und S&K sind noch nicht aufgeklärt, da droht schon der nächste Anlageskandal. Diesmal ist das Firmengeflecht von Malte Andre Hartwieg ins Auge der Staatsanwaltschaft München geraten, gegen den Investor wurde Strafanzeige wegen Betrugs erstattet. Der mögliche Schaden ist gewaltig: Nach eigenen Angaben hat Hartwiegs Firmengeflecht über 200.000 Kunden, die mit 2,3 Milliarden Euro investiert sind.
Wer sich auf die Spuren von Malte Andre Hartwieg machen will, der braucht ein detektivisches Gespür. Der schillernde Investor mit den gut sitzenden Maßanzügen ist an mehreren Vertrieben und Fondsgesellschaften direkt oder indirekt beteiligt, darunter namhafte Finanzvertriebe wie dima24 und Krüger Sachwert, Initiatoren wie NCI, Selfmade Capital oder Euro Grundinvest sowie die Ratingfirma Kapital Rating FFT. Auch bei Finanzzeitungen ist Hartwieg gern gesehener Gastautor, unter anderem hat er Marktkommentare für Cash Online geschrieben. Die Investments seiner Firmen umfassen Wachstumsmärkte in Asien, Afrika, Südamerika und dem Mittleren Osten.
Nun aber wurde bei der Staatsanwaltschaft München 1 Strafanzeige gegen Malte Hartwieg gestellt, wie procontra und der Finanznachrichtendienst GoMoPa übereinstimmend berichten. Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch erklärte auf Anfrage von procontra: „Unserer Behörde liegen Anzeigen wegen des Verdachts des Betruges unter anderem gegen Herrn Hartwieg (…) im Zusammenhang mit den Firmen dima24 und NCI vor. Wir prüfen derzeit, ob ein ausreichender Anfangsverdacht für eine verfolgbare Straftat vorliegt oder nicht.“ Weitere Aussagen seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da noch bestimmte Sachverhalte in Rücksprache mit den Anklageerstattern geklärt werden müssten.
Blindes Investment in geschlossene Fonds
Hartwieg soll mehrere Emissionshäuser kontrollieren, die Kapital in Form geschlossener Fonds einsammeln. Doch das Firmengeflecht entpuppt sich als undurchsichtig, die Anlagestrategien als fragwürdig. Die geschlossenen Fonds investieren in Genussrechte, doch Details zu den Investitionsvorhaben werden den Kunden zunächst vorenthalten. Es handelt sich um sogenannte „Blindpool“-Geschäfte, bei denen der Anleger nicht genau erfährt, in welches Objekt der Fonds genau investieren will und was die Investitionsziele sind. Der Kunde weiß zwar zum Beispiel, dass sein Geld in Immobilien fließt – ob es ein Kaufhaus in München ist oder ein Erlebnisbad in Ostdeutschland, entscheidet allein der Anbieter.
Bei diesen Blindpool-Fonds muss der Geldgeber dem Investor im sprichwörtlichen Sinne blind vertrauen können. Ob dieses Vertrauen im Fall von Hartwiegs Firmen gerechtfertigt war, darf bezweifelt werden. Wie GoMoPa berichtet, handelte es sich bei den Investitionsobjekten zumeist um Offshore-Firmen, die erst kurz vor Ausgabe der Genussrechte gegründet wurden. Hintermänner seien möglicherweise Strohmänner von Hartwieg gewesen – allen voran der Investmentmanager Christian Kruppa, gegen den nun ebenfalls Anzeige erstattet wurde. Haben diese Offshorefirmen dazu gedient, ein Schneeballsystem zu betreiben? Der Verdacht steht zumindest im Raum.
Strohmänner in Firmen?
Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie die Gesellschaften des Hartwieg-Konglomerats organisiert sind und ob der charismatische Manager nicht mehr Macht besitzt, als manchem Anleger lieb sein kann. Laut einem Bericht von Wallstreet Online soll etwa die ehemalige Geschäftsführerin der NCI New Invest Holding GmbH eine Strohfrau von Hartwieg gewesen sein: sie habe keinerlei Befugnisse und auch keinen Zugriff auf die Konten des Unternehmens besessen. Erwin Beran, der ehemalige Geschäftsführer der Euro Grundinvest, habe sogar früher als Fahrer für Hartwieg gearbeitet. Im Hintergrund aber, so der Bericht, zieht Hartwieg weiter die Strippen.
Die undurchsichtigen Firmenkonstrukte haben auch die Kanzlei Rechtsanwälte Wilhelm Lachmair & Kollegen auf den Plan gerufen. Die bisherigen Nachforschungen der Juristen lassen nichts Gutes erahnen. Bei einem Treffen mit Anlegerschutzanwälten am 13. Dezember 2013 in Köln konnten sie keinen Nachweis für nennenswerte Investitionen erbringen, die NCI und Selfmade Capital in den USA oder auch in den Emiraten getätigt habe.
„Dies deckt sich mit unseren eigenen Recherchen, dass ein großer Teil der Gelder abgeflossen ist und für die deutschen Fondsgesellschaften zu einer Auszahlung an die über 2.000 Anleger nicht mehr zur Verfügung stehen dürfte“, zitiert procontra den Rechtsanwalt Stefan Förster von Rechtsanwälte Wilhelm Lachmair & Kollegen. Zwar müsse ein Großteil der Gelder noch irgendwo vorhanden sein - die Anleger aber dürften ob der Erkenntnisse weniger ruhig schlafen.