Trotz jährlich steigender Gesundheitsausgaben hat der Bundesrat am Freitag im Rahmen der Finanzreform über eine Senkung des einheitlichen Beitragssatzes von derzeit 15,5, Prozent auf 14,6 Prozent beraten. Der bisher gezahlte Sonderbeitrag von 0,9 Prozent zur gesetzlichen Krankenversicherung soll entfallen.
Die Politik macht mit den aktuellen Plänen zur Finanzierung der Krankenkassen wieder einmal eine Rolle rückwärts. Die ehemals von einer SPD-Regierung und unter der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt geplante Einheitskasse gerät mit den aktuellen Plänen der Bundesregierung aufs Abstellgleis. Es lebe wieder der Wettbewerb unter den Krankenkassen. Dieser hatte bereits mit der Möglichkeit, Kundenbeiträge zurückzuzahlen, begonnen. Über 20 Krankenkassen machten davon Gebrauch und schütteten 2013 so viel Geld aus, wie noch nie zuvor. Jetzt soll der alte Wettbewerb endgültig wieder hergestellt werden. Die Krankenkassen dürfen selbst einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben, falls sie mit den Einnahmen nicht auskommen.
Begründung für die Kehrtwende sind die angesparten Milliardenpolster von über 29 Milliarden Euro bei den Krankenversicherungen und im Gesundheitsfonds. Trotz Niedrigzinsphase betrugen schon allein die Zinserträge im Jahre 2013 fast 500 Millionen Euro. Über 65 Krankenassen haben eine Reserve von über 1,5 Monatsausgaben als Rücklage. Ursprünglich sollten diese Polster der drohenden Explosion der Kosten im Gesundheitssystem entgegenwirken. Medizinischer Fortschritt und die Überalterung der Gesellschaft sorgen für einen jährlichen Zuwachs von vier Milliarden Euro auf Ausgabenseite.
Nach einer Aussage Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) werden im kommenden Jahr 20 Millionen der 50 Millionen Versicherten geringere Beiträge zahlen müssen als heute. Die Oppossition befürchtet jedoch, dass viele Versicherte von den Beitragssenkungen nicht profitieren werden. Da der Arbeitgeberbeitrag bei 7,3 Prozent eingefroren bleibt, befürchteten sowohl die Sprecher der Grünen als auch der Linken, dass zukünftige Kostensteigerungen allein auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen werden.
Interessant wird, ob die unterschiedlichen Beiträge auch zu einem erhöhten Wechsel der Krankenversicherung führen. Die Techniker Krankenkasse (TK) kündigte bereits an, dann einen unterdurchschnittlichen Beitrag erheben zu wollen. Die Techniker Krankenkasse gehört mit über 8 Millionen Versicherten zu den größten Krankenkassen in Deutschland und hatte 2013 über 1 Milliarde Euro an ihre Mitglieder zurückgezahlt.