Ein Jahr nach dem Hochwasser in Ost- und Süddeutschland ist der Streit über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden neu entbrannt. Das Bundesumweltministerium plädiert dafür, dass Hausbesitzer in Risikogebieten zum Abschluss einer privaten Elementarschadenversicherung verpflichtet werden. Die Versicherer lehnen eine solche Pflicht hingegen ab.
Im Sommer 2013 traten die Flüsse Donau, Elbe und Saale über die Ufer und richteten verheerende Verwüstungen an. Das Wasser stand teils meterhoch in den Städten, viele Menschen verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Insgesamt wird der Schaden des Sommerhochwassers in Deutschland auf rund 7 Milliarden Euro geschätzt.
Doch während die letzten Aufräumarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, wird nun erneut über eine Hochwasser-Pflichtversicherung für Hausbesitzer gestritten. Dann müssten sich auch jene Eigentümer gegen Hochwasser absichern, die gar nicht in einem Risikogebiet leben.
„Wir würden gut damit fahren, wenn wir eine bezahlbare Elementarschadenversicherung für alle einführen“, sagte am Dienstag der parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold, auf der „Naturgefahrenkonferenz der deutschen Versicherungswirtschaft“ in Berlin. Dies sei auch ein Symbol für die Solidarität der Gesellschaft und könnte die Beiträge für alle bezahlbar machen. Zu der Veranstaltung geladen hatte die deutsche Versicherungswirtschaft, um ein Jahr nach der Flutkatastrophe Experten aus Politik, Verbraucherschutz und Wirtschaft in einem Dialog über Naturgefahren zusammenzubringen.
Versicherer lehnen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ab
Während das Bundesumweltministerium also eine Pflichtversicherung für Hochwasserschäden präferiert, lehnt der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine solche Lösung ab. Und das mit gutem Grund: dies könnte die Menschen dazu verleiten, Hochwasserrisiken zu ignorieren und weiterhin in gefährdeten Regionen zu bauen. „Damit kommen wir schnell in eine Spirale, dass sich die Schäden erhöhen und damit die Versicherungsbeiträge steigen“, erklärte Dr. Alexander Erdland, Präsident des GDV, auf der Naturgefahrenkonferenz.
Stattdessen plädiert Erdland für mehr Prävention und Aufklärung. „Wir müssen es schaffen, dass sich die Menschen mit der Gefahr von Überschwemmungen beschäftigen. Das Risiko ist nicht genügend bekannt, die eigene Betroffenheit wird unterschätzt. Nur jeder dritte Haushalt ist gegen Hochwasser versichert, dabei mangelt es nicht an Angeboten“, so der Versicherungsexperte. Auch Staatssekretär Pronold weiß freilich um die Gefahr mangelnder Vorsorge: er spricht sich für ein Verbot von Neubauten in gefährdeten Überschwemmungsgebieten aus. Auch müsse den Flüssen wieder mehr Raum gegeben werden, etwa durch die duale Nutzung von Feldern als Polder und Ackerland.
Hochwasserschutz in höchster Gefährdungszone – schwierig zu finden?
Die Argumentation der Versicherungswirtschaft hat allerdings einen Haken. Im letzten Jahr waren auch Regionen von den Überschwemmungen betroffen, die bis dahin nicht als Risikogebiet galten und erstmals Opfer der Fluten wurden. Weil das Zonierungssystem der Versicherer (Zürs Geo) regelmäßig überarbeitet wird, sind viele Gebiete mittlerweile in die höchste Gefährdungsklasse 4 eingestuft worden. Einen preiswerten Elementarschutz zu finden, ist für Hausbesitzer dann schwierig bis unmöglich: oft werden sie schon bei der Antragstellung abgelehnt.
Zwar betont der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV), in Deutschland seien 99 Prozent aller Häuser problemlos gegen Hochwasser-Risiken versicherbar. So seien etwa auch in Sachsen rund 60 Prozent der Häuser in der höchsten Gefährdungsklasse 4 versichert, wie eine Sprecherin des GDV mitteilte.
Hingegen berichteten Versicherungsvermittler gegenüber Versicherungsbote, dass sie für Klienten in Risikogebieten keinen bezahlbaren Elementarschutz finden konnten. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagt sogar, nach dem Hochwasser 2013 sei Hausbesitzern häufiger als in den Jahren zuvor der Hochwasserschutz gekündigt worden - oft bereits nach dem ersten Schadensfall.
Wollen die Menschen jedoch die Hochwasser-Region verlassen und sich woanders eine Existenz aufbauen, kommt ihnen die Schadensregulierung der Elementarversicherer in die Quere. Die Anbieter erbringen nur eine Leistung, wenn das Haus an genau derselben Stelle restauriert und wieder aufgebaut wird: Also mitten im Hochwasser-Risikogebiet.
Lob vom Verbraucherschutz
Trotz aller Debatten musste selbst die sonst so argwöhnische Stiftung Warentest anerkennen, dass die Versicherer ihren Kunden nach der Flut schnell und unbürokratisch geholfen haben. Finanztest-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen erklärte im Interview mit dem GDV: "Für das Schadenmanagement eine zwei. Ich war beeindruckt wie schnell und gut die Versicherer agiert haben. Wir hatten keine signifikanten Beschwerden auf dem Tisch. Hier haben die Versicherer wirklich Herausragendes geleistet".