Der Schutz einer Reiserücktrittsversicherung endet nicht beim Online-Check-In, wie das Amtsgericht München in einem aktuellen Urteil betont. Demnach hat der Versicherte auch dann Anspruch auf Erstattung der Reisekosten, wenn er per Internet eingecheckt hat, aber aufgrund einer plötzlichen Krankheit die Reise nicht antreten kann. Die Rechte der Verbraucher werden mit dem Richterspruch gestärkt (Az. 171 C 18960/13).
Wer heute eine Flugreise bucht, kann bei vielen Fluggesellschaften bequem von seinem heimischen Sofa aus einchecken und eine Bordkarte ausdrucken lassen. Das spart Zeit am Flughafen, bilden sich doch gerade an den Check-In-Schaltern der Airports oft lange Warteschlangen. Doch gilt die Reise auch als angetreten, wenn man per Mausklick eingecheckt hat? Dann wären auch Ansprüche aus einer Reiserücktrittsversicherung verwirkt. Mit dieser Frage musste sich nun das Amtsgericht München befassen.
Innerhalb weniger Stunden schwer erkrankt
Im verhandelnden Rechtsstreit hatte ein Mann vom 28. April bis 17. Mai 2013 eine Flugreise nach Santo Domingo gebucht und dafür eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Am Vormittag der Reise nutzte er das Angebot der Fluggesellschaft zum Online-Check-In. Doch innerhalb weniger Stunden erkrankte der Mann so schwer, dass er nicht mehr flugfähig war und stornierte seine Reise. Weil er den Flug aus medizinischen Gründen nicht antreten konnte, verlangte er die Erstattung der Reisekosten von seinem Versicherer.
Die Reiserücktrittsversicherung aber weigerte sich, dem verhinderten Passagier die Reisekosten zu erstatten. Dabei berief sie sich auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen, wonach der Versicherungsschutz mit der Buchung der Reise beginne, aber bei Antritt der Reise ende. Der Reiseantritt sei bereits beim Online-Einchecken erfolgt, weshalb der Erkrankte seine Ansprüche verwirkt habe, argumentierte die Versicherung.
Richter betonen: Online-Check-In bedeutet nicht Reiseantritt
Doch der Mann wollte sich mit der Begründung des Versicherers nicht zufrieden geben und zog vor Gericht. Vor dem Amtsgericht München konnte er ein Urteil zu seinen Gunsten erstreiten. Mit dem Online-Check-In erkläre der Reisende nur die Absicht, dass er die Reise antreten werde, betonten die Richter. Es handle sich jedoch nicht um den faktischen Reiseantritt. Die Reiserücktrittsversicherung muss also die Kosten erstatten. Das Urteil ist rechtskräftig.
Wann aber gilt eine Reise als angetreten? Auch hierfür legte das Gericht Kriterien fest. Es vertrat die Ansicht, dass für den Reiseantritt der Passagier Leistungen der Fluggesellschaft in Anspruch nehmen muss, die unmittelbar mit der Beförderung verbunden sind. So nehme ein Reisender mit der Aufgabe von Gepäck am Flughafenschalter eine solche Leistung in Anspruch, da dieses Gepäck zum Zweck der Beförderung in den Frachtraum transportiert wird. Das Online-Check-In erfülle dieses Kriterium jedoch nicht, da es vorrangig den wirtschaftlichen Interessen der Fluggesellschaft diene, etwa um Personal einzusparen.
Weiterhin könne man von einem Reiseantritt ausgehen, wenn der Reisende unter Vorlage seiner Bordkarte den Flugsteig passiert, um das Flugzeug betreten zu können. Das Gericht hat offen gelassen, ob durch die Vorlage der Bordkarte bei der Sicherheitskontrolle im Abflugbereich ein Reiseantritt erfolgt.