Fahrverbot für Steuersünder? Thomas Kutschaty, der nordrhein-westfälische Justizminister, hat eine Idee: er will Steuersündern zur Strafe den Führerschein wegnehmen. Es bringe mehr, wenn der „Zahnarzt sechs Monate seinen Porsche stehen lassen muss“, als wenn reiche Menschen zur einer Geldstrafe verdonnert werden, erklärte der SPD-Politiker. Doch kann das funktionieren?
Es gibt Ideen, die sind so abstrus, dass man schon deshalb darüber berichten muss. Eine Boulevard-Zeitung schlug zum Beispiel vor einiger Zeit vor, Frauen mögen doch schnarchende Männer ganz einfach mit Sexentzug bestrafen, damit das nächtliche Grunzen aufhört. Ob sich die am Schnarchen beteiligten Atmungsorgane, namentlich Gaumensegel und -zäpfchen, durch den Liebesentzug einschüchtern lassen und ihr nächtliches Flattern einstellen, darf hingegen ernsthaft bezweifelt werden.
Von einer ähnlichen Qualität könnte der Vorschlag sein, mit dem aktuell Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) punkten will. Der studierte Rechtswissenschaftler schlägt nämlich vor, man möge Steuersünder zukünftig nicht nur mit einer Geldstrafe belegen, sondern ihnen auch den Führerschein abnehmen. „Wenn der Zahnarzt sechs Monate seinen Porsche stehen lassen muss, trifft ihn das viel mehr als eine Geldstrafe“, sagte der Politiker der Rheinischen Post. Weil Geldstrafen bei reichen Straftätern nicht effektiv genug seien, halte er auch eine „verfassungskonforme“ Vermögensstrafe für denkbar.
Nur gibt es bei Kutschatys Vorschlag ein Problem. Eine nicht repräsentative Umfrage des Versicherungsboten unter 3 Zahnärzten hat ergeben, dass diese weder einen Porsche besitzen noch besonders oft das Auto nutzen. Zwei der Befragten reisen gerne mit der Bahn, der Dritte fährt sogar regelmäßig mit dem Fahrrad zur Arbeit. Sollte es sich bei den Dentisten also tatsächlich um Steuerbetrüger handeln, was diese vehement bestreiten, so könnten sie einen Führerscheinentzug durchaus verkraften.
Einen noch überzeugenderen Einwand hat freilich Renate Künast (Grüne), Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, gegen den Vorstoß des SPD-Politikers. „Ein Fahrverbot als Strafe für Taten, die nichts mit dem Straßenverkehr zu tun haben, lehne ich strikt ab. Ich halte den Vorschlag für verfassungswidrig“, sagte Künast den Ruhr Nachrichten. Die Begründung ist so lustig wie plausibel: wer keine Fahrerlaubnis besitze, für den käme ein Führerscheinentzug als Strafe gar nicht infrage. Diesen Missstand könnte Kutschaty wiederum beseitigen, indem er Steuersünder per Gesetz zwingt, eine Fahrprüfung abzulegen – damit man ihnen den soeben erworbenen Führerschein wieder abnehmen kann.
Zur Versachlichung der Debatte hat sich dann Thomas Eigenthaler eingeschaltet, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG). „Steuerhinterziehung kann wirksam nur mit einer Geldstrafe beziehungsweise einer Gefängnisstrafe bekämpft werden. Allein der Entzug der Fahrerlaubnis reicht nicht für eine Abschreckung aus“, sagte der Gewerkschaftschef im Gespräch mit Handelsblatt Online. Was fast ein bisschen schade ist, hätten wir uns doch über weitere Vorschläge zur Abschreckung gefreut: Dürfen Steuersünder keine Fußball-WM gucken? Müssen sie vor 18 Uhr und ohne Sandmann ins Bett? Wird ihnen verboten, auf Facebook Katzenbaby-Fotos zu liken? Oder doch wieder die Sache mit dem Sex-Entzug?
Apropos Sex-Entzug: es gibt tatsächlich in der Historie Beispiele, wo diese drakonische Maßnahme gefruchtet hat. Zum Beispiel im kleinen Dorf Sirt in der Türkei. Dort hatten die Frauen gehörig die Nase voll davon, jeden Tag kilometerweit laufen zu müssen, um Trinkwasser herbeizuschaffen. Denn die einzige Wasserleitung war kaputt gegangen und keiner wollte sie reparieren. Also wurden die Männer so lange aus dem Schlafzimmer verbannt, bis die Leitung wieder funktionstüchtig war. Und es wirkte: Schon ein paar Tage später machten sich die Herren an die Arbeit.