Tod von Maria Kwiatkowsky verwickelt Gothaer Versicherung in Rechtsstreit

Quelle: geralt@pixabay.com

Als die Schauspielerin Maria Kwiatkowsky 2011 mit nur 26 Jahren an einer Überdosis Kokain starb, verlor der deutsche Film eines seiner größten Nachwuchstalente. Nun ist ihr Tod Gegenstand eines Rechtsstreits. Die Gothaer Versicherung weigert sich, die Produktionsfirma ihres letzten Films zu entschädigen, weil Kwiatkowsky im Versicherungsantrag ihre Drogensucht verheimlichte.

Die Erfindung der Liebe“ heißt jener Film, der Maria Kwiatkowsky den Durchbruch hätte bringen sollen. An der Seite von Mario Adorf und Sunnyi Melles spielte die Nachwuchsschauspielerin die Rolle einer Schauspielstudentin, die eine reiche Millionärin um ihr Vermögen prellen will. Doch der Film sollte ihr letzter werden, denn nach 23 von 32 geplanten Drehtagen fand man Kwiatkowsky tot in ihrer Berliner Wohnung – gestorben an einer Überdosis Kokain.

Das Feuilleton feierte Kwiatkowsky nach ihrem Ableben noch einmal als großes deutsches Filmtalent. Sie sei eine „Schauspielerin der Verausgabung“ gewesen, mit großer physischer Präsenz und Unbedingtheit. "Die Erinnerung an sie wird so lebendig bleiben, wie ihre Erscheinung es war", ließ die Berliner Schaubühne wissen, zu deren festen Ensemble die jung Verstorbene zählte. Doch laut einem Bericht von Zeit Online ist der Tod der Nachwuchsschauspielerin zum Gegenstand eines unschönen Rechtsstreits geworden, bei dem sich die Gothaer Versicherung und die Kölner Produktionsfirma Coin Film gegenüberstehen.

Verschwiegene Drogensucht

Wie in der Branche üblich, hatte sich Coin Film mit einer Filmversicherung gegen finanzielle Risiken beim Dreh abgesichert: auch gegen den Fall, dass eine Hauptdarstellerin stirbt. Zwar musste der Film nicht komplett abgebrochen werden, weil die junge Regisseurin Lola Randl das Drehbuch umschrieb und um eine neue Rahmenhandlung erweiterte. In den Szenen, die noch nicht abgedreht waren, wird Kwiatowsky nun durch eine Praktikantin ersetzt, was erstaunlich gut funktioniert. Am 07. Mai 2014 lief der viel gelobte Film in den Kinos an.

Trotzdem entstanden der Filmgesellschaft Mehrkosten von 683.458 Euro, die sie bei der Gothaer geltend macht. Und für den der Versicherer nicht aufkommen will, weil Maria Kwiatkowsky bei der Beantragung des Versicherungsschutzes die Gesundheitserklärung falsch ausgefüllt hatte. Auf die Frage: „Nehmen Sie regelmäßig Medikamente/Drogen?“, antwortete die Schauspielerin mit „Nein“ - obwohl sie sich zum damaligen Zeitpunkt bereits regelmäßig Kokain spritzte.

Der Drogenkonsum war letztendlich auch die Todesursache der 26jährigen. Bei der Obduktion ihrer Leiche fanden die Rechtsmediziner „etwa 300 frische, teils verkrustete Nadeleinstiche“, zitiert die Zeit aus den Gerichtsunterlagen. Kwiatkowsky spritzte sich das Kokain, was die Wirkung der Droge im Vergleich zum Schnupfen verstärkt, aber auch die Gefahr einer Überdosierung erhöht. Für die junge Schauspielerin wurde die Suche nach dem schnellen Kick zur tödlichen Falle.

Rechtsstreit durchlief bereits mehrere Instanzen

Doch kann die Filmgesellschaft als Vertragspartei überhaupt zur Verantwortung gezogen werden, wenn eine Schauspielerin in einem standardisierten Fragebogen falsche Angaben macht? Zudem, wenn es um so ein tabuisiertes Thema wie die Drogensucht geht? Maria Kwiatkowsky hätte mit einer ehrlichen Antwort nicht nur ihre Karriere gefährdet. Der Besitz von mehr als 5 Gramm Kokain kann in Deutschland sogar mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Sowohl die anderen Schauspieler als auch die Regisseurin betonen, nichts von der Sucht gemerkt zu haben – obwohl Kwiatkowsky am Set auch kurze Kleider und Bikinis trug.

Der Rechtsstreit ist möglicherweise verzwickter, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Bereits am 23. August 2011, wenige Wochen nach dem Tod der Schauspielerin, hatte die Gothaer der Produktionsfirma mitgeteilt, man wolle wegen „arglistiger Täuschung“ für die Mehrkosten nicht aufkommen. Sowohl das Landesgericht Köln als auch das Kölner Oberlandesgericht urteilten zugunsten des Versicherers und wiesen die Klage der Filmfirma ab.

Doch der Bundesgerichtshof entdeckte Fehler in der Begründung des Richterspruchs und verwies das Verfahren im Oktober 2013 an das Oberlandesgericht zurück. Am heutigen Dienstag soll neu verhandelt werden. "Dabei geht es unter anderen um die Frage, ob der Tod durch Überdosis ein Unfall ist oder nicht", erklärt ein Sprecher des Oberlandesgerichtes Köln.

Radikale Rollen, radikales Leben

In ihren Rollen war Maria Kwiatkowsky auf Extreme spezialisiert. Die erste Hauptrolle in Ayse Polats Kinofilm „En Garde“ (2003), in der sie ein von der Mutter verstoßenes Heimkind spielte, brachte ihr gleich einen Silbernen Leoparden bei den Filmfestspielen in Locarno ein. Mal spielte sie magersüchtige Jugendliche wie in der Fernsehserie „Bloch“, mal spielte sie eine Suizidgefährdete. Freunde und Weggefährten berichten, dass sich diese Extreme auch im Leben der Frau widerspiegelten.

Die 1985 in Ostberlin geborene Tochter einer Alleinerziehenden habe unter Selbstzweifeln gelitten, sei oft aufgekratzt und unruhig gewesen, verletzlich. Im November 2005 zündet sie Mitten in der Nacht das Dach eines Berliner Kindergartens an, aus „privater und beruflicher Frustration“, wie sie später der Polizei erklärt. Das Land Berlin besteht darauf, dass sie den nicht versicherten Schaden in Höhe von 300.000 Euro selbst zahlen muss, jedes Jahr fallen Zinsen in Höhe von 20.000 Euro an. Die Gagen gehen fast komplett für die Tilgung der Schulden drauf.

Doch die Filmkarriere verläuft steil. Kwiatkowsky räumt Preise ab, wird etwa für den TV-Film „Liebe Amelie“ auf dem Filmfest München als beste Nachwuchs-Schauspielerin geehrt. Und flüchtet sich in die Drogensucht. Zeit Online zitiert einen Kritiker ihres ersten Films: Kwiatkowsky verkörpere die Rolle „mit so beänstigender Intensität, dass man beim Zusehen Angst um dieses Mädchen bekam und vergaß, dass alles nur gespielt und nicht gelebt war.“