Lebensversicherungsreformgesetz: Ist die ursprünglich geplante Pflicht zur Provisionsoffenlegung vom Tisch? Nach Ansicht des Bundes der Versicherten (BDV) hat die Große Koalition heimlich Änderungen am Gesetzesvorhaben zur Lebensversicherung vorgenommen, ohne zuvor die Sachverständigen zu informieren. „Die Große Koalition verfolgt offensichtlich das Ziel, eine fachliche Auseinandersetzung zu vereiteln“, kommentiert Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV, das aktuelle Gesetzgebungsverfahren.
Aktuell diskutieren die Regierungsparteien über ein neues Lebensversicherungs- Reformgesetz (LVRG), zur Debatte steht unter anderem eine Offenlegungspflicht für Abschlussprovisionen. Neben Branchenvertretern sollen auch Verbraucherverbände und Sachverständige hierbei einbezogen werden. Doch das passiert nicht zum Wohlgefallen aller: der Bund der Versicherten (BdV), Deutschlands größte Verbraucherorganisation in Sachen Versicherung, kritisiert das Prozedere in einer aktuellen Pressemitteilung scharf.
Gesetzesänderungen offenbar beschlossen – ohne Einbeziehung der Sachverständigen
Eine heutige Sitzung des Rechtsausschusses habe bestätigt, dass die Große Koalition entscheidende Änderungen im laufenden Gesetzesvorhaben zur Lebensversicherung längst entschieden habe, klagt der Verband. Dies sei heimlich geschehen und ohne die Sachverständigen zu informieren, obwohl die Versicherungsexperten erst am Montag über das Gesetz diskutiert haben. Über die alte Variante freilich, welche nun anscheinend nicht mehr gültig ist.
„Hätten wir von den neuen Plänen bereits in der Anhörung gewusst, dann hätten wir die Abgeordneten vor den großen Fehlern des neuen Entwurfs warnen können“, so Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. Mit den Änderungen werde die Ausweisung von Kosten und Provisionen bei Lebens-, Renten- und Riesterverträgen noch intransparenter. „Es ist ein Skandal, die Sachverständigen über ein längst überholtes Gesetz diskutieren zu lassen“, empört sich der Versicherungsmathematiker.
Nun scheinbar doch keine Offenlegung der Provisionen
Was aber erzürnt Kleinlein so, dass er sogar von einem Skandal spricht? Anscheinend wurde die ursprünglich geplante Offenlegung von Provisionen bei Altersvorsorgeprodukten heimlich gekippt. Noch während am Montag die Anhörung der Sachverständigen lief, habe der Branchendienst „Versicherungsmonitor“ die Neuigkeit verbreitet, dass es keine Provisionsoffenlegung geben werde. Geplant war ursprünglich, neben den Abschluss- auch die die Bestandsprovisionen auszuweisen.
Es ist dem scharfen Ton der Pressemeldung anzumerken, dass sich Kleinlein hintergangen fühlt. Der BdV hatte sich von Beginn an für strengere Offenlegungspflichten stark gemacht. „Nur wer erkennen kann, bei welchem Vertrag der Vermittler besonders viel Geld verdient, kann die Empfehlung des Vermittlers richtig einschätzen“, heißt es hierzu in einer Stellungnahme.
Hingegen hatte eine Allianz aus dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV), Vermittlerverbänden und Gewerkschaften vor einer Offenlegungspflicht gewarnt. Diese gehe an bedarfsgerechter Beratung vorbei, weil sie Kunden zu falschen Schlussfolgerungen verleite – Verbraucher könnten bei der Produktauswahl einseitig den Blick auf die Provisionshöhe richten. Zudem werde die Provision aktuell schon im Rahmen der Abschlusskosten ausgewiesen, was sich bewährt habe.
Noch mehr Intransparenz bei Altersvorsorge-Produkten?
Doch nicht nur auf eine vollständige Offenlegung der Provisionen soll im neuen Lebensversicherungsreformgesetz verzichtet werden, wie Kleinlein berichtet. Zudem sei angedacht, mit einer besonderen „Renditekennziffer“ auch noch die einkalkulierten Verwaltungskosten zu verschleiern. „Diese Kostenangabe kann so sehr einfach zum Schaden der Kunden manipuliert werden“, erklärt der Versicherungsmathematiker. „Der Falsch- und Fehlberatung wird durch die neuen Pläne Tür und Tor geöffnet“.
Bringt also ein Gesetz noch mehr Intransparenz, das dem Verbraucherschutz dienen sollte? Damit wäre das ursprüngliche Anliegen konterkariert. Axel Kleinlein klagt, die Fristen für Stellungnahmen seien im gesamten Gesetzgebungsverfahren perfide kurz gewesen. „Die große Koalition verfolgt offensichtlich das Ziel, eine fachliche Auseinandersetzung zu vereiteln.“
Der BdV hofft nun auf Widerstand aus den Bundesländern, schließlich muss das Gesetzesvorhaben noch vom Bundesrat abgesegnet werden. Auch die geplante Kürzung der Bewertungsreserven ist dem Verband ein Dorn im Auge. Er empfiehlt Verbrauchern, die aktuelle Onlinepetition gegen die Streichung der Bewertungsreserven zu unterschreiben.