Eine Chips-und Burger-Steuer gegen Kalorienbomben wie Kartoffelchips, Fast Food oder andere Süßigkeiten fordern die deutschen Diabetes-Verbände. Der Grund ist die stark ansteigende Zahl an Zuckerkranken, die durch eine ungesunde Ernährung begünstigt wird. Mit bitteren Konsequenzen: jedes Jahr werden rund 40.000 Diabetikern in Deutschland die Gliedmaßen amputiert.
Während sich die einen auf dem Fußballplatz abrackern, greifen die anderen in die Chipstüte. Kartoffelchips, Salzstangen und andere Knabbereien gehörten bei der Weltmeisterschaft in Brasilien für viele Fans zum Fernsehabend. Und auch so mancher Sponsor des Turniers war nicht gerade geeignet, die gesunde Lebensweise zu fördern. Ob Coca Cola oder McDonalds: die Marken tragen mit ihren Produkten dazu bei, dass der Bauch von so manchem Bundesbürger selbst die Form eines Fußballs annimmt.
Rund 6 Millionen Zuckerkranke in Deutschland
Diese Ernährungsgewohnheiten sind den deutschen Diabetes-Verbänden ein Dorn im Auge: Sie haben von der Politik erneut höhere Steuern auf ungesunde Lebensmittel gefordert, wie die Ärztezeitung berichtet. Rund 6 Millionen Menschen seien in Deutschland bereits an Diabetes erkrankt, warnte die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DGG) am Dienstag in Berlin. Und es werden immer mehr - Allein zwischen 1998 und 2011 habe die Zahl der Erkrankten um 38 Prozent zugenommen. Zucker- und fettreiches Essen gilt als wichtiger Risikofaktor für Diabetes.
Wie also gegensteuern? Ein sinnvoller Weg könnte der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf besonders kalorienreiche und ballaststoffarme Produkte sein, sagte DGG-Geschäftsführer Dietrich Garlichs. Als Ausgleich zu einer Zucker- und Fettsteuer könne man gesundes Essen wie Obst oder Gemüse geringer besteuern. Für die Mehrheit der Lebensmittel gilt derzeit ein reduzierter Steuersatz von 7 Prozent.
"Diabetes gehört zu den Erkrankungen, deren Häufigkeit auf der ganzen Welt im Zuge einer längeren Lebenserwartung und eines wachsenden Wohlstands zunimmt", erklärte Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes des forschenden Pharmaunternehmen (vfa), die den Vorstoß ebenfalls unterstützt. In Deutschland sei keinesfalls alles getan, was zur Eindämmung der Krankheit möglich wäre, so Fischer.
Appelle für gesunde Ernährung verpuffen ungehört
Als Vorbild für eine Fett- und Zuckersteuer nennt die DGG die Besteuerung von Alcopops und Zigaretten. Speziell bei Jugendlichen zeigte die Alcopop-Steuer schnell Erfolge. Ein Drittel der 12- bis 17jährigen verzichtet heute komplett auf die alkoholhaltigen Limonaden, viele trinken weniger. Und auch der Tabakkonsum ging bei Jugendlichen in den letzten Jahren zurück, wie aus Daten des Gesundheitsministeriums hervorgeht.
Reine Appelle an eine gesündere Ernährung zeigen hingegen wenig Wirkung. Laut einer internationalen Studie, die 2014 im Fachblatt „Lancet“ vorgestellt wurde, haben 64 Prozent der Männer und 49 Prozent der Frauen in Deutschland Übergewicht. Eine Erhebung freilich, die umstritten ist: als übergewichtig wird jede Person eingestuft, die einen Mass Body Index (MBI) von mehr als 25 hat. Viele Menschen fühlen sich trotz der Pfunde wohl und führen ein gesundes Leben.
Jährlich rund 40.000 Amputationen wegen Zuckerkrankheit
Dass eine Diabetes-Erkrankung sowohl die Patienten als auch das Gesundheitssystem belastet, zeigen die persönlichen wie finanziellen Auswirkungen. 40.000 Amputationen jährlich, 2000 Erblindungen und 2300 neu Dialysepflichtige seien Folge der Volkskrankheit. Die Kosten für das Gesundheitssystem schätzen Experten auf 40 Milliarden Euro pro Jahr. Ärgerliche Zahlen, wenn man bedenkt, dass eine gesündere Ernährung die Zahl der Betroffenen deutlich reduzieren könnte.
Auch die Politik ist alarmiert. Über ein Präventionsgesetz will die Bundesregierung nach der Sommerpause beraten, unter anderem soll mehr Geld in Prävention und Aufklärung fließen. Die Gesundheitsexperten Edgar Franke (SPD) und Erwin Rüddel (CDU) hatten bereits Ende 2013 eine höhere Steuer auf fettreiches Essen gefordert. Vorbild könnte Mexiko sein, wo Burger und Co. mit acht Prozent mehr besteuert werden.