Deutsche Bank wegen Libor-Skandal im Visier der BaFin

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Libor-Skandal: Wusste Deutsche Bank-Chef Anshu Jain bereits ab 2008 von einer Manipulation des Liborzinses? Einem entsprechenden Verdacht geht aktuell die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach, die mit der Aufklärung des Skandals bei der Deutschen Bank bisher unzufrieden ist.

Es läuft derzeit nicht gut für die Deutsche Bank. Nach enttäuschenden Zahlen im letzten Jahr und Streitigkeiten mit der US-Regierung will nun auch die Finanzaufsicht BaFin ihre Ermittlungen um manipulierte LIBOR-Zinssätze verschärfen. Der gesamte erweiterte Vorstand der Deutschen Bank sowie weitere Führungskräfte sollen durchleuchtet werden, um zu klären, in welchem Umfang Manager von der Manipulation des Libor-Zinses wussten. Dies berichtet der Spiegel (Montag) in seiner aktuellen Ausgabe.

Wann wusste Anshu Jain von Manipulationen?

Das Hamburger Nachrichtenmagazin beruft sich auf einen aktuellen Auftrag, den die BaFin an die Wirtschaftsprüfung Ernst & Young übersandt hat, welche die Verstrickungen der Deutschen Bank untersuchen soll. Demnach sei immer noch nicht ausreichend geklärt, wann Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain erstmals von möglichen Libor-Manipulationen erfahren habe. Es bestehe der Verdacht, dass Jain weit früher von den Vorwürfen wusste, als er bisher zugeben wollte. Jain führte bis 2012 das Investmentbanking, in dem die Manipulationen passierten.

Als brisant entpuppt sich hierbei, dass Englands Zentralbank Bank of England eine mögliche Libor-Manipulation bereits im Jahr 2008 diskutiert habe. Auch der damalige Investmentbank-Chef Jain sei am 10. Juni des Jahres vorgeladen worden. Seine Mitarbeiter hätten ihn auf mögliche Fragen zum Libor vorbereitet, heißt es in dem Bericht. Letztendlich seien bei dem Treffen aber andere Themen diskutiert worden.

Ein weiterer Umstand stimmt die BaFin skeptisch. Im Jahr 2012 ließ die Deutsche Bank offenbar entgegen der Anweisung der Rechtsabteilung digitale Tonbänder zerstören, die eine Verstrickung in den Libor-Skandal belegen könnten. Die BaFin gehe nun der Frage nach, wann das Management von der Vernichtung der Bänder wusste, schreibt der Spiegel. Darüber hinaus seien bisher unverständlicherweise mehrere elektronische Kommunikationssysteme nicht untersucht worden, wie die Finanzaufsicht in dem Papier kritisiere. Dies gelte es nun nachzuholen.

Weder Deutsche Bank noch Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wollten den Spiegel-Bericht kommentieren. Ein Sprecher des Geldhauses wies lediglich darauf hin, dass die Bank mit verschiedenen Behörden in den USA und Europa bei der Aufklärung kooperiere. "Nach aktuellem Stand der Untersuchungen war kein amtierendes oder früheres Mitglied des Vorstands in irgendeiner unangemessenen Weise in die untersuchten Vorgänge um Referenz-Zinssätze verwickelt", erklärte ein Deutsche Bank-Sprecher.

Über Jahre hinweg Libor-Zinssatz manipuliert

Der täglich ermittelte Libor zeigt an, zu welchen Geldsätzen sich Banken untereinander Geld leihen. Er wird seit den 80er Jahren jeden Vormittag in London von der British Bankers Association (BBA) bekannt gegeben und für zehn Währungen ermittelt, zu denen auch der Dollar und der Euro gehören. Als Referenzpunkt dient der Libor für viele Finanzgeschäfte weltweit. Er bestimmt unter anderem mit, zu welchen Zinsen Unternehmen und Häuslebauer Kredite von ihren Banken erhalten.

Bis zu 18 Banken melden den Zins, doch kontrolliert werden ihre Zahlen kaum. Die Angaben erfolgen auf Vertrauensbasis. Im Juni 2012 war bekannt geworden, dass ein Dutzend Großbanken über Jahre hinweg internationale Zinssätze zu ihrem eigenen Vorteil manipuliert haben.

Erst vor wenigen Tagen hatte sich die britische Bank Lloyds mit den Aufsichtsbehörden in den USA und in Großbritannien in einem Vergleich auf die Zahlung von 218 Millionen Pfund geeinigt. Loyds ist das elfte Geldhaus, welches eine Strafzahlung aufgrund des Libor-Skandals akzeptiert. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Vorteile aus der Manipulation teils höher gewesen seien und die Strafen kaum eine abschreckende Wirkung für die Zukunft entfalten würden. Schon 0,01 Prozent Abweichungen im Zinssatz bedeuten Unregelmäßigkeiten im Wert von rund 68 Millionen Euro.