Kfz-Versicherung: Mit 24 Mrd. Euro gebuchter Bruttoprämie im Jahr 2014 (ca. 40 Prozent der Gesamtprämie) ist die Kfz-Versicherung die mit Abstand bedeutendste Schaden/Unfall-Einzelsparte in Deutschland. Gerade beim Decken der laufenden Kosten, stellt sie für Versicherer eine der wichtigsten Komponenten dar. Umso entscheidender ist es daher, dass die Unternehmen die aufkeimenden Megatrends der Branche nicht verschlafen, wie der aktuelle PwC Insurance Monitor indiziert.
Der Markt für Kfz-Versicherungen wird sich bis 2030 maßgeblich verändern. Zu diesem Ergebnis kommen die Analysten von PwC, die in ihrer aktuellen Studie „Sein oder nicht sein“ 18 Monate lang über 100 Fachgespräche mit Vorständen, Geschäftsführern, Experten von Versicherern, Rückversicherern, Autobauern, Leasinggesellschaften und weiterer Kfz-Dienstleistungsunternehmen geführt haben.
Vier Megatrends könnten sich laut der Studie in den nächsten Jahren verändernd auf die Branche auswirken: Neue Vergleichsportale und Digitalisierung, neue Angebote der Autobauer, der technische Fortschritt im Kfz-Bereich sowie die Mobilitätsangebote der Zukunft, deren Vorboten wie Carsharing oder Fernbusse heute schon zu sehen sind.
Paradigmenwechsel im Kfz-Privatkundengeschäft
„Der Kfz-Versicherungsmarkt wird im Jahr 2014 aller Voraussicht nach seit vielen Jahren erstmals wieder profitabel sein. Das sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Anbieter vor immensen Herausforderungen stehen: Die Versicherer werden kaum in der Lage sein, das Privatkundengeschäft in der Kraftfahrt auch noch in zehn Jahren „klassisch“ mit mobilen Vertrieben, traditionellen Produkten und heutigen Prozessen wirtschaftlich vernünftig zu betreiben. Vielmehr steht in der Kfz-Versicherung ein Paradigmenwechsel ins Haus: Im Jahr 2030 werden Produkte, Vertrieb und Organisation der Unternehmen erheblich anders aussehen, als wir das heute kennen“, sagt Hendrik C. Jahn, Leiter der PwC-Versicherungsberatung.
Weitreichende Entwicklungen auf dem deutschen Markt seien bis 2030 u.a, dass der PKW-Bestand von ca. 43 Millionen Fahrzeugen sich nicht maßgeblich erhöhen werde, dass moderne Fahrerassistenz-Systeme den Schadenbedarf nachhaltig senken werden, dass der Anteil von Flottenfahrzeugen im Vergleich zu Privatfahrzeugen enorm steigen werde und, dass das heutige Prämienvolumen von 24 Milliarden Euro im Extremszenario um bis zu 40 Prozent abschmelzen könnte.
Als großen Verlierer sehen alle von PwC entwickelten Szenarien den Vertriebskanal der Ausschließlichkeitsagenten. Für die Makler werde der Markt in der Kfz-Versicherung deutlich enger werden.
In der Neuausrichtung des Vertriebs herrscht Handlungsbedarf
„Soweit Versicherer nicht heute schon auf Direkt- und Partnergeschäft, wie etwa über Autobauer, Banken, Retail etc. eingestellt sind, besteht dringender Handlungsbedarf bei der Neuausrichtung der Vertriebe“, sagt PwC-Experte Jörg Wälder.
Aber auch den Produkt- und Leistungsbereichen der Versicherer stünden drastische Veränderungen bevor, vor allem mit Blick auf Produktentwicklung, Verwaltung und Schaden. Hochautomatisierte Prozesse bei maximaler Kosten-Effizienz seien Pflicht, Benchmark die besten der Direktversicherer. Dies werde nicht ohne Folgen auch für die Belegschaften bleiben. Der unvermeidliche Umbau solle daher im Interesse der Mitarbeiter so früh wie möglich vorangetrieben werden.
Die von PwC herausgearbeiteten Szenarien zeigen aber auch, dass die Marktentwicklungen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen bieten für innovative Versicherer, die bereit seien sich schonungslos mit den Trends auseinanderzusetzen. Dazu gehören auch neue Anbieter, die im Bereich Digitalisierung, Vernetzung der Systeme unterschiedlicher Industrien sowie im Handling/Matching großer Datenmengen mehr Erfahrung haben als traditionelle Versicherer.