Lebensversicherung - Sinkt der Garantiezins weiter?

Quelle: Alondav@Pixabay.com

Lebensversicherung: Zum Jahreswechsel 2015 ist der Garantiezins von 1,75 auf 1,25 Prozent abgesunken. Müssen Versicherungskunden schon bald eine weitere Senkung des Garantiezinses verkraften? Wenn sich in naher Zukunft die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) trifft, um über den Höchstrechnungszins zu beraten, könnte diese Frage im Mittelpunkt stehen.

Voller Bangen schaut die Versicherungsbranche in den nächsten Wochen nach Köln, wo die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) ihren Sitz hat. Bei mageren 1,25 Prozent liegt aktuell der Garantiezins für Neuverträge in der klassischen Lebensversicherung, also die garantierte Rendite auf den Sparanteil einer Police. Doch der Garantiezins könnte zukünftig weiter sinken, die Lebensversicherung für Sparer noch unattraktiver werden.

Ob es dazu kommt, haben auch die Aktuare in der Hand. Ihre Empfehlung ist ein wichtiger Maßstab für die Bundesregierung, in welcher Höhe sie den Höchstrechnungszins gesetzlich festlegt. Grundlage hierfür sind freilich keine willkürlichen Aussagen, sondern Berechnungen zu Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit. Zeichnet sich ab, dass die Anbieter langfristig Probleme bekommen ihre Zusagen an die Kunden zu bedienen, muss der Garantiezins gesenkt werden.

Keine Entwarnung auf den Märkten – sinkt der Garantiezins weiter?

Doch wann droht die nächste Garantiezins-Senkung? Laut Handelsblatt geben Versicherungsexperten für das kommende Jahr Entwarnung. „Nach der gerade erst zum 1.1.2015 erfolgten Absenkung, hat derzeit niemand Interesse, den Garantiezins sofort wieder zur Diskussion zu stellen“, sagt Reiner Will, Geschäftsführer der Ratingagentur Assekurata, dem Handelsblatt. Mit einer Änderung sei auf Basis der Berechnungsmethodik erst 2017/18 zu rechnen.

Das aktuelle Niedrigzinsumfeld dürfte allerdings in den kommenden Jahren anhalten, wie Elke König, Chefin der Deutschen Finanzaufsicht BaFin, warnt. Die anhaltende Zinsflaute macht es auch für Lebensversicherungen schwierig, ihr Geld am Kapitalmarkt anzulegen. Der Dachverband der Versicherer klagt, die Europäische Zentralbank habe die Märkte mit Geld geflutet. Staatsanleihen mit guter Bonität, in die deutsche Lebensversicherungen bevorzugt investieren, würden folglich kaum noch was abwerfen.

Zudem ächzen die Unternehmen unter hohen Zinsversprechen aus besseren Zeiten. Noch 1994 betrug der Garantiezins 4,0 Prozent – viele der Verträge müssen auch heute noch bedient werden. Das bringt nicht nur die Versicherungen unter Zugzwang. Neukunden müssen die hohen Zinsversprechen für Altkunden mit ihren Beiträgen mitfinanzieren. Dennoch sind Lebensversicherungen im Vergleich zum Sparbuch immer noch ein vergleichsweise attraktives Produkt. Die durchschnittliche Gesamtverzinsung des Sparanteils inklusive Überschuss wird 2015 bei 3,16 Prozent liegen, wie Assekurata berechnet hat.

Neuer Rendite-Bringer Verkehrsnetz?

In dieser schwierigen Situation könnte den Versicherungen indirekt der Staat zu Hilfe kommen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat im August 2014 ein Expertengremium einberufen, das prüfen soll, wie Versicherungen verstärkt in die marode Infrastruktur investieren können. Die Lösung: Sogenannte öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP), bei denen Bauprojekte zunächst von privaten Geldgebern finanziert werden, der Staat jedoch die Kosten mit deutlich höheren Zinsen zurückzahlen muss.

So könnten Lebensversicherungen oder Pensionsfonds ihr von Millionen Sparern eingesammeltes Kapital in das Schnellstraßennetz stecken. Die Zinsen wären hoch, das Ausfallrisiko gering. Allerdings hat die Sache einen Haken. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung hat ergeben, dass die Projekte aufgrund versteckter Kosten oft teurer seien, als wenn sie gleich von der öffentlichen Hand finanziert werden.

So sei etwa beim Ausbau der Autobahn A1 die ÖPP-Variante nicht wie vom Bundesverkehrsministerium angegeben um rund 40 Prozent günstiger gewesen als die konventionelle Finanzierung, sondern fast 28 Prozent teurer, heißt es in dem Gutachten. Im Zweifel subventioniert der Steuerzahler mit den Mehraufwendungen seine eigene Lebensversicherungs-Police. Dies wäre nicht das erste Mal. Auch als in der Finanzkrise der Steuerzahler für die Rettung maroder Banken und Staaten einspringen musste, profitierten davon viele Versicherungen.

Hintergrundinformationen: Die Höhe des Höchstrechnungszinses orientiert sich an der durchschnittlichen Umlaufrendite zehnjähriger Staatsanleihen in Deutschland. Dabei gilt, dass der Zinssatz maximal 60 Prozent dieser durchschnittlichen Rendite ausmachen darf. Letztlich wird der Zinssatz per Verordnung vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) festgelegt.