Wer bei dem Onlineportal fluege.de eine Reise buchen will, erlebt bei Abschluss des Zahlvorgangs mitunter eine böse Überraschung: Der Betrag ist höher als ursprünglich angegeben. Werden dem Kunden unrechtmäßig versteckte Kosten in Rechnung gestellt? Die Verbraucherzentralen wollen jetzt gegen Unister vorgehen - doch das Onlinehaus bestreitet dies.
“Reisen können, ist eine der schwierigsten Künste“, wusste einst der Historiker Walter Nissen – und empfahl, das Reisen hauptberuflich zu betreiben. Doch für viele Reisewillige beginnen die Schwierigkeiten bereits bei der Onlinebuchung des geplanten Trips. Der angeblich günstige Flug verteuert sich beim letzten Schritt der Buchung plötzlich unerwartet – weil das Reiseportal eine Servicepauschale oder Reiseversicherung in Rechnung stellt, die der Kunde eigentlich gar nicht abschließen wollte.
Klage gegen Unister vor dem Amtsgericht Leipzig?
Wegen derart fragwürdiger Methoden steht derzeit das Onlineportal fluege.de am Pranger, das zur Leipziger Unister-Gruppe gehört. Wie Welt Online berichtet, wollen die Verbraucherzentralen Klage gegen Unister vor dem Landgericht Leipzig einreichen. „Ein Anwalt ist bereits mandatiert, die Klageschrift wird vorbereitet“, sagt Kerstin Hoppe vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) dem Blatt.
Die Verbraucherschützer werfen dem Onlineportal u.a. vor, Kunden bei der Vermittlung von Reiseversicherungen in die Irre zu führen. Zwar sei der Abschluss einer Zusatzversicherung nicht mehr voreingestellt, wie dies bis 2011 der Fall gewesen sei. Wer damals über das Portal eine Reise buchte, habe oft ungewollt eine Versicherung untergejubelt bekommen und dies erst bemerkt, wenn mehr Geld als erwartet abgebucht wurde.
Nach einem Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs ist diese Praxis seit 2011 verboten. Kunden müssen nun aktiv bei einer Reisebuchung per „Opt-in-Verfahren“ wählen, dass sie auch tatsächlich eine zusätzliche Versicherung abschließen wollen. Doch Unister habe mittlerweile eine neue Unschärfe eingeführt. Wählt man keine Reiseversicherung, so öffnet sich ein Fenster, bei dem die Leistungen einer derartigen Police aufgelistet sind. Unter dem Punkt „Absicherung gegen Gepäckverlust“ ist „kein Reiseschutz“ vermerkt, sollte die Versicherung nicht abgeschlossen werden.
Soll damit dem Kunden suggeriert werden, während des Fluges bestehe kein Versicherungsschutz für das mitgeführte Gepäck? Diese Aussage wäre falsch. “Die Fluggesellschaften haften nach dem Montrealer Abkommen ohnehin für beschädigtes, zerstörtes oder verloren gegangenes Gepäck bis zu einer Höhe von rund 1.300 Euro – ganz unabhängig von einer Gepäckversicherung des Passagiers“, erklärt Carola Scheffler vom Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft. Ein fluege.de-Sprecher verteidigt sich: Keineswegs wolle man „die Existenz dieser Grundsicherung durch die Airlines anzweifeln“.
“Wir sehen das als Wettbewerbsverstoß an“, argumentiert hingegen Verbraucherschützerin Kerstin Hoppe. Sie habe Unister wegen ihrer Präsentation der Reiseversicherung abgemahnt. Ob das Vorgehen des Anbieters tatsächlich rechtswidrig ist, darüber muss nun das Gericht entscheiden.
Auseinandersetzung um Service-Fee und Umgang mit Kreditkarten
Nicht nur der Umgang mit Versicherungspolicen wird die Richter beschäftigen. Zudem steht Unister in Verdacht, ungerechtfertigte Gebühren für Zahlungsmittel zu berechnen, wenn Kunden eine Reise online buchen. Laut "Welt Online" wird der Kunde kurz vor Abschluss des Vorgangs gefragt, ob er für die Bezahlung eine „fluege.de Mastercard Gold“, eine „Mastercard“ oder eine „Visa“-Karte nutzen wolle. Wählt der Kunde eine andere Option als die voreingestellte „fluege.de Mastercard“, so werde ihm schlagartig eine Servicepauschale von 49,98 Euro draufgeschlagen.
Diese Pauschale könnte gegen das Gesetz verstoßen. Fakt ist: Die Berechnung eines Entgeltes für bestimmte Zahlungsmittel gilt als unwirksam, wenn
- 1.) für den Verbraucher keine gängige und unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung steht oder
- 2.) das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmen durch Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.
Unister weiß von einer Abmahnung nichts
Bei Unister sorgen die Anschuldigungen für Verwunderung. "Wir haben entgegen der Ankündigung der Welt am Sonntag bislang keine Abmahnung der Verbraucherzentrale erhalten" teilte ein Unternehmenssprecher gegenüber Versicherungsbote mit. "Wir können auch keinen Grund für eine solche Maßnahme erkennen, denn die in früheren Jahren geltend gemachten Vorwürfe der Verbraucherzentrale haben längst Einfluss in die Optimierung unserer Buchungstechnik gefunden. Wir sind sehr sicher, die umfänglichen gesetzlichen Vorschriften, die in Ihrem Text treffend zitiert sind, zu erfüllen."