Rente: Am 1. Juli 2014 hat die Regierung unter der Federführung von Arbeits- und Sozialministerin die Rente mit 63 eingeführt. Das politisch umstrittene Gesetz ist bisher in der Bevölkerung gut angekommen: Laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung hat sie zu einem Antragsboom bei den Rentenversicherungen geführt.
Insgesamt 1,63 Millionen neue Rentenanträge gingen im Jahr 2014 ein. Das seien laut den aktuellen Zahlen der Rentenversicherung 229.120 oder 16,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Seit 2004 sei die Zahl der Rentenneuanträge nicht mehr so hoch gewesen. Maßgeblich daran beteiligt: Die neue abschlagsfreie Rente mit 63.
Rentenreform: 206.000 Anträge im Jahr 2014
Das Rentenpaket, initiiert von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), wollten nach seiner Einführung am 1. Juli 2014 insgesamt 206.000 Bürger in Anspruch nehmen. Es gilt für all jene Arbeitnehmer, die insgesamt 45 Jahre Beitragsjahre in der Rentenversicherung vorweisen können und wird aus der Rentenkasse finanziert.
Es sollen laut Regierung diejenigen bedacht werden, die ihr Arbeitsleben bereits früh begonnen haben und die über Jahrzehnte hinweg durch abhängige Arbeit, selbstständige Tätigkeit, Pflegearbeit oder Kindererziehung einen Beitrag zum Erhalt der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Diese Personen können statt mit 67 schon mit 63 in Rente gehen, ohne mit den üblichen Abschlägen belastet zu werden.
Kritik: Umverteilung von unten nach oben?
Kritik an dem Gesetz äußerte unter anderem der Freiburger Ökonom und Wirtschaftsweise Lars Feld. Es könnte seiner Meinung nach zu einer Umverteilung von unten nach oben kommen: „Wegen der Kosten der Frühverrentung werden künftige Rentensteigerungen niedriger ausfallen“, sagte Feld der „F.A.S.“. Diese Umverteilung werde insbesondere die Bezieher kleiner Renten betreffen. „Die zahlen so für den Ruhestand gut verdienender Facharbeiter“, so Feld weiter.
Auch vielen Unternehmen kommt die Rente mit 63 ungelegen. Sie verlieren wichtige und leistungskräftige Fachkräfte mit viel Know-How, die so schnell nicht zu ersetzen sind. Die Sparkasse Offenburg muss beispielsweise in den nächsten rund 10 Prozent ihrer Mitarbeiter ersetzen. „Die Wirtschaft ist von der Rente mit 63 völlig überrumpelt worden, sagt deren Vorstandschef Helmut Becker der Stuttgarter Zeitung. „Dieser Schritt kam ohne vorige Ankündigung“. Die Unternehmen hätten einige Jahre Vorlauf benötigt, um sich auf die Änderungen einstellen zu können. Nun müsse die Sparkasse versuchen, die Lücken zu schließen. Doch das bereite Probleme. „Ich kann die Leute ja nicht aus dem Hut zaubern“, so Becker.
Die Kosten der Rentenreform betragen 9 bis 11 Milliarden Euro pro Jahr. Mit den geburtenstarken Jahrgängen erreichen bis zum Jahr 2029 etwa 20 Millionen Menschen das Rentenalter. Von den 45- bis 60-Jährigen wollen nur 28 Prozent bis zum gesetzlichen Rentenalter voll erwerbstätig bleiben. 26 Prozent wollen vor der Rente nur noch in Teilzeit arbeiten.