Kapitallebensversicherungen als Altersvorsorge und Risikoabsicherung der Familien: Das gegenwärtig beliebteste Modell der Deutschen gilt unter Verbraucherschützern als reiner Nepp. „Bloß nicht!“ ist der einhellige Rat. Denn Kapital-Lebensversicherungen rentieren sich eigentlich nie, außer man verstirbt unmittelbar nach Vertragsabschluss.
Problematisch sind die hohen versteckten Kosten bei sehr geringen Erträgen. Bedenklich sind auch die langen Laufzeiten der Verträge. „Wir raten Ihnen dringend: Schließen Sie keine Kapitallebens- oder private Rentenversicherung ab. Sie gehören zu den schlechtesten Produkten für die Altersvorsorge. Millionen Verbraucher haben damit schon Milliarden von Euro verloren. Gegen die Verluste bei Lebens- und Rentenversicherungen sind die Pleiten auf dem „Grauen Kapitalmarkt” beinahe harmlos“ - so schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg auf ihrer Homepage. Kapitallebensversicherungen gehören demnach zu den "schlechtesten Produkten für die Altersvorsorge“. Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg resümiert: „Bloß nicht!“
Rendite nur nach sofortigem Tod
„Finger weg!“, empfiehlt auch der Chef des Bundes der Versicherten (BdV), Axel Kleinlein. Wenn es um Kapital-Lebensversicherungen geht, gerät Kleinlein außer sich. Denn: „Kapital-Lebensversicherungen sind legaler Betrug. Sie rentieren sich eigentlich nie; außer, man stirbt sofort nach Vertragsabschluss“.
Versteckte Kosten oft zu hoch
Der einhelligen Ablehnung der Verbraucherschützer liegen mehrere Faktoren zugrunde: Frau Becker-Eiselen stößt sich besonders an den hohen versteckten Kosten. Der Garantiezins beispielsweise bezieht sich allein auf den Sparanteil der eingezahlten Beträge - der Rest geht de facto für die Verwaltungskosten der Versicherungen sowie für die Risiko - Absicherung im Todesfall drauf. Im Ergebnis beträgt der Sparanteil darum nur etwa 70 bis 80 Prozent der eingezahlten Beiträge. Anfang 2015 fiel der gesetzliche Garantiezins auf nur noch 1,25 Prozent. Die ohnehin schmale Verzinsung - auf den Sparanteil umgelegt - reduziert den Garantiezins damit also noch weiter.
Unverbindlich und unsicher
Ein weiteres Manko stellen die beworbenen Überschüsse dar: „Sie sind eine unverbindliche Prognose und keineswegs sicher“, warnt der BdV. Gesetzt dem Fall, der Zinsnotstand an den Kapitalmärkten hält noch ein paar Jahre an, lässt sich schon heute voraussagen, dass die avisierten Überschüsse verdunsten.
„Die Absicherung im Todesfall ist bei Kapitallebensversicherungen außerdem viel zu gering“, kritisiert Becker-Eiselen. Die Kombination von Altersvorsorge und Risikoabsicherung in einem Produkt birgt das Risiko viel zu hoher Prämien – der Anteil der Absicherung die den Hinterbliebenen im Todesfall übrig bleibt, fällt in der Praxis damit häufig viel zu gering aus.
Lange Vertragslaufzeit
Auch die langen Vertragslaufzeiten von oft 20 bis 30 Jahren missfallen den Verbraucherschützern. Diese Laufzeiten passen einfach nicht zu den modernen Biografien der Versicherten. „Das passt einfach nicht mehr zu den heutigen Lebensläufen“, meint Becker-Eiselen, denn Ehescheidungen, Arbeitslosigkeit oder andere unvorhergesehene Lebenseinschnitte sind weit verbreitet und sollten von Versicherern berücksichtigt werden.
Vertrag nicht vorzeitig kündigen
Hat man sich dennoch für den Abschluss einer Kapital-Lebensversicherung entschieden, sollte man alles versuchen, um diesen Vertrag bis zum Ende durchzustehen. Denn wer sein Vermögen in einer Kapitallebensversicherung untergebracht hat, kommt im Notfall nur mit erheblichen Verlusten an sein Geld. Das gilt vor allem für eine Kündigung während der Anfangsjahre. Nach Angaben der Verbraucherschützer werden drei von vier Kapitallebensversicherungen noch vor Vertragsende gekündigt. Aber Kapitallebensversicherungen rechnen sich nur, wenn sie bis zum Schluss durchgehalten werden. Kündigt man seinen Vertrag vor Laufzeitende, verliert man den größten Teil des investierten Geldes. Von einer vorzeitigen Kündigung im Falle eines Liquiditätsengpasses ist deshalb dringend abzuraten. „Der Vertrag sollte, wenn es irgendwie geht, bis zum Ende der Laufzeit durchgehalten werden“, rät Becker-Eiselen.
Unbedingt professionellen Rat einholen
Sollte man trotz aller Warnungen mit dem verfrühten Austritt aus seiner Versicherung liebäugeln, sollte man sich in jedem Fall zuvor professionell beraten lassen. Hilfreich ist der Rat des Steuerberaters. Aber auch der BdV kann ermitteln und vorhersagen, was eine Kündigung kostet, sprich, was trotz aller Verluste übrig bleibt.
Es läuft derzeit nicht gut für die Kunden
Eine weitere Möglichkeit, beim Austritt aus der Versicherung die Verluste ein wenig einzudämmen, stellt der Verkauf der Versicherung an spezialisierte Unternehmen wie „Cash Life“ dar. Diese Unternehmen zahlen oft etwas mehr für das Versicherungsprodukt als die Versicherung. Doch ist die Verbraucherzentrale Hamburg auch hier skeptisch. Derzeit laufe der Markt für die Kunden nicht gut, so Becker-Eiselen. Einerseits gäbe es in diesem Marktsegment zu viele schwarze Schafe, andererseits knüpften die Aufkäufer den Erwerb von „gebrauchten Policen“ an strikte Bedingungen, was schnell zum Stolperstein werden könnte. Darum muss der Verbraucher, so ihm sein Geld wichtig ist, hier unbedingt darauf achten, sich an seriöse Unternehmen zu wenden. Als seriöse Ankäufer gelten alle Mitglieder des „Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen“. (www.bvzl.de)
Aber, es ist nicht alles schlecht
Wenn der Versicherte nicht stirbt und das Vertragsende erlebt, zahlt ihm die Versicherung statt der Summe für den Todesfallschutz eine Altersrente aus. Die Kapitallebensversicherung diene also einerseits der Vorsorge für das Alter und andererseits der finanziellen Versorgung der Familie bzw. Hinterbliebenen, gibt man auf Rente.com zu bedenken. Auch würden bei der Kapitallebensversicherung die Hinterbliebenen finanziell abgesichert, falls der Versicherte sterben sollte. Im Todesfall würde den Angehörigen dann eine festgelegte Summe ausgezahlt. Weitere Argumente für den Abschluss einer solchen Versicherung werden auf der Webseite von Rente.com unter dem Stichwort "Pro und contra der Lebensversicherung" tabellarisch aufgelistet.
Schlau: Teilweise Kündigung
Etwas einfacher als ein kompletter Ausstieg ist eine teilweise Kündigung einzelner Bestandteile der Police, also beispielsweise die Kündigung einer Beitragsdynamik, einer gekoppelten Unfallversicherung oder eines Berufsunfähigkeitsschutzes (BU). Diese Elemente sind jeweils jährlich kündbar. Ohnehin sind diese Komponenten in einer Koppelpolice alles andere als gut aufgehoben. Denn kündigt man die Kapital-Lebensversicherung frühzeitig, verliert man damit gleichzeitig die BU. Im Ergebnis hat man also nicht nur den extremen Geldverlust bei einem frühzeitigen Vertragsaustritt zu beklagen sondern möglicherweise (je nach Alter) auch noch sehr hohe Kosten für den Wiedereintritt in eine alternative Berufsunfähigkeitsversicherung.
Unbedingt: Durchhalten!
Letztlich also rät es sich, eine laufende Kapital-Lebensversicherung, so es irgendwie möglich ist, bis zum Ende der Vertragszeit durchzuhalten. Eine Versicherung dieses Formats jetzt noch abzuschließen ist aus den genannten Gründen wenig ratsam und nach dem Wegfall der Steuervorteile im Jahr 2004 im Regelfall ohnehin alles andere als sinnvoll. Die Ausnahmen vom Regelfall sind: sofortiger Tod nach Vertragsabschluss oder die Bezuschussung durch den Arbeitgeber im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge. Um die Familie abzusichern ist es aber einfacher und preiswerter, eine Risiko-Lebensversicherung abzuschließen.
Alternativen zur Kapitallebensversicherung
Das Sparen fürs Alter sollte immer getrennt laufen von anderen Vermögensanlagen, argumentieren die Verbraucherschützer. Generell empfehlenswert bliebe, laut Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg, für Familien mit kleineren Einkommen und vielen Kindern der Abschluss eines Riester-Vertrags, der wegen der staatlichen Förderung nach wie vor sinnvoll ist. Daneben sind auch Banksparpläne weiterhin vertrauenswürdig und sicher. „Wer mehr Geld hat“, so die Verbraucherzentrale, „kann Fonds kaufen oder für eine Immobilie sparen.“ Ein Fondssparplan z.B. erfordert mehr Risikobereitschaft - verspricht aber oft auch eine höhere Rendite.