Kann der Versicherungsvertrieb vom japanischen Altersvorsorgemarkt lernen? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Austauschgesprächs des Assekuranz-Netzwerkes AMC Forum. Der Hintergrund: Bereits in den 90er Jahren brachen in Japan die Finanzmärkte ein – mit bitteren Konsequenzen für die Lebensversicherung.
Von der Krise lernen, heißt für die Zukunft lernen – so ließe sich eine Diskussionsrunde zusammenfassen, die zum Jahresanfang 2015 von AMC veranstaltet wurde. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob deutsche Lebensversicherer etwas vom japanischen Altersvorsorgemarkt lernen können.
Im Land der aufgehenden Sonne brachen die Aktienmärkte bereits um 1990 ein, eine deflationäre Abwärtsspirale war die Folge. Aktienkurse sanken, die Immobilienpreise stürzten ab, der Zins fiel auf einen historischen Tiefststand. Dies führte zu insgesamt acht Insolvenzen von japanischen Lebensversicherungen. Vergleiche zum deutschen Markt drängen sich auf: Auch hierzulande ächzen die Versicherungen unter dem Niedrigzins.
Investmentrisiko stärker auf Versicherungsnehmer übertragen
Ob der Versicherungsvertrieb sich etwas von japanischen Lösungen abschauen kann, wurde unter der Moderation von Prof. Dr. Heinrich R. Schradin von der Universität zu Köln nur verhalten beantwortet. Dr. Dirk Nieder, Vice President und Regional Chief Actuary der GenRe, berichtete in seinem Vortrag über Lösungsmodelle, mit denen japanische Versicherer der Situation Herr zu werden versuchten.
Unter anderem reagierten die Versicherer in Japan damit, im Neugeschäft verstärkt das Investmentrisiko auf die Versicherten zu übertragen. Der Fokus lag auf sogenannten Variable Annuities, also Rentengarantien, die über Derivate erzeugt werden. Auch profitable Produkte mit biometrischen Risiken boomten.
Im Vertrieb setzten sogenannte Insurance Shops neue Akzente – Ladenlokale an Orten mit hoher Passantenfrequenz, etwa in Einkaufsstraßen oder an Bahnhöfen. Nur kann man dort keine Mode oder Speisen kaufen, sondern eben Versicherungspolicen. Die Beratung ist für Kunden kostenlos und finanziert sich über Provisionen. Gerade bei jüngeren Kunden in den Metropolen erfreuen sich die Shops wachsender Beliebtheit. Seit 2008 versucht die Lifenet Insurance Company den Vertrieb übers Internet, hat aber bislang nur einen geringen Marktanteil erreicht.
Für die japanischen Versicherer haben effiziente Kostenstrukturen eine überragende Bedeutung erlangt, und zudem muss ausgezeichneter Service überzeugen. Eine aktive Kundenkommunikation ist gefordert, um Storno zu vermeiden.
Ob sich derartige Lösungen auch für den deutschen Markt anbieten, blieb auch in der Diskussion umstritten. Spezielle, für den japanischen Markt geeignete Produkte und die Transformation des Risikos in die Zukunft würden sich nur begrenzt zur Nachahmung empfehlen, so ein Fazit. Immerhin haben auch Versicherungen wie die Ergo damit begonnen, Rentenprodukte ohne Garantiezins einzuführen und damit das Zins-Risiko ebenfalls stärker auf den Kunden zu übertragen.