Arbeitsunfähigkeit und Invalidität, die durch Rückenschmerzen verursacht wurden, sind in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet - und sie ziehen hohe Kosten nach sich. Falls zu häufig auf kostenintensive Behandlungen zurückgeriffen werde, könnten vermehrt Beweise Voraussetzungen für die Erstattung durch Krankenversicherer sein. Das zeigt ein Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum technischen Fortschritt im Gesundheitswesen im Bundestag.
Rückenschmerzen sind mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden - im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen machen die indirekten Kosten nach internationalen Schätzungen mit ca. 85 Prozent den Großteil der Gesamtkosten aus. Diese entstehen vor allem durch Produktivitätsausfälle aufgrund von Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit, heißt es im Bericht. Im Jahr 2008 gingen den Angaben zufolge „172.000 Erwerbstätigkeitsjahre durch Arbeitsunfähigkeit sowie 75.000 durch Invalidität aufgrund von Rückenschmerzen verloren“.
In einer Befragung des Robert-Koch-Instituts (RKI) von 2009 gaben dem Bericht zufolge 20,7 Prozent der Befragten an, im zurückliegenden Jahr mindestens drei Monate oder länger unter anhaltenden Rückenschmerzen gelitten zu haben.
Medizinisch technischer Fortschritt als Kostenfaktor
Rund 15 Prozent der Kosten entfallen auf die medizinische Behandlung von Rückenschmerzen. Nach einer Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes zufolge wurden 2008 für die Behandlung von Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückens 9,04 Milliarden Euro ausgegeben, rund vier Prozent der direkten Kosten für alle Krankheiten.
Ein wichtiger Faktor bei der Kostenentwicklung sei unter anderem der medizinisch-technische Fortschritt. So werden Ursachen für Rückenschmerzen häufig mittels der Magnetresonanztomografie (MRT) ermittelt. Dies verursache einen Teil hoher Kosten. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass Physiotherapie bei Rückenschmerzen der erste Ansatz sein solle. Denn mittels des MRT und anderen bildgebenden Verfahren könnten zwar Veränderungen festgestellt werden, aber nicht unbedingt Erklärung der Ursache sein und zur Veränderung des Gesundheitszustandes beitragen, aber zu hohen Kosten führen. Rund 80 Prozent aller Rückenschmerzen sind unspezifisch, lassen sich also nicht auf eine bestimmte Ursache zurückführen. Dennoch profitierten Patienten, bei denen z. B. eine Krebserkrankung vorliegt, von der Gründlichkeit einer MRT.
Erstattung durch Krankenversicherer für Behandlung sollte stärker evidenzbasiert sein
Allerdings müssen die Auswirkungen des medizinisch technischen Fortschritts und die Entwicklung der Gesundheitsausgaben differenzierter betrachtet werden, heißt es. So seien die Gesundheitsausgaben in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur moderat gewachsen. Eine Kostenexplosion lasse sich nicht beobachten. Der Fortschritt sei auch nicht alleiniger Faktor für Kostensteigerungen. Die Alterung der Bevölkerung oder der Anstieg des Durchschnittseinkommens führten ebenso zu höheren Gesundheitsausgaben. Forschung und Entwicklung im Bereich Medizin und Technik sind von zentraler Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerun, wie auch für die Wertschöpfung und Beschäftigung. „Er sollte daher nicht allein unter Kostengesichtspunkten betrachtet werden“, so das Fazit.
Eine Versorgungsleitlinie zum Kreuzschmerz gebe klare Empfehlungen zum Einsatz der MRT. Sie rät ebenso von einer frühzeitigen Bildgebung, zudem auch von starker Medikation bei Rückenschmerzen ab. Die Anwendung der Leitlinie wäre in der Praxis bisher nicht ausreichend. Man müsse herausfinden, warum sie nicht verwendet wird. Bei einer kontinuierlichen und verbreiteten Nichtanwendung der Leitlinie könnten gar strengere evidenzbasierte Erstattungsbedingungen durch die Krankenversicherer in Erwägung gezogen werden, heißt es im Bericht.