Pflege: Die Bundesregierung will einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff noch in dieser Wahlperiode umsetzen, einschließlich eines verbesserten Begutachtungsverfahrens. Erste Studien eines Modellprojektes zur Erprobung dieses Verfahrens sollen Ende April vorliegen.
Im März drängte die Fraktion Die Linke im Bundestag auf Reformen für die Definition der Pflegebedürftigkeit und kritisierte, dass trotz des seit Jahren vorliegenden Konzepts noch immer die gesetzliche Grundlage fehle. Dazu nahm die Bundesregierung nun Stellung.
Pflegebedürftigkeitsbegriff: Studien zum Begutachtungsverfahren bis Ende April
Der Pflegebegriff muss dringend überarbeitet werden - diese Tatsache ist in der Fachwelt unbestritten, heißt es in der Regierungsantwort. Zur Vorbereitung auf einen neuen Pflegebegriff und ein entsprechendes Begutachtungsverfahren wurden im Frühjahr 2014 zwei Erprobungsstudien in Auftrag gegeben. Dazu wurde ein „Gemeinsames Begleitgremium für die beiden Modellprojekte zur Erprobung des Neuen Begutachtungsassessments NBA“ beim GKV-Spitzenverband eingerichtet. Geplant ist, künftig statt drei Pflegestufen fünf Pflegegrade zu nutzen, um die Pflegebedürftigkeit genauer zuordnen zu können. Dann soll nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden werden, sondern der Grad der Selbstständigkeit im Alltag entscheidend sein.
Den Mitgliedern dieses Begleitgremiums liegt bisher von einem der beiden Modellprojekte ein Bericht in einer Entwurfsfassung vor. Im Rahmen der Sitzung des Gremiums am 27. Januar 2015 kamen Gutachter und Experten auf dieser Basis zu einer positiven Gesamteinschätzung des Begutachtungsverfahrens, so die Bundesregierung. Die Arbeiten am Bericht zu einem zweiten Modellprojekt hätten sich hingegen verzögert - Ergebnisse der Studien werden bereits für Ende April diesen Jahres erwartet.
Neue Einstufung von derzeit Pflegebedürftigen ist nicht geplant
Die Linke fragte auch danach, ob die Bundesregierung das politische Ziel einer „Bestandsschutzregelung“ für bereits bestehende Pflegeeinstufungen verfolge. Die Regierung wird dabei Empfehlungen des Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bei der Gesetzgebung berücksichtigen, heißt es. So will man pauschale Überleitungsvorschriften und ggf. einen Bestandsschutz einführen. Damit soll auch sichergestellt werden, dass die Betroffenen möglichst nicht neu begutachtet werden müssen.
Noch ungeklärt sind Auswirkungen des neuen Pflegebegriffs in den verschiedenen Sozialgesetzbüchern. So befinde man sich aktuell noch im Meinungsbildungsprozess bei der Frage, inwieweit man den neuen Pflegebegriff im SGB I und einheitlich in allen relevanten Sozialgesetzbüchern (SGB XII und SGB IX) sowie im angekündigten Bundesteilhabegesetz verankern werde. Dies gilt auch für die Frage, ob der neue Pflegebegriff im Rahmen der „Hilfe zur Pflege“ (SGB XII/Sozialhilfe) eingeführt wird.
Keine Schritte in Richtung Bürgerversicherung mit Pflegereform
Schritte in Richtung einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung in der Pflege zur möglichen Finanzierung der Umsetzung des neuen Pflegebegriffs sind offenbar nicht vorgesehen.
Die Regierung erklärte bei diesem Anliegen der Oppositionspartei, dass man bei den Reformmaßnahmen in der Pflege dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD folge. Dieser sehe sowohl kurzfristig wirksame Leistungsausweitungen in der Pflegeversicherung als auch die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs vor.