Tim Wolff ist Vermögensberater der DVAG. Im Streitgespräch mit Versicherungsmakler Tino Scraback trägt er den Diskurs der Versicherungsmaklerschaft mit der Deutschen Vermögensberatung aus. Vor dem Hintergrund kritischer Berichte zur DVAG-“Wechseloption“ bei Fondspolicen und der AIDA-Belohnungsfahrt zur See entstand eine interessante Diskussion zwischen einem so genannten Strukki und dem im Selbstanspruch oft als tugendhaft gesehenen Makler, so die vielfache Eigenansicht der Maklerschaft. Gut beraten? In Teil I. geht es auch um die Weiterbildung bei DVAG und Maklern.
Der Karlsruher Versicherungsmakler Tino Scraback und DVAG-Berater Tim Wolff aus Hanau kennen sich von Facebook; inzwischen sind sie -wenn auch kritische- Freunde. Trotz eigener DVAG-Vergangenheit: Makler Scraback sieht sich sozusagen als Makler pur; Tim Wolff als Vermögensberater, ebenfalls pur. Wolff postete im vergangenen Jahr selbstbewusst eigene Videos von der AIDA-Kreuzfahrt der DVAG. Auf Facebook führten Wolffs Posts bei der Maklerschaft zu einer Mischung aus Belustigung, Spott und Kritik. Auch diesen Reaktionen stellt sich Vermögensberater Wolff in einer Diskussion mit Makler Scraback.
Vor dem Diskurs zwischen Scraback und Wolff wollen wir die Akteure kurz vorstellen. Danach kommt der Anpfiff. Wie beim Fußball, wie bei den ehemaligen Vereinskameraden Marco Reus (BVB Dortmund) und Mario Götze (heute FC Bayern München), gilt: Nach dem Anpfiff gibt es keine Freundschaft, nur noch Kampf!
Portrait Tino Scraback
Scraback kauft weiterhin Maklerbestände hinzu: „Aber nicht als ,Heuschrecke', sondern als ernst gemeintes Schwiegersohn-Modell“; so illustriert er sein Wachstums-Konzept. Zu Käufer und Verkäufer sagt er: „Die Menschen müssen zueinander passen“.
Portrait Tim Wolff
„Ich habe absolut nichts von meinem Vater bekommen. Keine Kunden, keine Protektion, keine ,Förderung beim Doktor'“ (wie der verstorbene DVAG-Gründer Reinfried Pohl senior im Unternehmen ehrfurchtsvoll genannt wurde). „Mein Vater hat mich nicht einmal selbst ausgebildet. Und das war gut. Ich habe gelernt, mich allein hoch zu arbeiten. Mit messbaren Leistungen“. Wolff ist verheiratet und seit knapp einem Jahr Vater eines kleinen Mädchens: „Mein dauernder Sonnenaufgang“.
Anpfiff: 90 Minuten Interview und der Diskurs im Zeitraffer
Versicherungsbote: Was unterscheidet Ihrer Ansicht die Arbeit von DVAG und Versicherungsmaklern?
Tim Wolff: Der Makler geht mehr ins Detail, kümmert sich um den Versicherungsbereich und das meist sehr gut. Der Vermögensberater fängt deutlich früher an, bei den Einnahmen und Ausgaben des Kunden. Und hakt hier bereits ein. Nach der Feststellung der Liquidität geht es ausführlich um die Ziele des Kunden - und dahin will ihn der Vermögensberater führen.
Tino Scraback: Als Versicherungsmakler muss ich den Interessenten nur einmal überzeugen. Vertraut mir der Kunde, oder nicht? Produkte sind hier nebensächlich. Ich war ja selbst ein paar Jahre bei der DVAG. Dort muss der Vermögensberater, wie bei jeder Ausschließlichkeits-Organisation, den Kunden zwei Mal überzeugen. Erstens von sich selbst und eben zweitens von den Produkten.
Tim Wolff: Wenn ein Kunde 100 Euro sparen will, kommt vom Makler in 99 Prozent der Fälle ein Versicherungsvorschlag. Ein gutes Produkt, aber immer Versicherung. Der Vermögensberater berät auch kurz und mittelfristige Anlagen und sorgt damit für deutlich mehr Flexibilität beim Kunden. Und für Liquidität, wenn sie gebraucht wird.
Tino Scraback: Ich denke, dass ein Vermögensberater sich in Dinge einmischt, die ihn einfach nichts angehen. Die Haushaltskasse der Mandanten ist nicht mein Thema. Es ist egal, wie viel die Kunden fürs Fitnessstudio bezahlen. Ich halte Kunden für mündige Bürger die selber entscheiden können, ob sie ins Fitnessstudio gehen. Oder nicht ob sie rauchen oder nicht. Mir ist das wurscht. Ich werde für die Vermittlung von Versicherungen beauftragt.
Tim Wolff: Naja, meine Erfahrung, wenn ich zu einem Maklerkunden komme, ist, dass der Kunde bei dem Makler ausschließlich das Versicherung Thema abgebildet hat und alle anderen Produkte eher bei der Bank gekauft wurden.
Tino Scraback: Die Trennung von Bank und Versicherung hängt immer vom Versicherungsmakler ab. Aber wenn du auf meine Kunden stoßen würdest, Tim, würde ich dir zustimmen. Meine Konzentration auf Versicherungen ist eben der Vorteil des Maklers. Statt Bauchladen.
Versicherungsbote: Herr Scraback, ist das so, dass sich Versicherungsmakler nicht um die Liquidität des Kunden kümmern? Oder wo fängt beim Makler das fachliche Interesse an der Kassenlage des Kunden an?
Tino Scraback: Ich denke, dass man das nicht so pauschal beantworten kann. Mit einem hat Tim Wolff natürlich recht, dass die meisten Versicherungsmakler sich hauptsächlich um das Thema Versicherungen kümmern. Jedoch gibt es auch andere, spezialisierte Makler, die das Thema Kapitalanlage, Finanzierungen oder Immobilien auf der Agenda haben. Weil sie eben so spezialisiert sind. Die Ruff Capitalplan AG verdient zu 95 Prozent ihr Geld mit der Vermittlung von Versicherungsprodukte. Das ist unser Schwerpunkt.
Versicherungsbote: Herr Wolff, Sie als Vermögensberater setzen also vorher an, bei der Liquidität des Kunden? Warum und wie?
Tim Wolff: Mit einer detaillierten Einnahmen-und-Ausgaben-Rechnung spreche ich mit dem Kunden über mögliche Spar-Potenziale. Viele Kunden zahlen für ein Fitnessstudio, gehen aber nicht hin. Der Kunde wird sich so erstmals bewusst, dass er bei sorgfältigem Umgang mit seinen Einnahmen tatsächlich eigenes Vermögen aufbauen kann. Ziel des Kunden soll sein, das Geld nicht zu verballern, sondern sorgsam auszugeben. Dann bleibt mehr übrig zum Sparen.
Versicherungsbote: Ein Makler sagte einmal: "ich bin Finanzberater, kein Schuldnerberater - also schaue ich nicht in die Kontoauszüge". Herr Wolff, sollte der Berater nicht doch besser in die Kontoauszüge des Kunden reinschauen?
Tim Wolff: Ich sehe das auf jeden Fall so. Zumindest beim so genannten Otto Normalverbraucher. Es gibt natürlich auch genügend Kunden, die haben das selbst im Griff. Dann kann man durchaus ,später anfangen', was aber nicht Barrücklagen, Bausparen oder Fondssparen ersetzt.
Versicherungsbote: Herr Scraback, an sie als Makler: Sollte nicht auch der Versicherungsmakler in die Kto.-Auszüge schauen?
Tino Scraback: Nein. Weil es den Makler nichts angeht. Wenn ich beim Bäcker bin, werde ich auch nicht gefragt, ob ich meinen Ölstand am Automotor geprüft haben will. Aber natürlich; wenn mich ein Kunde fragt, ob er noch Einsparmöglichkeiten hat, schaue ich gern seine restlichen Unterlagen, Konten oder Depots durch. Aber das ist eher die Ausnahme. Und ich bin der Meinung, mündige Bürger können selbstständig entscheiden, wofür sie Geld ausgeben oder eben nicht.
Versicherungsbote: Herr Wolff, auch viele Gutverdiener leben über ihre Verhältnisse und haben mehr Ausgaben als Einnahmen. Können Sie das bestätigen?
Tino Scraback: Das kann auch ich bestätigen!
Tim Wolff: Ja, ich habe schon eine Einnahmen/Ausgaben-Listen bei einem 35-jährigen Großverdiener gemacht, der ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 800.000 Euro hat, und selbst nicht wusste, wo sein ganzes Geld hingeht. Und auch bei diesem Kunden haben haben wir gemeinsam festgestellt: Es macht keinen Spaß, für sinnlose Dinge Geld auszugeben. Es macht dem Kunden, wenn er es eingesehen hat, viel mehr Spaß, Vermögen aufzubauen.
Tino Scraback: Vermögensberater als Babysitter halt. Nicht mein Ding! (lacht)
Versicherungsbote: Prüfen Sie immer in der Beratung die Einnahmen und Ausgaben der Kunden?
Tim Wolff: Zu 80 Prozent ja.
Tino Scraback: Zu 95 Prozent nein.
Zur Fortbildung bei Maklern und Vermögensberatern
Versicherungsbote: Herr Scraback, wie viele Stunden bilden sich Makler pro Jahr fort, zirka?
Tino Scraback: Ich tue mich immer schwer mit pauschalen Aussagen für die Versicherungsmakler. Jeder Innendienstmitarbeiter hat pro Jahr zwischen drei und fünf volle Tage für Fortbildungen, die auch wahrgenommen werden müssen. Meine Außendienstmitarbeiter und ich haben als Ziel, bei der Initiative „Gut beraten“ die 250 Weiterbildungspunkte in fünf Jahren zu erreichen. Das ist schon sportlich, aber machbar.
Versicherungsbote: Tino Scraback, also rund 50 Stunden pro Jahr?
Tino Scraback: So im Schnitt ja. Als Beispiel nehmen wir mal mich: Neben meiner Vermittler-Erlaubnis kosteten mich die Fortbildungen zum Fachwirt für Versicherungen und Finanzen (IHK), Betriebswirt bAV an der FH und kürzlich zum Immobilienmakler, wieder bei der IHK, sehr viel Geld. Und viele hundert Stunden Bildungszeit. Kleinere, laufende Schulungen rechne ich gar nicht ein. Plus in den kommenden fünf Jahren 250 Stunden geplante Fortbildungen. Das passt doch. Mal in einem Jahr mehr, dann wieder weniger. Wir nehmen Fortbildung sehr ernst!
Tim Wolff: Bei der Deutschen Vermögensberatung muss man etwas differenzieren: Ein erfolgreicher Vermögensberater kommt schnell auf 400 bis 500 Stunden, also mindestens einen Tag pro Woche. Das Angebot ist groß, aber nicht jeder nutzt es. Auch sollte man unterscheiden zwischen echtem Fach-Wissen und Fach-Können. Das bedeutet für den Berater, die Produkte unserer Angebotspalette, aber auch die der Mitbewerber, zu kennen und macht etwa 30 Prozent der Fortbildung aus. Um das Produkt quasi mundgerecht dem Kunden erklären zu können, dafür wenden wir etwa 70 Prozent der Bildungszeit auf. Aufgrund der gestiegenen fachlichen Anforderungen steigt seit einiger Zeit allerdings der Anteil des Fachwissens, das immer wichtiger wird.
Versicherungsbote: Herr Wolff, ich rechne einmal: Ein Tag pro Woche, das wären bei acht Stunden auf 50 Wochen pro Jahr gerechnet fast 400 Stunden Fortbildung der DVAG …
Tim Wolff:…ja. Der junge Vermögensberater hat natürlich noch mehr Lernpensum.
Versicherungsbote: Herr Scraback, ist DVAG besser geschult?
Tino Scraback: Also ich kenne einige Vermögensberater, die eine Vier-Tage-Woche haben. Aber ich habe noch nie einen Vermögensberater kennengelernt, der einen Tag pro Woche für Weiterbildung nutzt.
Ich könnte ja mal ganz provokant behaupten, wenn sich Vermögensberater so viel weiterbilden, dann wären sie wahrscheinlich keine Vermögensberater mehr sondern schon längst Versicherungsmakler. Ja, die DVAG macht sehr viele Schulungen. Nach meiner Erfahrung aber hauptsächlich Vertriebsschulungen. Aber ich denke schon, dass ein durchschnittlicher Vermögensberater im Jahr mehr Zeit für Schulungen investiert als ein durchschnittlicher Versicherungsmakler.
Versicherungsbote: Herr Wolff, aus DVAG-Sicht: Sind Makler schlechter fortgebildet?
Tim Wolff: Nicht unbedingt. Ein engagierter Makler wird sich die Schulungen ,holen' und der Vermögensberater bekommt es einfacher gemacht, weil das DVAG-Fortbildungskonzept nicht nur Wissen fördert, sondern auch die Teilnahme am Lernen fordert. Mein Fazit: Fachlich sind, glaube ich, viele Makler sehr gut, vertrieblich nicht alle. Zieht man das Vertriebliche ab, denke ich, sind im Durchschnitt sind beide, Vermögensberater und Makler gut ausgebildet. Allerdings hat es der Vermögensberater einfacher, weil er weniger Produktauswahl hat. Er kann nicht so viel falsch machen, während der Makler durchaus mal Fehler machen kann, wenn er Produkte nur oberflächlich betrachtet hat.
Versicherungsbote: Einmal zugegebenermaßen etwas platt gefragt. Was ist besser für den: Die optimale Privathaftpflicht-Versicherung oder überhaupt eine PHV zu haben?
Tim Wolff: Besser eine PHV als keine. Optimal ist eh immer relativ. Bezahlt ist der kommende Schaden dann allerdings noch nicht.
Tino Scraback: Klar, Hauptsache ist es für den Kunden, überhaupt eine PHV zu haben. Aber dann kommt sofort die Qualität!
Teil 2 des Streitgespräches zwischen dem Versicherungsmakler und dem DVAG-Vermögensberater. Dann zu den Themen Fondspolicen und AIDA-Kreuzfahrt!