Mehmet Göker ist in der Türkei wieder als Versicherungsvermittler tätig: Er hilft Kunden, von einem teuren PKV-Vertrag in einen billigeren zu wechseln, und zwar gegen Honorar. „Die Versicherer verlieren dadurch Millionen“, kommentiert das Handelsblatt. Könnten die Kunden diesmal sogar profitieren?
Mehmet Göker gilt als das schwarze Schaf der Versicherungsbranche. Wer private Krankenversicherungen im Akkord vermittelt, wer nur am Telefon beraten lässt und seine Vertriebsmitarbeiter massiv unter Druck setzt, damit sie höhere Abschlüsse erzielen, der handelt nicht im Sinne des Kunden. Der fügt ihnen sogar Schaden zu. Denn PKV-Tarife verlangen eine intensive und zeitaufwendige Beratung, weil Lücken im Schutz den finanziellen Ruin bedeuten können. Diese Grundsätze haben Göker und sein Finanzvertrieb MEG zu oft verletzt, bevor sie folgerichtig in die Pleite schlitterten.
Göker ist als Honorarberater auf dem Feld der PKV-Optimierung tätig
Umso erstaunlicher sind nun die Neuigkeiten, von denen das Handelsblatt zu berichten weiß. Laut Recherchen der Zeitung hat Göker ein neues Geschäftsmodell entdeckt, das er per Telefon von der Türkei aus betreibt. Er hilft ehemaligen Kunden, von einem preisintensiven PKV-Vertrag in einen kostengünstigeren Tarif des gleichen Anbieters zu wechseln. Betroffen seien hiervon vor allem Verträge der Axa und der Allianz. Pro Wechsel kassiert Göker bis zu 1.500 Euro, das Geld rechnet er über Strohmänner ab. Die Zeiten fetter Abschlussprovisionen aber sind vorbei. Mehmet Göker berät jetzt gegen Honorar!
Dabei nutzt Göker einen Paragraphen des Versicherungsvertragsgesetzes, der 2009 zur Stärkung der Verbraucherrechte eingeführt wurde. Laut §204 VVG haben Privatpatienten das Recht, bei ihrem derzeitigen Anbieter in einen günstigeren Tarif zu wechseln, wenn dieser einen ähnlichen Leistungsumfang bereit hält. Göker nutze „Insider-Wissen“, um den Kunden einen günstigeren Tarif anbieten zu können, heißt es im Text. Mit anderen Worten: Er kennt die PKV-Optionen der Privatversicherer ziemlich genau. Den Versicherern gehen durch Gökers neuen Service Millionenbeträge verloren.
Viele Versicherungen haben tatsächlich günstigere Tarife im Angebot, weil sie damit junge und gesunde Gutverdiener anwerben wollen. Doch die älteren Versicherten erfahren davon oftmals nichts. Das mag auch kaum verwundern. Wenn viele Senioren ihren bisherigen Tarif verlassen und in die günstigeren Tarife wechseln, müssten dort die Beiträge wiederum angehoben werden - haben doch ältere Menschen höhere Gesundheitskosten. Der Lockeffekt wäre dann kaputt. Also halten die Gesellschaften lieber still. Es ist geradezu Aufgabe eines Versicherungsberaters, seine Mandanten auf die Wechseloption nach §204 hinzuweisen, wenn der Versicherte mit der Höhe der PKV-Prämie unzufrieden ist. Göker tut dies nun scheinbar – und lässt sich das ordentlich bezahlen.
Kunde spart mit neuem Allianz-Vertrag 36.000 Euro
Das Handelsblatt nennt ein Beispiel für Gökers Vermittlertätigkeit: Ein älterer Herr, der von dem umstrittenen MEG-Gründer beraten wurde, konnte durch den Wechsel seines Allianz-Tarifes monatlich 162,50 Euro einsparen, in 20 Jahren insgesamt 36.000 Euro. Seine Beratungsleistung ließ sich Göker mit einem Honorar von 1.500 Euro vergüten - also die Ersparnis der ersten zehn Monate. Bei der Beratung gab sich Göker am Telefon mit falschem Namen aus und wickelte das Geschäft über die Live Management AG aus Fürstenfeldbruck ab. Sollte nun ausgerechnet Mehmet Göker, der sich früher bis zu 8.000 Euro Abschlussprovision pro Police auszahlen ließ, zum Verfechter und Vorreiter der Honorarberatung werden?
Es gibt viele Dinge, die man Mehmet Göker vorwerfen kann. Dass er sich mit der Flucht in die Türkei der deutschen Strafverfolgung entzogen hat. Dass er die oft mangelhafte Beratung der MEG noch immer verteidigt und keine Einsicht zeigt. Dass er mit der MEG wohl Millionen an Vorschüssen verprasst hat. Dass er noch immer große Töne spuckt, ihm Demut aber fremd scheint. Göker ist kein Chorknabe, sondern wegen Steuerhinterziehung und Vorhaltung von Arbeitsentgelten rechtskräftig verurteilt. Was man ihm aber nicht vorwerfen kann: Dass er §204 des VVG nutzt, um Kunden in einen günstigeren Tarif zu lotsen. Und die Versicherungen dadurch erneut Millionen verlieren. Denn das ist ganz legal - und vom Gesetzgeber beabsichtigt.