Kfz-Versicherung: Die Sparkassen Direktversicherung startet den ersten Telematik-Tarif in Deutschland, der für alle Kunden frei zugänglich ist. Demnach gebe es keine Einschränkungen bei der Stückzahl oder Zielgruppe. Zuvor war das Angebot der S-Direkt auf 1.000 Fahrer limitiert.
Die S-Direkt, Direktversicherer der Sparkassen, startet in Deutschland den ersten frei zugänglichen Telematik-Tarif in der Kfz-Versicherung. Laut einem Bericht von Euro am Sonntag gebe es weder Einschränkungen bei der Stückzahl und der Zielgruppe. Dafür kooperiere der Versicherer seit dem 19. Mai mit dem Mobilfunkanbieter O2, wie ein Sprecher der S-Direkt bestätigte.
S-Direkt lockt mit Prämienersparnissen von bis zu 20 Prozent
Bei sogenannten Telematik- oder „Pay as you drive“-Tarifen misst der Versicherer das individuelle Fahrverhalten des Versicherungsnehmers. Eine vorsichtige Fahrweise wird dann mit Prämien-Ersparnissen belohnt.
Doch wer das aktuelle Angebot der S-Direkt nutzen will, muss zuvor auf die Webseite des Kooperationspartners O2 gehen, sich dort eine App herunterladen und das Angebot „O2 Car Connection“ abschließen. Dabei handelt es sich um einen speziellen Service des Mobilfunkanbieters für Autofahrer, der unter anderem eine Fahrstilanalyse, einen Parkplatzfinder, ein Logbuch zum Speichern bereits gefahrener Routen sowie eine technische Fehleranalyse für den eigenen PKW bietet.
Das Positive: Eine extra Black Box muss nicht in das Auto eingebaut werden, um das Angebot von O2 zu nutzen. Es reicht bereits aus, per Smartphone die App herunterzuladen und einen kleinen Stecker (Modul) dort anzubringen, „wo Werkstätten üblicherweise Fahrzeugdaten auslesen“, berichtet Euro am Sonntag. Das jedoch schützt keineswegs vor dem Datenhunger des Anbieters. Sensibelste Daten werden gemessen: Wo sich der Fahrer gerade aufhält, ob er vorsichtig oder weniger vorsichtig bremst, wann er zu schnell fährt und wie sein Auto gewartet ist.
Die gesammelten Daten über das Fahrverhalten des Fahrers werden in ein Punktesystem umgerechnet, das von 0 Punkten (unvorsichtige Fahrweise) bis zu 100 Punkten (sehr vorsichtige Fahrweise) reicht. Erst wenn der Wert im ersten Monat über 66 Punkten liegt, kann der Nutzer der App eine Kfz-Versicherung bei der S-Direkt abschließen und erhält ein entsprechendes Angebot. Sowohl für die Erhebung der Daten als auch die Wartung der Technik ist aber O2 selbst verantwortlich, wie Versicherungsbote auf Anfrage erfuhr. Auch kann die Telematik-Versicherung nicht über die Webseite von S-Direkt abgeschlossen werden, sondern nur über die Webseite von O2.
Der Versicherungskunde erhält 20 Prozent Rabatt, wenn er „stets über 66 Punkten bleibt“, sagte ein Sprecher der „Euro am Sonntag“. Der Versicherungsvertrag laufe mindestens ein Jahr lang.
Auch andere Versicherer bereiten Telematik-Tarife vor
Auf dem deutschen Markt ist die S-Direkt der Pionier unter den Autoversicherern. Bereits zum 1. Januar 2014 hat sie einen Telematik-Tarif eingeführt, wenn auch zunächst limitiert auf 1.000 Personen. In Statten wie den USA, Großbritannien und Italien sind die Policen hingegen längst etabliert und erfreuen sich großer Beliebtheit.
Auch andere deutsche Versicherer haben bereits angekündigt, Telematik-Tarife in der Autoversicherung mittelfristig auf den Markt zu bringen. Die VHV, Itzehoer und Axa könnten schon im Herbst an den Start gehen, die HUK Coburg Anfang 2015. Auch die Signal Iduna-Versicherung hat mit ihrer Tochter Sijox bereits eine "Pay as you drive"-Versicherung am Start, allerdings mit Fahrern unter 30 Jahren als Zielgruppe. Zudem kann der Sijox-Tarif nur in Verbindung mit einer Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden.
Doch es gibt auch datenschutzrechtliche Bedenken gegen die neuen Tarife. Die Möglichkeiten zum Datenmissbrauch sind enorm. Und noch immer ist ungeklärt, wer die erhobenen Daten überhaupt nutzen darf, wie Experten auf einem Kongress des Goslar-Institutes warnten. Aus den gesammelten Daten lassen sich genaue Verhaltens- und Bewegungsprofile des Fahrers erstellen. Viele Unternehmen haben daran ein Interesse: Neben Versicherungen auch Autowerkstätten, Fahrzeughersteller, Gesundheitsdienstleister. Vielleicht sogar der eigene Arbeitgeber? ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker spitzt zu: „Ein moderner Golf sammelt heute fast schon mehr Informationen als ein Raumschiff“.