Reiserücktrittsversicherung: Sich per Online-Check-in am heimischen Computer Wartezeiten am Flughafen zu ersparen, ist heutzutage kein Problem. Doch wie verhält es sich, wenn durch einen Zwischenfall vor Abflug die Reise abgebrochen werden muss? Einen solchen Fall bearbeitete der Versicherungsombudsmann und stellte ihn im kürzlich veröffentlichten Jahresbericht vor.
Durch ein akutes Leiden an der Wirbelsäule konnte eine Reisewillige ihre Flugreise nicht antreten. Sie stornierte daraufhin den Flug - hatte allerdings eine Woche zuvor bereits von zu Hause online eingecheckt. Aufgrund dessen verweigerte die zuvor abgeschlossene Reiserücktrittsversicherung die Zahlung der Stornokosten.
Nach Check-in gilt Reise als angetreten
Durch das Ausdrucken der Bordkarte sei bereits eine Reiseleistung in Anspruch genommen worden, ein Reiserücktritt ist also nicht mehr gegeben, so die Begründung des Versicherers. Auch die ebenfalls abgeschlossene Reiseabbruchversicherung wollte keine Kosten übernehmen, da das Ausdrucken der Bordkarte bereits die letzte Reiseleistung der Flugreise sei und diese in Anspruch genommen wurde. Die Leistungen einer Flugreise könnte man nicht in Einsteigen, Fliegen, Aussteigen und Gepäck abholen stückeln.
Bei der altbekannten Methode des Check-ins am Flughafen wäre diese Begründung nach Rechtssprechung auch eindeutig. Das Einchecken am Schalter mit Gepäckaufgabe ist die Zäsur. Nur davor kann zurückgetreten werden, danach ist die Reise angetreten und kann nur noch abgebrochen werden.
Rechtliche Abgrenzung durch Online-Check-in schwieriger
Die Nutzung der Methode des Online-Check-in-Verfahrens macht die Abgrenzung, in welchem „Stadium“ sich die Flugreise bei der Stornierung unter rechtlichen Gesichtspunkten befand, schwieriger. Wie ist der Online-Check-in am Computer zu Hause zu beurteilen, auf dem Weg zum Flughafen mit dem Smartphone oder im Flughafen an den Self-Service-Automaten? Kommt es auf das ausgedruckte Ticket an oder genügt auch ein sogenannter QR-Code (Quick Response), der als Bilddatei auf mobile Geräte geschickt wird? Was ist bei Reisen nur mit Handgepäck?
Während des Beschwerdeverfahrens existierte noch wenig Rechtsprechung hierzu, erläuterte der Ombudsmann in seinem Bericht. So stammte die einzige ersichtliche Entscheidung zum Online-Check-in-Verfahren vom Amtsgericht Bremen. Mit dem Urteil vom 4. Juli 2013 (Az. 10 C 508/12) wurde dort entschieden, dass das Ausdrucken der Bordkarte am eigenen Computer im Rahmen des Online-Check-ins nicht den Antritt der Reise darstellt.
Anwesenheit am Flughafen spricht für Flugbereitschaft
Dass man sich also tatsächlich am Flughafen einfindet, ist ein deutliches Indiz für die Bereitschaft, die Reise auch tatsächlich anzutreten: „Ein Online-Check-in kann dem Einchecken am Flughafen nicht gleichgestellt werden, denn beim Ausdrucken der Bordkarte am heimischen Computer begibt sich der Reisende noch nicht „auf die Reise“. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine Reise frühestens dann angetreten, wenn sich der Reisende am Flughafen einfindet und der Fluggesellschaft seine Anwesenheit und Flugbereitschaft durch Vorlage entsprechender Unterlagen anzeigt“, begründet der Versicherungsombudsmann die Empfehlung, dass der Versicherer für die Stornierungskosten aufkommen sollte.
Der Versicherer musste mit zwei umfangreichen Schreiben um Abhilfe angefragt werden. Auch war dieser der Auffassung, der Ombudsmann solle sich mit der Beschwerde nicht befassen, da eine streitige, höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage entscheidungserheblich sei (§ 8 Absatz 2 der Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns). Als auch dieser Hinweis zurückgewiesen wurde, erklärte der Versicherer die Abhilfe.