Mehmet Göker: Letzte Woche lief im WDR der zweite Teil der Dokumentation „Versicherungsvertreter“, der Mehmet Göker und seinen umstrittenen Finanzvertrieb MEG porträtiert. Derweil hat die Hallesche Krankenversicherung bekanntgegeben, auf eine Klage gegen den Film zu verzichten – obwohl ein Vorstand des Versicherers in einigen Szenen gar nicht gut wegkam.
Als am Donnerstag im WDR die Reportage „Versicherungsvertreter 2“ lief, waren darin auch Szenen zu sehen, die dem Krankenversicherer Hallesche/Alte Leipziger weniger gemundet haben dürften. Regisseur Klaus Stern hat eine Szene ausgewählt, bei der Hallesche-Vorstand Frank Kettnaker auf einer Feier des umstrittenen Finanzvertriebs MEG zu sehen ist – und einen peinlichen Auftritt hat. Kettnaker erscheint auf der Veranstaltung in der Kasseler Stadthalle und brüstet sich, die Hallesche habe die MEG seit deren „Geburtsstunde“ begleitet und verspricht „Treue für die nächsten 25 Jahre“. Die Szenen wurden Regisseur Klaus Stern nach eigenen Angaben vor Kurzem zugespielt.
Hallesche will nicht klagen
Doch klagen wird die Hallesche gegen die Verwendung dieser Filmsequenzen nicht, wie das Magazin Euro am Sonntag berichtet. Das verwundert kaum. Beim Vorgängerstreifen „Versicherungsvertreter – Die erstaunliche Karriere des Mehmet Göker“ hatte der Versicherer erfolglos versucht, via Landgericht einen Ausschnitt mit Kettnaker verbieten zu lassen. Ein Sprecher erklärte, das Verfahren habe gezeigt, „dass die Pressefreiheit gegenüber der Schutzbedürftigkeit des Einzelnen als höherwertiges Gut bewertet“ werde. Auch dürfte bei der der neuen Gelassenheit eine Rolle spielen, dass sich die Klage damals als Marketing-Eigentor entpuppte. Denn erst durch den Gang vor den Kadi wurden viele Medien auf Kettnakers Rolle aufmerksam.
Kettnaker rechtfertigt seinen Auftritt bei der MEG-Feier damit, dass er zum damaligen Zeitpunkt nichts von den Machenschaften der MEG gewusst habe. Auch sei die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Vertrieb bereits vor der Insolvenz beendet worden. Der MEG wird unter anderem vorgeworfen, Vorschüsse von Versicherern kassiert zu haben, obwohl sie das versprochene Neugeschäft nicht einlösen konnte. Gegen Mehmet Göker laufen Ermittlungen „wegen des Verdachts der Untreue, Insolvenzverschleppung und wegen des (mutmaßlichen) Verstosses gegen Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“, wie Staatsanwalt Eckhard Töppel aus Kassel bestätigt.
Vorläufig kein Happy End
2003 gründete Mehmet Göker die MEG. Innerhalb kürzester Zeit stieg das Unternehmen zu einem der wichtigsten Maklervertriebe für private Krankenversicherungen in Deutschland auf und beschäftigte in der Spitze 1.400 Mitarbeiter. Weil die Beratung der Kunden aber zu wünschen übrig ließ, häuften sich die Stornierungen. 2009 betrug der Jahresverlust per Ende August 418.022 Euro, Göker legte im September des Jahres seinen Vorstandsvorsitz nieder. Für einen symbolischen Euro wurde das Unternehmen von der Aragon AG übernommen, musste aber im Dezember 2009 Insolvenz anmelden.
Mit einem großen Berg an Schulden setzte sich Göker 2010 in die Türkei ab und wird seitdem mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Die Türkei ist auch Mittelpunkt der neuen Dokumentation „Versicherungsvertreter 2 - Mehmet Göker macht weiter“, die zeigt, wie der charismatische Unternehmer wieder im Vertrieb Fuß fassen will. Bis zum 02.07.2015 ist der Film noch in der Mediathek des WDR zu sehen. Wichtige Statements aus dem Film hat Versicherungsbote in einem eigenen Beitrag dokumentiert.