Berufsunfähigkeitsversicherung: Was taugen die Vergleiche von Berufsunfähigkeits-Policen bei großen Vergleichsportalen wie Verivox, finanzen.de und Check24? Dieser Frage widmete sich der Stollberger Versicherungsmakler Gerd Kemnitz auf seinem Blog. „Das Ergebnis ist erschreckend. Viele dieser Vergleiche erhalten grundsätzliche Fehler“, berichtete der Fachmann gegenüber Versicherungsbote.
Laut Gerd Kemnitz sollen Versicherungsvergleiche zur BU-Versicherung helfen, aus dem Dschungel der verschiedenen Tarife einen für den Interessenten passenden Tarif zu finden. Dabei müsse ein solcher Vergleich sachlich korrekt sein und keinesfalls nur die Beiträge abbilden, sondern auch die Qualität der Versicherungsbedingungen. Doch gerade in diesem Punkt zeigen die von ihm untersuchten Vergleichsportale eklatante Schwächen. Es werden oft „Äpfel mit Birnen“ verglichen, wie der Vermittler bemängelt.
Ausgeübter Beruf nicht genau abgefragt
Um die Qualität der BU-Vergleiche zu testen, hat Kemnitz bei den Vergleichsportalen ein Online-Formular ausgefüllt und in einem ersten Schritt geschaut, welche Daten abgefragt und für die Berechnung der Tarife herangezogen werden. Die Enttäuschung: Bei einigen Vergleichen wird der ausgeübte Beruf gar nicht abgefragt. Stattdessen muss der interessierte Kunde allgemeine Angaben wie „keine körperliche Tätigkeit“, „leichte körperliche Tätigkeit“ bzw. „schwere körperliche Tätigkeit“ in das Formular eintragen.
Anhand derart allgemeiner Aussagen können die Vergleichsportale aber den genauen Beitrag der BU-Police gar nicht errechnen, wie Kemnitz kritisiert. Denn die Beitragskalkulation der Versicherer ist in den letzten Jahren immer differenzierter geworden. Bis zu 10 und mehr Berufsgruppen werden für die Berechnung der Risikogruppen herangezogen – eine Komplexität, die zum Beispiel Verivox und finanzen.de nicht abbilden. Warum suggerieren dann einige Vergleichsportale, sie könnten anhand der erhobenen Daten die Beiträge errechnen und weisen falsche Ergebnisse aus? Kemnitz vermutet, dass es um das Sammeln von Adressdaten geht.
Qualität der Versicherungsbedingungen zu undifferenziert berücksichtigt
Die fehlende Differenzierung bei den Berufsgruppen führt zu einem weiteren Nachteil der Produktvergleiche. Denn die Qualität der Versicherungsbedingungen wird oft am Beispiel eines Musterkunden ermittelt, zum Beispiel für einen Bürokaufmann. Ein Manko, vor dem auch Fachzeitschriften nicht gefeit sind.
Streng genommen kann man aber gar nicht pauschal sagen, ob ein Tarif gute oder schlechte Bedingungen hat, da dies auch von der individuellen Lebenssituation des Antragstellers und eben vom ausgeübten Beruf abhängt. Kemnitz erklärt: „Es kann im Extremfall passieren, dass ein BU-Tarif am Musterkunden „Bürokaufmann“ geprüft und für gut befunden wird – für einen Dachdecker aber völlig ungeeignet ist, weil bei diesem nicht auf die abstrakte Verweisung verzichtet wird. Deshalb ist es wichtig, sich nicht auf pauschale Tests zu verlassen, sondern die BU-Versicherung immer anhand der individuellen Situation auszuwählen“.
Zwar könne nicht jeder Vergleich alle Bedingungskriterien berücksichtigen und es liege im Ermessen des jeweiligen Bearbeiters, welche er für wichtig hält. Aber die Vertragswerke halten Fallstricke bereit, die von Laien schnell übersehen werden. So verzichten einige Anbieter nach Ausscheiden aus dem Berufsleben nicht dauerhaft auf eine abstrakte Verweisung. Oder für den Fall einer konkreten Verweisung wird in den Versicherungsbedingungen keine unzumutbare Einkommenseinbuße definiert. Gewünschte Bedingungsverbesserungen können von Kunden aber oft nicht vorgegeben oder eingesehen werden.
Tarif- und Zahlbeitrag ausgewiesen?
Darüber hinaus ist darauf zu achten, ob die Portale sowohl Tarif- als auch Zahlbeitrag ausweisen. Die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie (Zahlbeitrag) entspricht dem Tarifbeitrag abzüglich der im Vertrag gutgeschriebenen Überschussbeteiligung. Der Zahlbeitrag kann bis zum Tarifbeitrag erhöht werden, denn der Zahlbeitrag ist nicht für die gesamte Versicherungsdauer garantiert. Der Kunde kann sich also schnell mit steigenden Kosten für seinen BU-Schutz konfrontiert sehen. „Jeder seriöse Versicherungsvermittler wird Ihnen sowohl den Tarif- als auch den Zahlbeitrag seines Angebots nennen“, kommentiert Kemnitz. Aber Vergleichsportale weisen nicht immer beide Größen aus. Welche Kritikpunkte der Makler noch anführt, ist auf seinem Online-Blog zu lesen.
Verfügbare BU-Vergleiche von sehr verschiedener Qualität
Gerd Kemnitz will den Online-Vergleich für BU-Versicherungen nicht gänzlich verurteilen. Aber er mahnt den Kunden zur Sensibilität gegenüber den Angeboten, da die derzeit verfügbaren Versicherungsvergleiche von sehr unterschiedlicher Qualität seien. Als völlig wertlos bezeichnet er hingegen reine Beitragsvergleiche und Vergleiche, die nicht den ausgeübten Beruf abfragen. „Diese sollten Sie auf jeden Fall meiden“, so sein Rat an den Kunden.
Vorsicht auch bei den Gesundheitsfragen!
Ob komplexe Verträge wie BU-Versicherungen für den Onlineabschluss geeignet sind, daran meldete schon Monika Maria Risch, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein, Zweifel an. Der Grund: Bei diesen Policen müssen Versicherungsnehmer im Antrag genaue Gesundheitsangaben machen. Mögliche Fehler, und seien sie auch aus Versehen passiert, werden bitter bestraft (Versicherungsbote berichtete).
Wer sich mit Rückenschmerzen herumplagt oder Allergien hat, muss einen Risikozuschlag zahlen oder mit Ausschlüssen rechnen. Bei falschen Angaben aber kann der Versicherer die Rente später verweigern, wenn eine Berufsunfähigkeit festgestellt wird, der Kunde geht komplett leer aus. „Die Gesundheitsfragen lassen sich online durch Anklicken nur unzureichend beantworten“, warnte folglich Risch im September 2014 gegenüber der Süddeutschen Zeitung.