Gesetzliche Erwerbsminderungsrente (Teil 2): Bundesbürgern drohen im Schadenfall existenzgefährdende finanzielle Einschnitte, wenn Begriffe falsch ausgelegt oder verwechselt werden. Verbraucher, Medien und teilweise auch Verbraucherschützer kennen die Unterschiede leider oft nicht.
Erwerbsminderung, Berufsunfähigkeit und Invalidität sind drei völlig verschiedene Gefahren, die allerdings eines gemeinsam haben: Die Absicherung aller dieser Gefahren ist als sehr wichtig einzustufen, denn sie zählen zum Bereich der Arbeitskraftabsicherung. Unverdrossen behaupten jedoch einige Verbraucherschützer, dass eine Unfallversicherung weniger wichtig sei. Eine Aussage, die im Ernstfall fatale Folgen haben kann. In 3 Beiträgen sollen die Unterschiede aber auch die Zusammenhänge erläutert werden:
- Gesetzliche Erwerbsminderungsrente (Teil 1)
- Private Berufsunfähigkeitsversicherung (Teil 2)
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Private Unfallversicherung (Teil 3)
Private Berufsunfähigkeitsversicherung (Teil 2 von 3)
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein wichtiges und sehr sinnvolles Angebote der privaten Versicherungswirtschaft. Zur Berufsunfähigkeitsversicherung findet zum Vorteil der Verbraucher ein Wettbewerb im freien Markt statt. Verbraucher haben die Wahl, welchen Anbieter einer Berufsunfähigkeitsversicherung sie wählen wollen. Wichtig ist hier zuvorderst ein gutes Bedingungswerk und nicht etwa der Preis. Wenn Verbraucherschützer, Presse oder sonstige Medien Berufsunfähigkeitsversicherungen nach Preis vergleichen, so ist dies grundsätzlich falsch. Die Preise einer Berufsunfähigkeitsversicherung könnten nur dann verglichen werden, wenn die zu vergleichenden Anbieter und Tarife tatsächlich identische Bedingungen hätten, was nicht der Fall ist. Die Auswahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung sollte daher stets mit Hilfe eines freien Versicherungsmaklers oder einem Versicherungsberater erfolgen. Selbst Stiftung Warentest unterlaufen beim Vergleich Fehler. Darauf hat z.B. Versicherungsmakler Helberg in seinem Blog hingewiesen.
Altersvorsorge oder Berufsunfähigkeitsversicherung (Arbeitskraftabsicherung)?
Selbstverständlich ist auch Altersvorsorge wichtig, da auch die gesetzliche Altersrente in den meisten Fällen unzureichend ist. Wer jedoch aufgrund seiner finanziellen Situation nicht gleichzeitig zu allen erforderlichen Vorsorgemaßnahmen Beiträge leisten kann, der muss zwangsläufig eine Rangfolge der Wichtigkeit festlegen. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Schutz bestehenden Vermögens der Schaffung von neuem Vermögen vorgeht. Zum bestehenden Vermögen gehört insbesondere die Absicherung der eigenen Arbeitskraft. Als Absicherungen sind hier insbesondere die Berufsunfähigkeitsversicherung, die Risikolebensversicherung und die Unfallversicherung zu nennen. Zur Schaffung neuen Vermögens gehören u.a. die Altersvorsorge, Sparverträge und sonstige Geldanlagen.
Arbeitskraftabsicherung geht vor
Warum die Absicherung der eigenen Arbeitskraft absoluten Vorrang hat, dies wird an einem einfachen Beispiel deutlich. Wer angenommen zum 20. Lebensjahr ins Berufsleben eintritt, der muss nach heutigem Stand bis zum 67. Lebensjahr arbeiten, um ohne Abzüge in Rente gehen zu können. Über einen Zeitraum von 47 Jahre muss also sichergestellt werden, dass der Ausfall der eigenen Arbeitskraft ausreichend abgesichert ist. Dabei sind 47 Jahre ein äußerst langer Zeitraum sind, in denen viel passieren kann. Eine entsprechende Statistik stellt heraus, dass voraussichtlich 43 Prozent der heute 20-jährigen Männer zumindest einmal berufsunfähig werden, bis das reguläre Altersrenten-Beginnalter erreicht ist.
Die selbständige private Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU)
Eine SBU sichert die ausgeübte Tätigkeit ab. Können Sie die versicherte, ausgeübte Tätigkeit nach ärztlicher Feststellung zu mindestens 50 %(*) nicht mehr ausüben, so steht Ihnen die versicherte Berufsunfähigkeitsrente zu. Dies ist ein bedeutender (äußerst vorteilhafter) Unterschied zur gesetzlichen Erwerbsminderungsabsicherung.
(*) Andere Prozentsätze sind teilweise möglich aber kaum gebräuchlich. Gleiches gilt für die Vereinbarung von Karenzzeiten.
Konkrete und abstrakte Verweisbarkeit, Rentenhöhe und weitere wichtige Tipps zur SBU
- Wichtig bei einer SBU ist u.a. der Verzicht auf die konkrete und abstrakte Verweisbarkeit sowie weitere Bedingungsverbesserungen.
- Schließen Sie keine SBU ab, deren Rentenhöhe unterhalb des Grundsicherungsniveaus liegt.
- Als Faustregel für die Höhe der abzusichernden monatlichen SBU-Rente sollte mindestens das derzeitige monatliche Nettoeinkommen dienen, zuzüglich einer garantierten Rentenerhöhung von 3%.
- Schließen Sie keine Koppelverträge ab. Koppelverträge sind z.B. Versicherungen mit einem Sparvorgang, denen eine Berufsunfähigkeitsrente „angehängt“ ist. Oft wird hier mit dem „Geld zurück Versprechen“ argumentiert. Dies ist falsch und mindert Ihre Flexibilität. Sinnvoll und im Verbraucherinteresse ist allein eine reine selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung gegen Beitragsverrechnung.
- Machen Sie bei den Gesundheitsfragen im Antrag zur SBU (wie bei allen anderen Versicherungen auch) unbedingt wahrheitsgemäße Angaben. Der Versicherer kann auch bei „kleinen Lügen“ vom Vertrag zurück treten und damit leistungsfrei sein.
- Schließen Sie gerade SBU Verträge keinesfalls im Internet ab! SBU Verträge benötigen ganz unbedingt eine individuelle Beratung. Darüber hinaus haftet das „Internet“ nicht für falsch erteilte Ratschläge. Der Versicherungsvermittler, Versicherungsmakler und Versicherungsberater dagegen haftet für den von ihm erteilten Rat sehr wohl. Dies gilt im Übrigen auch für alle anderen Versicherungen, Altersvorsorgeverträge und Sparverträge sowie auch in Sachen Geldanlage.
Wenn Sie verbeamtet sind
Beamte benötigen eine Dienstunfähigkeitsversicherung als Schutz gegen Berufsunfähigkeit. Achten Sie daher unbedingt darauf, dass der Tarif zur Berufsunfähigkeitsversicherung für Beamte eine entsprechende Dienstunfähigkeitsklausel enthält. Hierbei muss zwischen echten und unechten Dienstunfähigkeitsklauseln unterschieden werden.
Echte Dienstunfähigkeitsklauseln legen fest, dass eine Berufsunfähigkeit bei Beamten dann anzunehmen ist, wenn die Versetzung in den Ruhestand bzw. die Entlassung wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit erfolgt. Insbesondere Vollzugsbeamte sollten prüfen, dass die Leistungen bei ihnen nicht eingeschränkt sind.
Unvollständige Dienstunfähigkeitsklauseln sind schlechter und stellen darauf ab, dass nur bei einer Versetzung in den Ruhestand wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit eine vollständige Berufsunfähigkeit angenommen wird. Letztlich sind hier nur Beamte auf Lebenszeit geschützt, weil die Entlassung wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit bei Berufsunfähigkeit keine Leistungen der Dienstunfähigkeitsversicherung nach sich zieht.
Lassen Sie sich unbedingt beraten – übrigens nicht nur bei Verbraucherschützern
- Holen Sie zum Abschluss einer SBU unbedingt Rat bei wissenden Versicherungsvermittlern, Versicherungsmaklern oder Versicherungsberatern ein.
- Bestehen Sie auf einer Beratungsdokumentation. Die Beratungsdokumentation ist ein wichtiger Helfer bei eventuellen Haftungsprozessen wegen Falschberatung.
- Versicherungsvermittler, Versicherungsmakler und Versicherungsberater haben Ihnen einen Rat zu erteilen, der in die vorgenannte Beratungsdokumentation gehört. Versicherungsvermittler, Versicherungsmakler und Versicherungsberater haften für den Ihnen erteilten Rat.
- Verbraucherzentralen haften nicht(!) für den Ihnen erteilten Rat. Auch Familienangehörige, Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen haften nicht für den von ihnen erteilten Rat. Daher sollten Sie zu Beratung Versicherungsvermittler, Versicherungsmakler und Versicherungsberater bevorzugen.
- Versicherungsmakler und Versicherungsberater können zu einer großen Bandbreite verschiedenster Anbieter beraten.
Wenn die SBU aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschlossen werden kann
Es ist zugegeben nicht leicht heute einen SBU-Schutz zu erlangen. Die Anbieter können sich heraussuchen, wen sie versichern wollen. Der gesundheitliche Zustand der zu versichernden Person spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sinnvoll ist es bei mehreren Anbietern gleichzeitig nachzufragen. Wenn der SBU Antrag aus gesundheitlichen Gründen von mehreren Anbietern abgelehnt wurde dann ergeben sich folgende „Ersatzmöglichkeiten“:
- private, selbständige Erwerbsunfähigkeitsversicherung (SEU)
- Schwere Krankheiten Police (Dread Disease)
- Multifunktions-Invaliditätsabsicherung
- Erhöhung der Grundinvaliditätssummen in der privaten Unfallversicherung
- private Unfallversicherung mit hoher Grundinvaliditätssumme ohne Gesundheitsfragen
Tipp: Da der späte Einstieg in eine SBU aus gesundheitlichen Gründen immer schwieriger wird, sollte schon in jungen Jahren die Möglichkeit einer echten(!) Schüler-BU genutzt werden. Hier sind zumindest Renten bis 1.500 Euro monatlich möglich. Sinnvoll ist der Abschluss einer Schüler-BU deshalb, weil der in jungen Jahren zumeist gute Gesundheitszustand den Abschluss ermöglicht und damit den später dringend benötigten SBU-Schutz ermöglicht. Die Beitragsübernahme zur Schüler-BU wäre im Übrigen ein wirklich sinnvolles Geschenk der Großeltern (z.B. anstatt einer Ausbildungsversicherung).
Auch zu den Ersatzmöglichkeiten und der Schüler-BU befragen Sie am besten einen Versicherungsmakler oder Versicherungsberater. Die Gründe dafür wurden oben schon genannt.
Wenn Sie sich die SBU aus finanziellen Gründen nicht leisten können
Der Rat eines Versicherungsvermittlers, eines Versicherungsmaklers oder eines Versicherungsberaters sollte stets lauten alles zu versuchen, um einen ausreichenden SBU-Schutz zu erzielen. Sollte Ihnen dies aus finanziellen Gründen unmöglich sein, so muss der Berater mit Ihnen gemeinsam einen Weg suchen, wie zumindest eine teilweise Absicherung erreicht werden kann. Die bezieht notfalls auch die Überlegung ein ggf. bestehende Altersvorsorgeverträge oder sonstige Sparverträge vorläufig ruhend zu stellen oder gar zu kündigen. In jedem Falle sind dies höchst sensible und stets individuell zu führende Beratungsgespräche, die keinesfalls verallgemeinert werden können.