Versicherung: Viele Unternehmen empfinden Beschwerden sowohl als Fluch, als auch als Segen. Denn Kunden, die sich beschweren, fühlen sich dem Unternehmen noch verbunden. Unzufriedene Kunden würden einfach abwandern und sich nicht die Mühe einer Beschwerde machen. Außerdem bekommt das Unternehmen wichtige Einblicke in Kundenbedürfnisse, so die Ergebnisse eines Fachkongresses in Leipzig.
„Kunden, die sich beschweren, fühlen sich dem Unternehmen noch verbunden – sonst würden sie direkt abwandern. Ein gutes Beschwerdemanagement kann unschätzbare Einblicke in Kundenbedürfnisse geben und als eine Art Frühwarnsystem für ein Unternehmen funktionieren“, kommentiert Professor Dr. Anneke Neuhaus von der Frankfurt University of Applied Sciences. Insbesondere in der Versicherungsbranche sind die Gründe für Beschwerden sehr vielfältig. Ein gutes Beschwerdemanagement kann Schwachstellen entdecken und Prozesse verbessern. Zum Thema „Beschwerdemanagement: Von der Pflicht zur Kür“ trafen sich Versicherungsforen Leipzig am 17. und 18. September in Leipzig.
Verbesserung des Beschwerdemanagements bindet Kunden an Unternehmen
Von der Art der Schadenbearbeitung über die Höhe der Versicherungsleistung bis hin zu Kündigungen oder Vertragsänderungen kommen die unterschiedlichsten Beschwerden zustande. Dabei haben Versicherungsnehmer verschiedene Möglichkeiten, ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen: ob direkt beim Versicherer, über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder einen Obmbudsmann.
Spätestens seit der „Mindestanforderungen an die Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen“ durch die BaFin im Jahr 2013, sind Versicherer gezwungen, sich der Thematik mit mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das lohne sich: „Wenn Versicherer die Kunden zufriedenstellen, die sich beschweren, erhalten sie nicht nur einen Schatz an Informationen, sondern binden die Kunden mit positivem Beschwerdeerlebnis auch nachweisbar an das Unternehmen“, betont Kai Wedekind, Leiter des Kompetenzteam Vertrieb & Service der Versicherungsforen Leipzig. „Das so genannte Beschwerde-Paradoxon zeigt, dass Kunden, die ihre Unzufriedenheit kundtun, nach einer erfolgreichen Beschwerdeabwicklung sogar eine höhere Gesamtzufriedenheit aufweisen können, als Kunden, die nie einen Grund zur Unzufriedenheit hatten.“
Das Ergebnis der Konferenz: Geeignete Methoden finden und Kundenzufriedenheit steigern
Die Konferenz zum Beschwerdemanagement besuchten knapp 50 Teilnehmer. Sie informierten sich über Möglichkeiten der Organisation, unterschiedliche Werkzeuge und Erfahrungen mit dem BaFin-Beschwerdemanagement und tauschten Erfahrungen aus.
„Die aus Gründen der Qualitätssicherung anfallenden Daten (z. B. Gesprächsaufzeichnungen) haben ein bisher kaum genutztes und völlig unterschätztes Potenzial für das Beschwerdemanagement. Bisher fehlt es dem Beschwerdemanagement überwiegend an geeigneten Methoden, implizites Feedback der Kunden systematisch zu erfassen und so für die Qualitätsentwicklung nutzbar zu machen. Auch der Fokus auf die direkte Interaktion zwischen Kundenberater und Kunden eröffnet bisher ungenutzte Wege, um Kundenzufriedenheit zu erfassen“, erklärten die Referenten Judith Pietschmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Slavistik, Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Ingmar Rothe, ebenfalls Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Medienforschung, Technische Universität Chemnitz.