Der Axa-Gruppe ist es gelungen, mit wenig Aufwand und auf elegante Weise 600.000 Menschen den eignen Firmennamen ins Gedächtnis zu stempeln. Mit 55.000 Menschen kam Axa direkt in Kontakt. Und das Tollste; der internationale Versicherer erreichte eine begehrte Zielgruppe. Jung. Gebildet. Kaufkräftig. Möglich machte diesen Coup Ingress, die moderne Version der Schnitzeljagd auf dem Smartphone.
Werbung nervt. Auch bei Online-Spielen. Egal ob plötzlich Werbeeinblendungen aufploppen oder man nur so en passant an einem Mc-Donalds-Schild vorbeikommt. Das Online-Spiel Ingress macht es anders. Um im Spiel voranzukommen, müssen die Gamer bestimmte Orte oder Wegmarken erreichen. Jüngst hat Ingress als Suchziele, und wie wir noch erkennen werden als Sucht-Ziele, Firmenschilder der Axa als Wegmarken gesetzt, die die Spielteilnehmer in der realen Welt ansteuern mussten. Dort angekommen registriert deren Smartphone dank GPS-Ortung: Zwischenziel erreicht. Punkte kassiert.
Positiv-Image im Handumdrehen
„Wo ist das Axa-Schild in dieser Straße?“ war in den letzten sechs Monaten der jetzt abgeschlossenen Spielkampagne von Ingress eine der meistgestellten Fragen der Gamer. Man tauschte sich untereinander aus, schickte Fotos der Axa-Schilder samt GPS-Koordinaten durch die Spielergemeinde, pardon Community. So wurde aus nervigen Versicherungsschildern Quengelware für engagierte Gamer. Werber würden jetzt sagen, Axa ist zu einem positiv besetzten Begriff geworden. Fast im Handumdrehen hat die Axa damit ein Positiv-Image gebucht.
600.000 Axa-Schilder gesucht und gefunden
Natürlich ist nicht Ingress als Spiel beendet, Ingress ist endlos, zunächst aber die Kooperation mit Axa. Die „Wirtschaftswoche“ (Wiwo) berichtet über das Ingress-Betreiberunternehmen Niantic. Dessen Chef John Hanke bilanziert in dem Wirtschaftsmagazin, innerhalb von gut fünf Monaten hätten viele der rund 12 Millionen Ingress-Gamer direkten Kontakt zu Axa-Filialen gehabt, weil sie vor Ort Punkte sammeln wollten. 600.000 Personen an der Zahl.
55.000 persönliche Kontakte
Und da die Ingress-Spieler sich regelmäßig an Wochenenden treffen, zum Teil kommen tausende Gamer zusammen, haben sich Axa-Vertreter unter die Leute gemischt und in fünfeinhalb Monaten zu etwa 55.000 Menschen Kontakt gehabt. Alles potenzielle Kunden. Eher jung. Gebildet und solvent, denn Ingress ist kein billiges Spiel. Sehr engagierte Spieler reisen durchaus tausende Kilometer durch die Welt. Zuletzt auf der Suche nach was? Nach Axa!
Besser als Google-Anzeigen?
Deren Schilder-Streich hat sich natürlich auch für Betreiber Niantic gelohnt. Jedes Mal, wenn ein Axa-Schild für einen Spieler als erreicht registriert wurde, bekam der Gamer Punkte und Niantic Geld von Axa. Für den Spielebetreiber ist jedes Axa-Schild quasi wie ein Klick des Users auf eine Google-Werbeanzeige. Wie viel? „Weniger als einen Dollar“, so Niantic-Chef Hanke laut Wiwo.
Hanke weiter: „Großflächige Anzeigen, die sich immer wieder zwischen Nutzer und App zwängen, Inhalte verdecken und mühsam weggeklickt werden müssen, ärgern die Nutzer nur noch“. Die Platzierung von Unternehmen (im Beispiel hier der Axa) bei Ingress ist laut Hanke „die richtige Balance zwischen ,nativen’ und gesponserten Werkzeugen. (...) Wir lösen die Ad-Networks für den PC-Bildschirm ab“.
Platzierung in Online-Spielen eine Wegmarke zur Werbung der Zukunft
Damit ist gemeint, dass Werbung im Zusammenhang mit Spielen wie Ingress wirksamer wird im Vergleich zu inzwischen fast altmodischer Google-Werbung. So etwa könnte man den Ausblick in die Zukunft des Marketings (die Zusatzbezeichnung „online“ dürfte inzwischen verzichtbar sein) formulieren. Wer es nicht glaubt, schaue auf das Autorenn-Spiel GTA. Dort hat Mercedes seinen Sportwagen AMG GT zuerst als Studie - und erst später auf richtigen Straßen - rennen lassen.
Und was lernt Axa aus der Ingress-Aktion? Nichts. Die haben nämlich schon gelernt, zumindest wohl schon sehr viel, wie die Werbung der Zukunft aussieht, mit der man Kunden erreicht. Niantic-Chef John Hanke bezeichnet die Produktplatzierung, wie im Beispiel der Axa als Wegmarken, als das „fehlende Glied“ zwischen Spieleindustrie und Werbewirtschaft. Wer jetzt neugierig geworden ist; zu Ingress geht es hier.