Zusatzkrankenversicherung - Anfang des Jahres übernahm die HanseMerkur Holding AG eine Mehrheitsbeteiligung an der CSS Versicherung AG in Vaduz. Die vergangenen neun Monate wurden für einen Repositionierungsprozess genutzt, der auch im neuen Namen zum Ausdruck kommen soll. Ist es wirklich ein Neustart oder alter Wein in neuen Schläuchen?
CSS Versicherung AG wird zur Advigon Versicherung AG
Der Namenswechsel war nach den finanziellen schlechten Ergebnissen der CSS Vaduz, die Anfang 2015 in eine quasi Übernahme durch die HanseMerkur führten, wohl dringend erforderlich. Die HanseMerkur ist seit dem mehrheitlicher Anteilseigner (75%) an der CSS Vaduz. Nach eigener Angabe des Unternehmens ist der neue Name abgeleitet aus dem englischen Wort "advice" und soll hier für einen exzellenten Rundum-Service und ein breites Leistungsspektrum im ambulanten und stationären Ergänzungsschutz für gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland stehen. So jedenfalls Advigon in einer aktuellen Pressemitteilung.
Tarifstruktur wie bei CSS
Im Fokus stehen weiterhin (wie schon bei CSS) nach Art der Schadenversicherung kalkulierte Tariflinien, welche in Versicherungsmakler-Kreisen nach ersten Erfahrungen mit der damaligen CSS auf Kritik stoßen. So meinen etliche Versicherungsmakler, dass die scheinbar günstigen Beiträge wegen der fehlenden Altersrückstellung eher Augenwischerei sind. Die stetig mit dem Alter steigenden Beiträge würden dem Versicherungsnehmer alsbald zu teuer. Dies wiederum würde dann zu Kündigungen zu einem Zeitpunkt führen, zu dem die Absicherung eigentlich besonders wichtig wäre.
Tarif mit Tücken
Ein Beispiel: Im Advigon-Tarif "AZE4 Zahnersatz ideal" zahlt ein 30jähriger z.B. 16,57 Euro monatlich, stetig steigend bis z.B. zum 62. Lebensjahr auf über 40,-- Euro monatlich, mithin hat sich in diesem Zeitraum der zu zahlende Beitrag in fortlaufenden Schritten mehr als verdoppelt.
Vereinbarte Beitragszuschläge können sich ändern
Hinzukommt, dass bei Beitragsänderungen (auch durch Erreichen eines höheren Alters) der Versicherer besonders vereinbarte Beitragszuschläge ändern kann. Dies ergibt sich aus § 8 a (3) Teil 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Dies wäre im vorgenannten Beispiel jährlich sowohl nach unten aber eben auch nach oben möglich.
Beitragsanpassungs- und Leistungskürzungsmöglichkeiten
In § 8b der Advigon AVB geht es um die Möglichkeiten weiterer Beitragsanpassungen und Leistungskürzungen. Zitat aus den AVB: "Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z. B. wegen steigender Heilbehandlungskosten oder einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen. Ergibt diese Gegenüberstellung eine Abweichung von mehr als 5 %, werden alle Beiträge dieses Tarifs vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Unter den gleichen Voraussetzungen können auch betragsmäßig festgelegte Selbstbeteiligungen und Leistungshöchstgrenzen sowie Pauschalleistungen, Kurtagegelder oder Krankenhaustagegelder, die statt Kostenersatz oder bei Verzicht auf bestimmte Leistungen gewährt werden, angepasst werden. Ferner kann unter den gleichen Voraussetzungen ein vereinbarter Beitragszuschlag entsprechend geändert werden." Gerade Versicherungsmakler als Sachwalter und Interessenvertreter ihrer Mandanten sollten dies wissen.
Advigon gut positioniert
Trotz der vorgenannten Stolpersteine scheint Advigon Geschäftsführer Godehard Laufköter den Liechtensteiner Versicherer im Wettbewerb gut positioniert zu sehen: "Die Kunden profitieren nach der technischen Migration der Bestände auf die leistungsstarken IT-Systeme der HanseMerkur von schlanken Prozessen und einer kostengünstigen Verwaltung ihrer Verträge. Das kommt auch in weitgehend beitragsstabilen Tarifen bis mindestens zum 1. Januar 2017 zum Ausdruck. Nur 10 Prozent des Bestandes werden Anfang 2016 von einer geringen Beitragsanpassung betroffen sein." Zudem seien laut Laufköter die Weichen der Advigon auf Wachstum gestellt, da die Gesellschaft in Deutschland auf die historisch guten Verbindungen zu Maklern und freien Vertrieben zurückgreifen könne.
Eigenes Vertriebsportal der Advigon
Ein eigenes Vertriebsportal soll den umworbenen Vermittlern nach Auffassung der Advigon umfangreiche Informationen und Services zur neuen Gesellschaft bieten. Aber schon an einer Kleinigkeit wie den aktuellen Versicherungsbedingungen fehlt es dort noch; zumindest zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels.
Viel Wind um viel nichts?
Die damalige CSS Versicherung AG wurde in 2006 gegründet und feierte im selben Jahr auch seinen Markteintritt in Deutschland. Nach Angaben der Advigon hat sich seitdem ein Vertragsbestand von 135.000 Verträgen angesammelt. Das wäre gerade einmal ein Netto-Vertriebsergebnis von umgerechnet 15.000 Verträgen pro Jahr. Von einem größeren Maklerpool hätte dann nicht einmal jeder angeblich angebundene Makler pro Jahr einen einzigen CSS Vertrag vermittelt. Ob das eine starke Vertriebsleistung ist sei ebenso dahingestellt wie der Umstand, dass die vorbeschriebene Vertriebsleistung vielleicht doch am Produkt selbst liegt. Viel interessanter dagegen wäre es zu wissen, wie viele Verträge Brutto insgesamt von 2006 bis zum Stand heute vermittelt wurden, um den davon übrig gebliebenen Bestand dahingehend ins Verhältnis zu setzen. Versicherungsbote wird versuchen diese Auskunft von Advigon zu erhalten und sodann hier veröffentlichen.
Advigon präsentiert sich erstmals auf der DKM 2015
Erstmals präsentiert sich die Advigon auf der DKM, der Leitmesse der Finanz- und Versicherungsbranche, vom 27. – 29. Oktober 2015 in Dortmund mit den Produktlinien privat ambulant und privat stationär mit flexiblen Tarifbausteinen.