Versicherungsvertrieb: Die Zeiten ändern sich und die Versicherungen werden sich in den nächsten zehn Jahren vielleicht mehr verändern müssen, als sie in den vorherigen 30 Jahren vermochten. Ein großes Thema ist die Digitalisierung, die neuer Geschäftsmodelle, der demographische Wandel oder/und verändertes Kundenverhalten.
Dies zeigt die vorausschauende Marktanalyse der Unternehmensberatung BearingPoint zu wesentlichen Gewinner- und Verliererstrategien in der Assekuranz. Durch die Verdichtung von Erfahrungen aus Top-Management-Positionen in der Versicherungsbranche und einer Vielzahl von Projekten werden im Rahmen der Studie 14 zentrale Thesen pointiert sowie relevante Handlungsfelder abgeleitet.
Zahl der Versicherer wird erheblich schrumpfen
"Im Wesentlichen ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Versicherer um bis zu ein Drittel reduziert, wenige große Konzerne den Markt in der Breite dominieren und sich kleinere Versicherer spezialisieren müssen, z.B. auf Kernkompetenzen, Vertriebe, Zielgruppen oder Produkte", so Dr. Rolf Meyer, Partner bei BearingPoint. Es werde aber nicht die Unternehmensgröße entscheidend sein, um zukunftsfähig zu bleiben, sondern vielmehr die Fähigkeit, sich fortlaufend anzupassen und dabei bisherige Aktionsmuster zu hinterfragen.
Das Geschäftsmodell von Versicherern wird von der Digitalisierung auf allen Ebenen verändert. Nicht nur der IT-Bereich ist betroffen, der die Hauptlast der Infrastrukturanpassung zu tragen hat und dafür fast zwangsläufig stärker als heute auf kooperative Modelle und geringere Fertigungstiefen setzten muss, auch fast alle Prozesse und die komplette Produktwelt. Deshalb pointieren allein sechs der 14 Thesen mit markanten Aussagen wesentlicher Handlungsfelder, die sich aus den Chancen der Digitalisierung und damit verbunden neuen Industrialisierungsmöglichkeiten der Prozesse, aber auch Neugestaltung der Produktwelten mit erweiterten Wertschöpfungsketten ergeben.
Vom Payer zum Player im Baukastenprinzip
Die Produktwelt in der Assekuranz wird von der Digitalisierung erheblich verändert werden. Es werden durch die Integration von Dienstleistungen ganz neue Produktwelten mit erheblich veränderten Wertschöpfungsketten entstehen. Die Vernetzung der Tarife und Dienstleistungen mit Biometrie-Armbändern, intelligenten Autos/Häusern oder Services im Pflegebereich zeigen bereits heute, wohin die Reise gehen kann.
Außerdem können Marktschrumpfungen, die ansonsten schon allein demografiebedingt unausweichlich wären, durch die Erweiterung der Geschäftsmodelle kompensiert werden. So können aus „Payern“ „Player“ werden, die ihren Kunden attraktive Leistungsbündel für ganzheitliche Themen wie „Gesundheit“, „Selbstbestimmung“ und „Arbeitskraftabsicherung“ anbieten können. Somit wird verändertes Kundenverhalten proaktiv angenommen, es ergeben sich neue Umsatz- und Ertragsfelder.
Verschiebung von Zielgruppen und Ansprüchen durch demographischen Wandel
Deutschland wird älter und das beeinflusst sowohl Kunden als auch die Mitarbeiterseite. Deswegen ist ein Umdenken erforderlich in beiden Bereichen. Kundenseitig bedeutet der demographische Wandel eine Verschiebung von Zielgruppen und deren Ansprüchen, am Produkt sowie am Service. Rentner werden zum Beispiel einen größeren Einfluss haben und zahlungskräftige Zielgruppe auch für die Kompositversicherung sein. Auf der Mitarbeiterseite führt die Demographie zu erheblichen Rekrutierungsproblemen und internen Schrumpfungen der Versicherer.
Aktionsmuster müssen gebrochen werden
Auf dem Weg in die Zukunft der Assekuranz wird es Gewinner und Verlierer geben. Dabei behauptet die Studie, dass Versicherer mit den bisherigen Aktionsmustern nicht weitermachen können und brechen müssen. Entscheidend dabei sind die effektive Nutzung der Digitalisierung und die konsequente Neuausrichtung von Geschäftsmodellen sowie der vorhandenen Produktwelt.
Dr. Stefan Giesecke, Executive Advisor bei BearingPoint: "Große Häuser müssen ihre Größe jetzt wettbewerbsrelevant einsetzen und (auch) in Infrastruktur investieren, um Skaleneffekte und dauerhafte Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Kleine Häuser sollten ihre Beweglichkeit nutzen, die richtigen Nischen besetzen und (nur) dort wirklich gut sein - das ist zunehmend eine Existenzfrage."