Steuererklärung: Welche Tücken die Digitalisierung von Dienstleistungen bereithält, zeigt sich aktuell an einem peinlichen Fehler der Finanzämter. Zehntausende Arbeitnehmer zahlten zu hohe Steuern, weil ein Update des elektronischen Steuererklärungs-Programms „ELSTER“ fehlerhaft war.
Schön ist es, wenn man bei der Steuererklärung auf Papierkram verzichten kann? Zumindest dann, wenn alles reibungslos funktioniert. Das sogenannte „Elster“-Programm der Finanzämter ist bisher eher ein Beleg dafür, dass die Digitalisierung von Finanzdienstleistungen so manche Fehlerquelle birgt. War das Programm zunächst für Apple-Rechner ungeeignet, so erregt nun eine peinliche Rechenpanne die Gemüter.
Update misslingt - 82.339 Datensätze falsch berechnet
Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (Mittwoch) wurden im Sommer mehrere tausend Arbeitnehmer Opfer von Computerfehlern im sogenannten ELsTAM-System. Seit 2014 müssen alle Unternehmen die Daten der Arbeitnehmer auf elektronischem Weg melden, die kleinen Pappkärtchen sind seither tabu. ELsTAM soll gewährleisten, dass die steuerliche Situation der Meldepflichtigen möglichst eindeutig identifiziert wird; also Angaben wie Lohnsteuerklasse, Anzahl der Kinderfreibeträge etc. Der Arbeitgeber braucht diese Infos, um auszurechnen, was vom Lohn an den Beschäftigten geht und was der Fiskus bekommt.
Aber bei einem Update der Technik am 24. Juni 2015 ging so einiges schief, und das gleich mehrfach. So wurden tausende Steuerpflichtige nicht der Steuerklasse III (verheiratet) zugeordnet, sondern stattdessen der weniger günstigen Steuerklasse I (Singles). Auch die Zahl der Kinder wurde bei einigen Arbeitnehmern falsch eingetragen. Die Folge: Ohne zu wissen, warum, mussten die Betroffenen höhere Steuern zahlen und erhielten weniger Geld.
Nachdem der Fehler bemerkt worden war, versuchten die Informatiker diesen mit zwei weiteren Updates im Juli und August zu korrigieren. Dumm nur, dass sich die Fehlerkette dabei weiter fortsetzte. Zwar konnten die Daten zur Kinderzahl korrekt zugeordnet werden. Aber noch mehr Arbeitnehmer landeten in der falschen Steuerklasse.
Insgesamt wurden 82.339 Datensätze falsch berechnet, musste das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage der Linken hin einräumen. 28.287 davon gingen an Unternehmen in ganz Deutschland raus. In Bayern sind zum Beispiel rund 4.600 Arbeitnehmer betroffen, in Nordrhein-Westfalen 6.200, in Sachsen 1.000.
Manche erhielten bereits Geld zurück, andere müssen noch warten
Was aber, wenn man selbst zu hohe Steuern zahlte? Viele Arbeitnehmer wurden bereits über den Irrtum informiert, berichtet die Süddeutsche. Andere wiederum müssen warten, bis sie 2016 ihre Steuererklärung vorgelegt haben. Da ist es eine besondere Pointe, dass die Benachrichtigung der Betroffenen auf einem geradezu klassischen Weg erfolgte – per Papierbescheinigung.
Wer an seinem Steuerbescheid zweifelt, kann auch selbst aktiv werden. Gegen jeden Steuerbescheid kann man innerhalb eines Monats nach Zugang Einspruch beim Finanzamt einlegen. Die Frist beginnt am dritten Tag, nachdem das Finanzamt den Steuerbescheid bei der Post aufgegeben hat. Das Schreiben sollte man ebenfalls per Einschreiben oder Fax absenden. Gut zu wissen: Wenn ein Rechen-, Schreib oder Übertragungsfehler vorliegt, den das Finanzamt zu verantworten hat, ist eine Korrektur jederzeit möglich. Auch, wenn man ihn zu spät bemerkt hat.