Erleben Sie ausführliches Wissen, wie es nicht geht. In einem fehlerbehafteten Artikel über Riester und Rente in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erfährt der angehende und bleibende Nicht-Sparer von Verbraucherschützer Niels Nauhauser, was warum wie nicht geht. Etwa, wann warum sparen mit Riester nicht gut ist. Der neue Sparexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist: N.N.
Die Chronologie zu einem Belanglos, zu dem Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Kapitel 4 zu Wort kommt:
1. Autor Tim Kanning müht sich in der F.A.Z. redlich mit der Riester-Rente ab und berichtet anschaulich von einer jungen Bänkerin, die sich einen Riester-Vertrag gekauft hat und einen Bausparer. Der Vorgang ist ja auch einfach beschrieben und plausibel: Junge Frau spart sich erstes kleines Vermögen zusammen. Mögen junge Menschen sich darin wiedererkennen.
2. Aufsager 1: „Der Zinseszins ist wie ein achtes Weltwunder“, darf eine „Vorsorgemanagerin“ der Sparkasse sodann mit Blick auf rentierliches, weil möglichst frühes Sparen aufsagen. Womit sie wegen der unausführlichen Kürze der nicht geschilderten Gründe „pro Riester“ das Erklärungslos gezogen hat. Damit ist in der F.A.Z. dem Proporz gedient. Die Finanz-Industrie und damit die Verkäuferseite sind sozusagen ausreichend zu Wort gekommen. Aber ist mit „achtes Weltwunder“ der Vorteil oder der Sinn des Riester-/Sparens erklärt?
Bitte einen Riester-Kurs bei der F.A.Z. abhalten
Nachsitzen:
3. Es fabuliert der Autor (Anschnallen!) von der „Rückzahlung der Steuererleichterungen, die Riester-Sparer stemmen müssen, wenn sie sich eigentlich über ihre aufgestockte Rente freuen wollen.“ Falsch. Allenfalls werden Steuern auf die Riester-Rente fällig, zu dem dann geltenden, meist niedrigeren Abgabensatz des Rentners. Es sollte einmal jemand dem Autor die Riester-Rente erklären. Hierzu war seit dem Herbst 2001 gut 14 Jahre Zeit.
Auch sei die Rentenlücke in 40 oder mehr Jahren heute kaum zuverlässig vorherzusagen. Richtig. Aber: Wird die Lücke in 40 Jahren kleiner sein? Oder größer? Früh dagegen sparen hilft auf jeden Fall.
Übrigens: Für die kommenden 25 Jahre lässt sich die gesetzliche Rente recht gut hochrechnen. Das, nennen wir es „Rürup-System“, das hinter dem Alterseinkünfte-Gesetz von 2005 steht, hält bis 2040 Wasser. Weil bis dahin die Transformation von Renten und Steuern in gesetzlich über 35 Jahren geregelten Verfahren schrittweise durchgeführt wird. Deswegen stimmen Renten-Prognosen, auch anhand der Rentenformel, bis mindestens ins Jahr 2040 hinein. Wenigstens den Dimensionen nach.
Hier kann jeder selbst rechnen. Die Bierdeckelformel weicht um um ein Prozent von der offiziellen Rentenformel ab.
Dann steht in der F.A.Z. zu lesen, Sparkunden werde von Finanzberatern empfohlen, rund 80 Prozent ihres heutigen Nettoeinkommens bei der Rente abzusichern. Richtig. Aber dann: „Wer besser verdient, dessen Abstand zur gesetzlichen Rente ist dann automatisch höher“?!
Bitte einen Rentenkurs bei der F.A.Z. abhalten
Nein. Wer besser verdient, dessen prozentualer Abstand zwischen Netto heute und Rente später bleibt gleich. Quoten sind Quoten. Falls der Autor mit „besser verdienen“ die Einkommen oberhalb von 6.200 Euro Brutto meint, der Beitragsbemessungsgrenze (BBG), hätte er recht. Nur kann der Leser sinkende Versorgungsquoten wegen Überschreitens der BBG nicht riechen, wenn er hier F.A.Z. liest.
„Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ (kluge Köpfe wissen: das ist der F.A.Z.-Slogan); dies vorausgesetzt wäre im Jahr 2015 eine Neuerklärung des Alt-Riester, immerhin seit 2002, obsolet. Dann wüsste die Mehrheit der Leser auch von dem oben beschriebenen Rentenquoten-Minderungseffekt bei BBG-plus-Verdienern und Folgen. Umgekehrt ist es umgekehrt.
Aussitzen?
4. Aufsager 2 in dem F.A.Z.-Beitrag ist Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Nauhauser warnt (Nauhauer warnt übrigens gefühlt in jedem Aufsager oder liefert gefühlt Hiobsbotschaften, zuletzt in der F.A.Z. am Samstag), Nauhauser warnt also, diesmal in der F.A.Z. am Dienstag, man, frau wohl auch, solle sich nicht zu früh festlegen auf ein Finanzprodukt mit langer Laufzeit. Erst möge man Bafög-Schulden oder Ratenkredite tilgen und eine Barreserve aufs Tagesgeldkonto legen. Stimmt.
Nur ... was hat das mit der jungen Bänkerin zu tun, die keine Schulden hat und die riestert?
Junge Leute könnten statt 100 Euro Riester zu kaufen, auf drei Jahre gerechnet 3.600 Euro in einen Sprachkurs stecken und später im Ausland „3.600 Euro mehr im Monat verdienen“, beschreibt Autor Kanning Nauhausers These, wonach Bildung die größte Rendite hat. Dieser These ist rechnerisch eindeutig zuzustimmen. Auch hier? 3.600 Euro MEHR(!)-Verdienst pro Monat sind eine ausgesprochen steile Prognose der Bildungsrendite für einen Sprachkurs. Argumente im Vollplakat.
Nur ... was hat das mit der jungen Bänkerin zu tun, die keine Schulden und aus ihrer Sicht keine Bildungsproblem hat, also riestert?
Journalistisch treu dem pluralen Prinzip folgend sind Pro- und Kontra-Aufsager von Experten (wenn sie welche sind) wichtig, weswegen in der F.A.Z. neben der gezählt viermaligen Erwähnung Nauhausers auch einmal eine „Vorsorgemanagerin“ (ob die Frau wohl „Vorsorge“ an der Universität studiert hat?) der Sparkasse zu Wort kam. Nur sollten Autor und Aufsager, zumal als Experten, ein Thema halten können; hier Riester und Rente. Und: Argumente gegen Riester hat Herr Nauhauser doch genug. Oder? Ich habe einen Taschenrechner.
Experte N.N.
Eine private Haftpflichtpolice brauchen junge Menschen auch zu allererst. Stimmt. Vor Riester sollen Sparer haftpflichtversichert sein, schuldenfrei und eine Barreserve auf dem Konto liegen haben. Dieses Szenario vorausgesetzt, könnte man jetzt, wären wir noch „in“ der F.A.Z., über die Riester-Rente reden. Aber das war der Beitrag in der „Zeitung für Deutschland“ schon zu Ende und Nauhauser zu Riester im Ratlos. Ohne Buchstaben kein Leserrat. Leseratten mit Affinität zu Finanzen sei dies vorgeschlagen: Verbraucher-Sparexperte im baden-württembergischen „Ländle“ sollte N.N.(*) werden.
Am Ende der F.A.Z.-Geschichte schreibt der Autor, „wer kann schon ausschließen, dass er 100 wird?“. Versicherungen hierfür “lassen sich mit dem Ersparten aber auch noch bei Renteneintritt abschließen.“ Erstens: Ohne Riester samt Zulagen oder Steuerförderung wird dieses Ersparte dann nennenswert kleiner sein. Zweitens können viele Kleinverdiener nur mit Riester etwas Altersvermögen aufbauen; vor allem gering verdienende Alleinerziehende, denen Riester-Zulagen praktisch geschenkt werden.
Drittens ist Riester nicht anderes als der Ausgleich einer ebenfalls unter dem gleichnamigen Sozialminister Walter Riester im Jahr beschlossenen Rentenkürzung, die jeder Bürger sich zurückholen sollte. Viertens hat falsches Riester-Sparen, richtiges gibt es auch, teure Folgen. Der Haken an Riester-Fonds und -Banksparplänen steht in der F.A.Z. vom vergangenen Samstag. Wenn dem heutigen 65-jährigen Neurentner mal eben 30 Prozent vom Kapital „abgeknappst“ (Hermann-Josef Tenhagen im Herbst, ex-Finanztest, jetzt Finanztip-Chef) werden. Für 2040 prognostizieren Versicherungs-Mathematiker rund 40 „Abknappsung“ vom Riester-Vermögen. F.A.Z.-Autoren sollten öfters mal F.A.Z. lesen.
(*) Nomen nominandum (lateinisch für ‚[noch] zu nennender Name‘)