Lebensversicherung: Laut Bundesregierung müssen Lebensversicherungs-Kunden bei Vertragsabschluss nicht vor möglichen Kürzungen ihrer garantierten Leistungen gewarnt werden. Das betrifft auch die Riester-Rente. Der Bund der Versicherten warnt: Riester-Garantien sind im Grunde nichts wert, wenn Versicherer in wirtschaftliche Not geraten.
Wenn Sparer eine Riester-Rente abschließen, dann gehen sie davon aus, dass ihnen zu Beginn der Auszahlungsphase mindestens die eingezahlten Beiträge unter Berücksichtigung der staatlichen Förderung garantiert werden. Diesen Anspruch hat der Gesetzgeber im sogenannten Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz festgeschrieben. Doch die Garantie steht auf mehr als wackligen Beinen, wie der Bund der Versicherten (BdV) in einer Pressemeldung berichtet. Schlimmer noch: Im Zweifel sei sie nichts wert.
Bei wirtschaftlicher Schieflage eines Versicherers sind Garantien faktisch wertlos
Das Problem: Immer dann, wenn einem Versicherer die wirtschaftliche Schieflage droht, kann er in Rücksprache mit der Finanzaufsichtsbehörde BaFin die garantierten Leistungen massiv einschränken. Dies habe eine kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung ergeben (BT-Drucksache 18 / 6964). Zwar bezog sich die Anfrage vornehmlich auf kapitalbildende Lebensversicherungen. Aber auch Riester-Renten seien davon betroffen. Lebensversicherer müssen die Kunden vor Vertragsbeginn nicht vor möglichen Kürzungen warnen, berichtet die Bundesregierung.
BDV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein erklärt, bei einer Riester-Rente könne in einer solchen Krisensituation auch die gesetzliche Mindestleistung unterschritten werden. „Der Kunde hat zwar dann einen Anspruch auf die Riester-Garantie, es gibt aber keinen Vertragspartner mehr, der ihm das dann auch zahlt.“ Der Grundfehler einer nur formal geforderten Garantie bei Riester offenbare sich nun. „Die Riester-Garantie funktioniert so lange man sie nicht braucht“, kritisiert Kleinlein.
Schieflage von Lebensversicherern – Realistisches Szenario?
Wie wahrscheinlich ist es überhaupt, dass ein Lebensversicherer in eine Schieflage gerät? Die EU-Finanzmarktwächter haben im Sommer 2015 vor solchen Szenarien gewarnt. Der von der EU eingesetzte Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) verlangte demnach rasche Maßnahmen von Politikern und Aufsichtsbehörden, um auf eine Pleite von Gesellschaften besser vorbereitet zu sein.
Als mögliche Ursachen, dass einige Anbieter künftig um ihr Überleben kämpfen müssen, wurden u.a. der anhaltende Niedrigzins und die zunehmende Abhängigkeit des Neugeschäftes von Einmalbeiträgen ausgemacht. Neben den niedrigen Zinsen wird eine Gefahr für die Lebensversicherung im steigenden Misstrauen der Kunden gesehen. Eine Kündigungswelle könnte die ganze Branche destabilisieren. Allein im Jahr 2014 wurden deutschlandweit Verträge im Wert von 15 Milliarden Euro storniert.
Für Panik besteht aber kein Grund. Branchenstudien wie der map-Report des Versicherungsjournals bescheinigen den (teilnehmenden) Versicherern in Deutschland eine hohe Stabilität, die Stornierungen gingen sogar wieder zurück. Auch die BaFin sieht deutsche Lebensversicherer gut aufgestellt. Sorge bereitet die hohe Zahl ruhend gestellter Policen: Diese sind zwar nicht gekündigt, aber die Kunden zahlen aktuell keine Beiträge mehr. Inzwischen sind per Bilanzstand 2014 durchschnittlich 26,7 Prozent aller LV-Verträge beitragsfrei gestellt. Bei Betriebsrenten sind gar fast schon als dramatisch zu bezeichnende knapp 44 Prozent dauerhaft ohne Beitrag.
Kürzen, auch wenn es der Branche gut geht
Axel Kleinlein verweist auf ein anderes Risiko: Die Lebens- und Rentenversicherer könnten versucht sein, die Kundengelder auch dann zu kürzen, wenn es ihnen wirtschaftlich gut geht. Bislang habe zwar kein Unternehmen die garantierten Leistungen gemindert, so der Vorstandssprecher. Mit Verweis auf eine vermeintliche Unternehmensschwäche würden aber auch heute schon andere dem Grunde nach garantierte Ansprüche gekürzt: Die Beteiligung an Bewertungsreserven.
„Flächendeckend müssen Verbraucher auf diese Überschüsse verzichten, obgleich das Verfassungsgericht eine angemessene Beteiligung festgeschrieben hat“, erklärt Kleinlein. Eine solche Leistungskürzung erfolgt zuweilen auch bei einer stabilen Lage des Unternehmens. „Trotz Rekorddividenden für Aktionäre, müssen Kunden schon heute Kürzungen hinnehmen“. So zahlen einige Unternehmen ihren Kunden aktuell bei der Lebensversicherung keine Beteiligung an den Schlussüberschüssen aus (Versicherungsbote berichtete).