Die DVAG kritisiert die Fintechs, die als vermeintliche Versicherungsordner daherkommen. Auf dem Unternehmens-Blog schießt DVAG-Vorstand Dr. Helge Lach scharf und spricht von digitalem Blindflug und arglistiger Täuschung. Im Rahmen der Argumentation kommt es zum Schulterschluss mit der Maklerschaft.
Während analoge Versicherungsmakler sehr hohe vom Gesetzgeber gestellte Anforderungen erfüllen müssen, werden diese von Anbietern von Versicherungs-Apps nicht oder nur unzureichend erfüllt, kritisiert die Deutsche Vermögensberatung. Für den Kundenfang würden Maßnahmen ergriffen, die sowohl dem Kunden selbst als auch der Versicherungsbranche schadeten, schreibt das Unternehmen in seinem Blog.
Die Beraterbranche sieht in den von Fintech-Unternehmen angebotenen Applikationen fürs Smartphone ein Ärgernis. Knip, Clark, GetSafe, simplr, asuro, treefin, TED oder FinanceFox – ständig kommen neue Apps dazu. So wird beispielsweise dem bisherigen Versicherungsmakler die Vollmacht des Kunden entzogen, um diese auf den App-Anbieter zu übertragen.
DVAG-Kritik: Versicherungs-App - nichts für "durchschnittliche User"?
Eine Vollmacht ist im analogen Bereich sehr schwer zu erringen - aber online genügt es offenbar, wenn der App-Anbieter irgendwo in seinen Vertragsklauseln versteckt den Hinweis auf einen Wechsel der Maklervollmacht unterbringt. Das missfällt den „Offline-Maklern“. Manch einer der Marktteilnehmer sieht darin sogar eine „arglistige Täuschung“, so etwa Helge Lach, Vorstandsmitglied des Finanzvertriebs Deutsche Vermögensberatung (DVAG). Er schrieb auf dem Blog seines Unternehmens: „Wenn die Maklervollmacht für den 'durchschnittlichen User' kaum zu erkennen ist, dürfte arglistige Täuschung vorliegen“.
Ebenfalls liege der Verdacht auf arglistige Täuschung vor, wenn der Benutzer der App nichts erfährt über das Wesen und die Tragweite einer Maklervollmacht. Und das ist problematisch. Denn diese Vollmacht ermöglicht es dem App-Anbieter, bestehende Verträge des Kunden auf andere Versicherer umzudecken – dafür erhält er eine Provision und damit finanzieren sich die für den Kunden anscheinend -kostenlosen- Apps.
Dies gelte auch, wenn Verbraucher nicht über die Tragweite einer Maklervollmacht aufgeklärt wurden, mahnt Lach an. Gleichwohl hob er an dieser Stelle die normalen Makler hervor. So sei es für jeden ordentlich arbeitenden Makler Usus über das Wesen und die Tragweite einer Maklervollmacht aufzuklären.
App kann nur Stückwerk und reden oder gar denken kann sie auch nicht
Alte Verträge könnten nun vom neuen Betreuer gekündigt und durch neue ersetzt werden, manchmal ohne dass der Kunde das so richtig mitbekommt: „Wo und wie wird dokumentiert und protokolliert, aus welchen Gründen und mit welchen Sachargumenten vorhandene Verträge durch neue ersetzt wurden?“, fragt sich Lach. Eine Verletzung der gesetzlichen Dokumentationspflicht liege vor, sobald diese Aufklärung unterbleibt. Die DVAG formuliert es als offene Frage, ob und welche dieser Apps gegen die Dokumentationspflichten verstoßen. Aber damit wäre die Liste möglicher Unzulänglichkeiten noch nicht zu Ende. Wie reagiert die App, wenn sich die Lebenssituation des Kunden durch Heirat oder Nachwuchs ändert, fragt Lach. Die Verträge müssten dann neu justiert werden.
Haftung und Verantwortung?
Wie sieht es aus mit der Beraterhaftung? Ist es der App-Betreiber, der die juristische Verantwortung für die Versicherungsvermittlung auf sich nimmt? Hierbei sollten die Kunden auf der sicheren Seite stehen, denn ein in den AGB formulierter Verzicht auf Beratung ist unwirksam, so entschied das Landgericht Köln in einem Rechtsstreit gegen Moneymeets (Az.: 84 O 65/15). Der App-Anbieter hat daraufhin seine Geschäftsbedingungen korrigiert, auch wenn in dieser Frage ein Urteil in höchster Instanz noch aussteht.
Wer aber berät den Kunden? Zur Not könne sich der Kunde ja auf Telefonauskünfte stützen. Aber sind die Qualifikationen der Telefonisten eigentlich ausreichend, entspricht ihre Sachkunde der, die der Gesetzgeber sonst von Versicherungsvermittlern verlangt? Auch diese Fragen stellt Lach in Blog-Beitrag.
Dann kann man es ja gleich alleine machen
Ein Problem könnte die Schadenabwicklung werden. Muss der App-Kunde allein alle Formalitäten klären, oder stellen ihm die App-Betreiber einen Berater zur Seite? Das betrifft ebenfalls eine Vertragskündigung mit Kündigungsfristen, hier würde sich das Fehlen eines Berater genauso wie bei der Betreuung nach der Kündigung negativ auswirken. Nicht alle FinTech-Produkte geben hier zufriedenstellende Antworten, so lässt es Lachs Fragenkatalog auf der Webseite der DVAG vermuten.
„Wer sich darauf einlässt, setzt sich dem Risiko aus, durch die Maklervollmacht bei der Versicherung elementarer Lebensrisiken im digitalen Blindflug unterwegs zu sein“, schließt Lachs mit einem kurzen Fazit und stellt gleichzeitig in Frage, dass alle FinTechs die Anforderungen des Gesetzgebers an Versicherungsvermittler bzw. an Versicherungsmakler erfüllen würden.