Versicherungsvertrieb: Wenn ein begeisterter Kunde einen weiterempfiehlt, wird das Verkaufen plötzlich ganz leicht. Deshalb sollten am Anfang und am Ende eines Verkaufsgesprächs möglichst immer Empfehlungen stehen. Bei der Bitte um Adressmaterial sind gute Formulierungen ganz entscheidend. Ein Gastbeitrag von Keynote-Speakerin und Businesscoach Anne M. Schüller.
Am besten versehen Sie Ihren Wunsch nach Empfehlungsadressen mit einer guten Begründung, denn unser Oberstübchen will stets wissen, weshalb es sich überhaupt anstrengen soll. Dabei sollte vor allem herausgestellt werden, dass der Empfehler den Menschen in seinem Umfeld mit einer Empfehlung nützlich sein kann. Das sagen Sie zum Beispiel so:
„Wir möchten weiter wachsen und in der Sache noch sehr viel Gutes tun, doch viele Menschen da draußen wissen bisher gar nicht, dass es uns gibt. Wem möchten Sie denn einen kleinen Tipp zukommen lassen / eine Freude machen / einen Gefallen tun?“
Danach machen Sie eine lange Pause, denn Ihr Gegenüber braucht jetzt Zeit zum Nachdenken. Nicken Sie unmerklich, doch vermeiden Sie einen starrenden Blick. Zählen Sie gedanklich sieben Sekunden. Danach legen Sie eine Denkspur, etwa so:
„Für wen, den Sie kennen, könnte denn unser … nützlich sein? Wer ist denn in einer ähnlichen Situation? Würden Sie da an jemanden aus Ihrem Kollegenkreis denken, oder kämen eher Leute aus Ihrem persönlichen Bekanntenkreis / privaten Umfeld infrage?“
Bei der Frage nach Adressen Wertschätzung zeigen
Geht es um die Frage nach Empfehlungsadressen, ist es wichtig, mehrere Optionen in petto zu haben. Zum Beispiel sagen Sie locker lobend und wertschätzend dies:
„Sie kennen doch viele wichtige Leute / haben doch ein großes Netzwerk / kommen doch unglaublich viel rum. Würde denn unser … zu Kontakten hier aus der Gegend passen, oder denken Sie eher an Interessenten in einer ganz anderen Stadt?“
Egal, welche der Formulierungen Ihnen passend erscheint, in jedem Fall ist es ratsam, sich gut vorzubereiten, um nicht im entscheidenden Moment ins Stottern zu kommen. Am besten suchen Sie nach einer eigenen Begründungseinleitung. Variieren Sie auch die einzelnen Textpassagen. Fragen Sie beispielsweise danach,
- für wen im eigenen oder in befreundeten Unternehmen, im gleichen Bürogebäude oder Gewerbegebiet, innerhalb oder außerhalb der Branche die Sache noch in Frage kommen könnte,
- wie der Kunde, wäre er an Ihrer Stelle, denn das Empfehlungsgeschäft entwickeln würde.
Offene Fragen („Für wen könnte … denn noch interessant sein?“) sind in jedem Fall zielführender als geschlossene Fragen („Kennen Sie eventuell jemanden, …?“). War nämlich das Verkaufsgespräch anstrengend, ist die Gefahr groß, dass unser Hirn sich nach einer geschlossenen Frage mit einem definitiven „Nein“ ausklinkt und in den Energie-Sparmodus fällt. Offene Fragen hingegen, möglichst mit Alternativen versehen, aktivieren den Denkapparat.
Beim Bestandskundenbesuch nach Adressen fragen
Auch Bestandkunden können jederzeit auf Empfehlungsadressen angesprochen werden. Die Verkaufstrainer Marcus Neisen und Roger Rankel propagieren dazu ein Vorgehen, das ich hier in ähnlichem Wortlaut wiedergebe und mit eigenen Überlegungen ergänze.
Variante 1: Heute, Herr / Frau Kunde, komme ich kurz auf das zurück, was wir vor einiger Zeit mal gemeinsam besprochen haben. Wie sind Sie denn mit uns / mit meiner Arbeit zufrieden, also ich meine, empfehlenswert zufrieden? Ihre Zufriedenheit ist mir nämlich sehr wichtig. Und das hat viele Gründe. Einer davon ist, dass ich inzwischen überwiegend auf Empfehlungsbasis arbeite, macht das für Sie Sinn?
Variante 2: Bevor ich es vergesse, Herr / Frau Kunde, haben wir eigentlich schon einmal über das Thema Empfehlungen besprochen? (Kurze Pause und Antwort abwarten) Wie sind Sie denn mit uns / mit meiner Arbeit zufrieden? Ihre Zufriedenheit ist mir nämlich sehr wichtig. Und das hat viele Gründe. Einer davon ist, dass ich am liebsten auf Empfehlungsbasis arbeite, klingt das plausibel für Sie?
In beiden Fällen geht es für den Verkäufer (V.) nach der Antwort des Kunden (K.) weiter wie folgt:
V.: Oh, das freut mich zu hören. Wenn also auch Sie mit mir und meiner Arbeit zufrieden sind, und natürlich nur in dem Fall macht das Sinn, habe ich dann eine Chance auf Ihre Weiterempfehlung? Würde das für Sie passen?
K.: Hm, ja, warum eigentlich nicht?
V.: Darf ich dann gleich hier einen Vorschlag machen, den viele meiner Kunden bisher sehr angenehm fanden?
K.: Okay!??
V.: Also, es hat sich bewährt, dass Sie dem Empfehlungsempfänger ein kurzes Zeichen geben, dass es mich gibt, und was mich empfehlenswert macht. Alles Inhaltliche kann ich dann mit ihm besprechen, wenn er sich bei mir meldet, oder wenn ich von Ihnen grünes Licht für einen Anruf erhalte. Wollen wir das so machen? Passt das für Sie?
Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass Ihr Kunde zunächst noch gar keine Anschriften herausrücken muss, wenn er das zu diesem Zeitpunkt nicht will.
Was aber, wenn der Kunde, statt freudig mit Ihnen Kontaktdaten auszutauschen, Sie mit einer fetten Reklamation überrascht? Nichts besser als das. Denn dann spricht er endlich aus, was ihn schon länger bedrückt. Nun gilt es, sich nicht nur schleunigst sondern auch professionell um die Sache zu kümmern, damit sich das Ganze nicht auch noch im Kundenumfeld verbreitet. Ist alles wieder im Lot, sollten Sie umgehend nach Empfehlungen fragen. Denn wie Sie den Vorfall gelöst haben, das hatte Stil, das hat den Kunden beeindruckt. Dafür wird er Sie ein wenig belohnen wollen.
Wenn Sie einen Bestandskunden neu übernehmen
Für den Fall, dass Sie einen Bestandskunden von einem Vorgänger übernommen haben, kann es sein, das es mit diesem Ärger gab. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie proaktiv vorfühlen, und das geht so: „Herr / Frau Kunde, was sollte ich über die bisherige Zusammenarbeit mit unserem Haus aus Ihrer Sicht denn noch wissen?“
Gegebenenfalls spricht der Kunde daraufhin über Vorkommnisse, die Ihnen bislang noch nicht bekannt waren. Bedanken Sie sich zunächst für die Offenheit. Zudem entschuldigen Sie sich im Namen der Firma. Kümmern Sie sich, wenn nötig, persönlich um das Ausmerzen noch bestehender Missstände. Klären Sie dann die spezifischen Erwartungen an eine zukünftige Zusammenarbeit: „Was ist es denn ganz konkret, was ich in Zukunft für Sie besser machen kann?“ Nach der Antwort des Kunden geht es so weiter: „Okay, danke. Und was noch?“ Das Nachhaken ist überaus wichtig, denn oft werden erst im zweiten Anlauf die wahren Anliegen und Wünsche offengelegt.
Um die Bedeutung der genannten Erwartungspunkte aus Kundensicht zu sondieren, sind Skalierungsfragen sehr hilfreich. Sie können einen gefühlten Zustand veranschaulichen, ohne dass er lang und breit erklärt werden muss. Außerdem lassen sich Erwartungen auf diese Weise relativieren: Statt eines kategorischen „Alles ist wichtig“ werden Nuancen erkennbar. Das klingt dann so: „Herr / Frau Kunde, auf einer Skala von null (völlig unwichtig) bis zehn (total wichtig), wie wichtig ist Ihnen denn dieser Punkt?“ Hierdurch bekommen Sie quasi eine ganz persönliche „Gebrauchsanweisung“ für diesen Kunden.
Danach geht es in etwa weiter wie folgt:
V.: Herr / Frau Kunde, schauen wir nun in die Zukunft, geht das für Sie? (Machen Sie hier eine kurze Pause, und warten Sie die Reaktion ab.) Wenn wir das also von nun an genauso hinbekommen, wie Sie es erwarten, würden Sie dann sagen, sie wären, zumindest fürs Erste, zufrieden?
K.: Naja, wahrscheinlich schon.
V.: Herr / Frau Kunde, Ihre Zufriedenheit ist mir sehr, sehr wichtig. Und das hat viele Gründe. Einer davon ist, dass ich persönlich am liebsten auf Empfehlungsbasis arbeite, klingt das plausibel für Sie?
K.: Hm, klar, ich denke schon.
V.: Oh, das freut mich sehr. Wäre es denn für Sie vorstellbar, dass, wenn Sie mit mir und mit meiner Beratung, sagen wir, empfehlenswert zufrieden sind, dass Sie mich dann weiterempfehlen?
K.: Naja, das kann ich doch jetzt noch nicht sagen!
V.: Klar, Grundvoraussetzung ist natürlich, dass Sie rundherum zufrieden sind, ansonsten steht mir, ehrlich gesagt, eine Empfehlung ja auch gar nicht zu. Dann schlage ich vor, wir starten jetzt die Zusammenarbeit und dann, wenn Sie sagen, das ist wirklich empfehlenswert, dann kommen wir noch einmal darauf zurück. Okay, machen wir das so, passt das für Sie?
Ein Hinweis zum Schluss: Die Formulierungen aus diesem Beitrag sollen als Denkanstoß dienen und Anregungen liefern. Bedingungslos nachgeplappert werden sollen sie nicht. Um authentisch zu wirken, muss jeder Verkäufer seine eigenen Formulierungen finden und situationsgerecht einsetzen können. Dabei macht Übung den Meister.