Ein Datenschutzbeauftragter behauptete jüngst sinngemäß, die Unterschrift auf einem Tablet-Computer würde nicht dem § 4a I 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entsprechen. Jedoch steht bei solch einer Unterschrift - beispielsweise mit einem elektronischen Stift - das emotionale Erlebnis des Kunden im Vordergrund, und nicht etwa die Erfüllung einer angeblich zwingenden Schriftform.
Ein Text von Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala
Keine BDSG-Falle?
Der § 4a I 3 BDSG schreibt lediglich vor: „Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist.“. Im elektronischen Rechtsverkehr, insbesondere auf Vertriebsplattformen und in sozialen Medien, stimmt ein Nutzer der Datenverarbeitung regelmäßig durch schlichtes Anklicken eines Buttons zu. Kritiker meinten bereits, die häufigste Lüge im Internet ist der Klick auf den Bestätigungsbutton „AGB gelesen und einverstanden“, § 305 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Die Einwilligung nach dem BDSG findet sich dann häufig irgendwo in den AGB mit enthalten. Die Schriftform ist nicht zwingend, wenn – wie hier – eine andere Form als in der Praxis angemessen erscheint, und zudem längst üblich ist. Allgemeine und besondere Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr hat der Gesetzgeber in §§ 312i und 312j BGB vorgeschrieben.
Rechenschaftspflicht, §§ 242, 810, 666 BGB
Der Agent oder Makler sollte darauf achten, daß der Kunde automatisch eine Kopie sämtlicher – auch elektronisch über Tablet vom Kunden abgezeichneter – Unterlagen unverzüglich und automatisch erhält; beispielsweise als Bilddateien per Email. Denn auch damit erfüllt der Vermittler seine Auskunfts- und Rechenschaftspflichten.
Weitere Mitteilungspflichten finden sich etwa in §§ 7, 60 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Bestenfalls wird der Kunde gebeten, jeweils den Empfang der unterschiedlichen Informationen vor und nach Vertragsabschluss noch kurz zu bestätigen. Die Beweislast für rechtzeitige und vollständige Informationen tragen im Zweifel das Versicherungsunternehmen und der Vertrieb.
Notwendige Schriftform beim Abschluß von Versicherungsverträgen?
Grundsätzlich kann Jedermann mündlich oder elektronisch Verträge abschließen. Im VVG wird nur punktuell die Schriftform (§ 126 BGB) gefordert: Angesprochen sind etwa § 6 III VVG (Beratungs- und Dokumentationsverzicht), § 7 I 3 letzter Halbsatz VVG (Informationsverzicht vor Vertragsschluss), und § 150 II VVG (Einwilligung der versicherten Person).
Fehlt beispielsweise eine gesetzlich notwendige schriftliche Einwilligung der versicherten Person, so führt dies zur Unwirksamkeit des Lebensversicherungsvertrages, und damit zu einem betrügerischen Vermögensschaden, denn die „auf die Vermittlung nichtiger Versicherungsverträge gerichtete Maklerleistung war nämlich wirtschaftlich wertlos.“ (BGH, Urteil vom 04.03.1999, Az. 5 StR 355/98 – „Schmidt-Tobler“).
Verstoß gegen das Berufsgeheimnis des Versicherers?
Wenn Vermittler nun Daten beim (ggf. künftigen) Versicherungsnehmer (VN) einsammeln, und an Versicherer (VR) weitergeben, handelt es sich um kein „offenbaren“ von Geheimnissen durch Versicherungsunternehmen, § 203 Strafgesetzbuch (StGB). Der umgekehrte Fall, also Datenübermittlung durch VR an Makler, dürfte häufiger ohne Erlaubnis des VN erfolgen, denn marktübliche Maklervollmachten enthalten keine ausdrückliche Schweigepflichtentbindung für bestimmte VR:
Bereits die Tatsache der Beziehung zu einem Kunden dürfen die in § 203 StGB benannten Selbständigen nicht offenbaren (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2006, Az. 14 U 45/04). Auf ein gesetzliches Offenbarungsrecht oder eine Offenbarungspflicht gegenüber Maklern kann sich der VR nicht berufen. Zudem verstoßen „globale Entbindungserklärungen“ gegen das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung (BVerfGE vom 23.10.2006, Az. 1 BvR 2027/02). Überdies hat die Schweigepflichtsentbindung stets vorher und nicht erst nachträglich zu erfolgen (BGH, Urteil vom 10.07.1991, NJW 1991, 2955). Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber anderen Berufen mit eigener Pflicht zur Verschwiegenheit.
Keine Anwendbarkeit der Formvorschriften anderer Vertragsarten?
Das Urteil des OLG München vom 04.06.2012 (Az. 19 U 771/12) betrifft ein Verbraucherdarlehen. Gemäß § 492 I 1 BGB war daher zumindest die elektronische Form (qualifizierte Signatur) gemäß § 126a BGB einzuhalten gewesen, welche – bis es der Gesetzgeber anders regelt - durch Tablet-Unterschrift bis heute nicht erfüllt wird. Der § 492 BGB bezieht sich jedoch nicht auf Versicherungen.
Signatur des Vermittlers kann Kundenunterschrift ersetzen
Der künftige VN kann seinen Makler jederzeit mündlich, also formfrei bevollmächtigen, §§ 164 I, 167 I BGB. Die Maklervollmacht „bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht.“, § 167 II BGB. Soweit ein übervorsichtiger Makler meint, die Einwilligung nach § 4a I 3 BDSG solle doch besser schriftlich gegenüber dem VR erfolgen, so kann der mündlich bevollmächtigte Makler durchaus in Vertretung (oder mit dem Zusatz „i.V.“) für den Kunden die BDSG-Einwilligung unterschreiben.
Eine sogenannte „Höchstpersönlichkeit“ (wie z.B. bei Eheschließung), also einen Ausschluß der Vertretung durch Bevollmächtigte, schreibt das BDSG nicht vor. „Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“, § 126 III BGB: Verwendet der Makler beispielsweise seine Signatur zum Abschluß von Versicherungsverträgen für Kunden (oder zur BDSG-Einwilligung für den Kunden), so müßte er nur deutlich machen, daß er hierbei als Bevollmächtigter des künftigen VN handelt, denn anderenfalls würde er selbst für die Versicherungsprämien haften, § 164 II BGB.